Gelinkt
London
kommen, oder?« fügte Bernard hinzu.
»Nein, das stimmt.« Sie hockte sich auf die Hacken und
nippte an ihrem Tee, als sei ihr die Sache gleichgültig. »Hatte
ich ganz vergessen.«
»Ich habe Papa gesagt, daß du heute abend ausgehst. Er
möchte, daß ich ihn zu einer kleinen Abschiedsfeier in den
Club begleite und nachher mit ihm essen gehe. Ist dir das
recht?« Sie hätte lachen können. Nach all der Mühe, die es sie
gekostet hatte, das geheime Treffen mit Bret Rensselaer zu
arrangieren, mußte sie feststellen, daß ihr Mann sich gar nicht
für ihre Vorhaben interessierte. Sie sagte es ihm trotzdem: »Ich
gehe zu einer Informationsveranstaltung. Es kommt jemand aus
London .«
Bernard hörte kaum zu. Zu seinem Vater sagte er: »Wenn
Frank da ist, kann ich ihm ein paar Bücher zurückgeben, die er
mir geliehen hat.«
»Frank wird da sein«, sagte sein Vater. »Frank liebt Partys.« »Schade, daß du nicht frei bist, Liebling«, sagte Bernard zu
seiner Frau.
»Abschiedspartys machen gewöhnlich mehr Spaß, wenn die
Ehefrauen nicht dabei sind«, sagte Fiona wissend. »Noch ein
Glas?« fragte Bernard und stand auf. Sein Vater schüttelte den
Kopf. »Wohin geht ihr zum Essen?« fragte sie.
»Zu Tante Lisl«, erklärte Bernard mit sichtlichem Behagen.
»Sie macht Rehbraten extra für uns.«
Tante Lisl hatte ihr Elternhaus in ein Hotel umgewandelt.
Brian Samson und seine Familie waren nach dem Krieg bei
Tante Lisl einquartiert worden. Ihr Haus war für Bernard so
etwas wie ein zweites Zuhause geworden, und die alte Tante
Lisl stellvertretende Mutter. Bernards unverhohlenes Behagen
in diesem alten Haus war mitunter für Fiona Ursache eines
Gefühls der Unsicherheit. Sie verspürte es jetzt.
Bernard kam zu ihr und gab ihr einen Kuß auf den Scheitel.
»Lebe wohl, Liebling. Bei mir kann es spät werden.« Als er mit
seinem Vater aus dem Zimmer ging, sagte er wie zu sich selbst:
»Ich darf nicht vergessen, Lisl die Blumen mitzunehmen. Sie
liebt Blumen.«
Als sie hörte, wie die Haustür hinter den beiden Männern
ins Schloß fiel, schloß Fiona die Augen und lehnte den Kopf
zurück in den Sessel. Natürlich waren die Blumen nicht für sie.
Wie hatte sie sich das einbilden können? Die Blumen waren für
diese schreckliche alte Frau, gegen die einen Bernard nie ein
Wort sagen ließ.
Bernard konnte manchmal der archetypische, egoistische
Mann sein. Er nahm sie als Selbstverständlichkeit. Die
Aussicht, einen Abend mit seinem Vater und seinen Kumpels
zu verbringen, entzückte ihn. Da würden sie trinken und sich
ihre Geschichten erzählen, Geschichten von Geheimagenten
und deren kühnen Taten, die im Laufe der Zeit immer kühner
geworden waren und im Laute des Abends noch kühner
werden würden. Es war sehr bezeichnend für ihre Beziehung,
daß ihre Anwesenheit auf einer solchen Gesellschaft Bernard
gestört hätte. Bernard achtete sie, würde er sie wirklich lieben,
hätte er sie bei sich haben wollen, wo immer er hinging.
Insgeheim lebte sie in Erwartung des Tages, an dem er genötigt
sein würde, sie als diejenige anzuerkennen, die sie war:
jemand, der das Agentenspiel genauso gut beherrschte wie er.
Dann würde er sie vielleicht so behandeln, wie sie behandelt
werden wollte: als seinesgleichen. Und wenn sie inzwischen in der gleichen Heimlichkeit ein bißchen Glück für sich gestohlen hatte, konnte man ihr daraus einen Vorwurf machen? Es war
niemandem weh getan worden.
Sie musterte die Unordnung, die Bernard ihr im Zimmer
hinterlassen hatte. War es ein Wunder, daß sie solches Glück
gefunden hatte in der kurzen und dummen Liebesaffäre mit
Harry Kennedy? Er hatte ihr neuen Lebensmut gegeben in
einer Zeit, da sie der Verzweiflung sehr nahe war. Während der
Zeit mit Harry hatte sie aufgehört, Tabletten zu schlucken, und
sich wie ein neuer Mensch gefühlt. Harry behandelte sie mit
Anteilnahme und Rücksicht, und doch war er so wunderbar
offen. Er hatte keine Angst, ihr zu sagen, daß er sie anbetete.
Für ihn war sie ein schwieriger und interessanter Mensch,
dessen Meinungen zählten, und mit ihm konnte sie persönliche
Gefühle austauschen, die sie mit Bernard nie geteilt hatte.
Wenn man die Dinge beim Namen nennen wollte, konnte man
nur feststellen: Sie liebte Bernard und ertrug ihn, aber Harry
liebte sie verzweifelt und vermittelte ihr ein zutiefst weibliches
Gefühl, wie sie es nie zuvor erlebt hatte.
Nun war all das aus und vorbei, versicherte sie sich. Im
nüchternen Rückblick konnte sie ihre Affäre mit
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