Gelinkt
beobachtete noch immer das Spiel. »Es gefällt mir«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
Bret lächelte grimmig. Es war ein harter Kampf, aber das klang fast wie ein Lob von Sir Henry Clevemore, es sei denn, die Bemerkung hätte einer Leistung der Kricket-Spieler gegolten, die Bret entgangen war. Er sagte: »Dann kommt Mrs. Samson nach London zurück, mit der Order, sich ruhig zu verhalten und zu schweigen.«
»Das ist in einem Jahr«, rief ihm der D.G. in Erinnerung.
Bret sagte: »Sir, natürlich können wir ihnen Mrs. Samson sofort präsentieren, keine Frage. Sie ist wie eine Schachtel Muttern und Schrauben: eine Allzweck-Agentin, die Sie überall einsetzen können. Aber das bringt uns nicht genug.«
»Nein«, sage der D.G. beobachtete die Kricket-Spieler und fragte sich, was nun kommen würde.
»Wir müssen diese Frau nehmen und ihr alles aus dem Gehirn waschen, was sie weiß.«
»Geheimmaterial?«
»Ich sorge schon jetzt dafür, daß sie nichts mehr zu sehen kriegt, was das Department in Schwierigkeiten bringen könnte.«
»Wie nimmt sie das auf?«
»Wir müssen damit rechnen, daß sie verhört wird. Verhöre in den Kellern der Normannenstraße über sich ergehen lassen muß.« In dem nun folgenden Schweigen brummte zornig eine große Fliege gegen die Fensterscheibe.
»Scheußliche Vorstellung.«
»Der Einsatz ist hoch, Sir Henry. Aber wir spielen, um zu gewinnen.« Er sah sich in der Hütte um. Es war unerträglich heiß, und es roch nach Leinöl und Unkrautvernichtungsmittel.
Bret öffnete die Tür, um ein wenig frische Luft hereinzulassen.
Der D.G. sah Bret an und sagte: »Ein gutes Gewitter würde die Atmosphäre reinigen«, als wäre das etwas, was er veranlassen könnte. Dann setzte er hinzu: »Sie lassen mich wieder daran zweifeln, ob das wirklich eine Aufgabe für eine Frau ist.«
»Jetzt ist’s zu spät, den Plan noch zu ändern.«
»Das doch wohl nicht?« Selbst der D.G. spürte die Hitze. Er wischte sich die Stirn mit dem roten Seidentaschentuch, das in der Brusttasche seines Jacketts gesteckt hatte. »Mrs. Samson weiß, was wir vorhaben. Wenn wir uns nun für einen anderen Agenten entscheiden, kennt sie doch unseren Plan schon. Ich habe ihr die Zahlen und Tabellen gezeigt. Sie weiß, daß wir bei den Facharbeitern und den Akademikern ansetzen wollen. Sie weiß, daß wir ihnen die Arbeitskräfte abspenstig machen wollen, die sie am nötigsten brauchen, und welche oppositionellen Gruppen wir da drüben unterstützen wollen.«
»War das nicht ein bißchen voreilig, Bret?«
»Es wird allein auf sie ankommen, wenn sie erst mal dort ist. Sie muß unsere Strategie so gut kennen, damit sie ihre Vorgehensweise darauf abstimmen kann.«
»Vermutlich haben Sie recht. Ich wünschte, Sie wären an meiner Stelle, wenn ich nächste Woche dem Cabinet Secretary die Sache erklären muß. All Ihre Statistiken und der ganze Teufelskram … Verstehen Sie, Bret, wenn wir ihn nicht dazu überreden können, in die Grundidee einzuwilligen … Haben Sie übrigens schon eine Codebezeichnung für die Operation?«
»Ich hielt es für besser, keine Codebezeichnung vom Department zu erbitten.«
»Nein, nein, nein, natürlich nicht. Wir werden uns selber eine ausdenken. Irgendwas, das auf das Ziel der Operation – Schwächung der Wirtschaftskraft des Gegners – hinweist, ohne deren Sicherheit zu gefährden. Haben Sie irgendwelche Ideen?«
»Ich dachte an Operation Blutsturz oder Operation Ausgeblutet.«
»Ausgeblutet? Ich weiß nicht. Sonst noch was?«
»Angeschlagen?«
»Nicht schlecht, aber gelinkt finde ich besser.«
»Also dann ›Gelinkt‹. Ja, Sir Henry, das trifft’s sehr gut.«
»Ach, mein Gott, der Bursche taugt doch überhaupt nichts! Linkshänder, und schauen Sie, wie er schon den Schläger hält!« Er wandte sich an Bret. »Sie verstehen, was ich damit meine, ihn von unserer Grundidee zu überzeugen?«
Bret verstand das genau. Wenn dem Cabinet Secretary die wirtschaftspolitische Zielsetzung nicht einleuchtete, würde man sich noch mal überlegen, ob Bret überhaupt der richtige Mann für die Operation wäre. Und vermutlich würde man Mrs. Samson einen anderen Führungsoffizier geben. Der D.G. sagte: »Bleibt noch die Frage, in welchem Bereich die Sowjets sie einsetzen werden, wenn sie einmal drüben ist. Das dürfen wir nicht dem Zufall überlassen.«
»Der Agent X muß Maßarbeit sein«, sagte Bret, der es für besser hielt, Mrs. Samson fürs erste nicht namentlich zu nennen, um beim D.G. keine Zweifel zu schüren.
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