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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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sagte nichts. Rund um die Erde waren 1977 die
terroristischen Aktivitäten religiöser Fanatiker und diverser Gauner und Verrückter aufgeflammt. Überall brachten die Leute ihre Bestürzung zum Ausdruck. Die ältere Generation gab an allem ihren Kindern die Schuld, während die jungen Leute die blinde Gewalttätigkeit als ein ihnen von den Eltern hinterlassenes Erbe ansahen. Bernards Frau und sein Vater waren in dieser Hinsicht typisch. Jede Unterhaltung zwischen ihnen konnte leicht auf einen Wortwechsel hinauslaufen, in dem beide archetypische Rollen einnahmen. Bernards Vater fand Fiona entschieden zu hochmütig und eingebildet. Zu reich, zu gebildet und zu verdammt starrsinnig, wie er Bernard nach einer Meinungsverschiedenheit mit ihr einst anvertraut hatte. Auf dem Weg zur Küche schoß Fiona noch einen Parther-Pfeil ab: »Kaum ein passendes Mittel gegen Panik, Schwiegervater.« Bernard wünschte, sie würde nicht immer in diesem irritierenden Ton »Schwiegervater« sagen. Das reizte seinen Vater, aber das wußte Fiona nur allzugut. Bernard versuchte zu vermitteln. »Papa sagt, es war eine Reaktion auf den russischen Funkspruch, der den Tschechen befahl, den Flughafen die ganze Nacht über offenzuhalten. Wir haben zwei
und zwei zusammengezählt und fünf rausgekriegt.«
Fiona war belustigt. »Zu dieser Jahreszeit sind Hunderte von
Militärflughäfen im Ostblock rund um die Uhr geöffnet. Denn
gegenwärtig halten sie da ihre gemeinsamen Manöver ab,
Liebling. Oder ist dieses militärische Geheimnis noch nicht bis
zur Londoner Zentrale durchgesickert?«
Sie war nicht zu sehen, aber die beiden Männer hörten, wie
sie heißes Wasser in die Teekanne goß und Untertassen und
Tassen auf ein Tablett stellte. Keiner von beiden sagte ein
Wort. Die lebhafte Unterhaltung, in die sie vor Fionas Ankunft
vertieft gewesen waren, war gestorben. Brian sah seinen Sohn
an und lächelte. Bernard lächelte zurück.
Fiona kam herein und stellte das Tablett auf den Tisch, wo
Bernards Füße geruht hatten. Dann kniete sie auf dem Teppich
nieder, um einzuschenken. »Wollte ihr beiden wirklich …?« sagte sie. Sie hatte Untertassen und Tassen für alle drei auf das Tablett gestellt und auch eine Zuckerdose, denn ihr Schwiegervater nahm Zucker zum Tee. »Nein, danke,
Liebling.«
Sie sah Bernard an. Sie liebte ihn sehr. Wundervoll war
diese plötzliche Versetzung nach Berlin für sie beide nicht
gerade gewesen, immerhin gab sie ihr aber die Möglichkeit,
sich aus dieser dummen Beziehung zu Kennedy zu lösen. Diese
Streitereien mit dem älteren Samson waren störend, aber er war
alt, und sie hatte doch tatsächlich festgestellt, daß mit ihrer
Abneigung gegen den Alten ihre Zuneigung zu Bernard wuchs.
Er spielte immer den Friedensstifter, jedoch ohne dabei ihr
oder seinem Vater nachzugeben. Bernard, was für einen
wundervollen Mann hatte sie doch gefunden. Jetzt, da es ihr
möglich war, alles aus einigem Abstand zu betrachten, wußte
sie, daß er der einzige Mann für sie war. Die gefährliche
Beziehung zu Harry Kennedy lag hinter ihr. Sie verstand noch
immer nicht, wie es zu dieser verrückten Affäre gekommen
war, nur daß dabei eine beunruhigende sexuelle Verletzlichkeit
bei ihr zum Vorschein gekommen war, deren sie sich nicht
bewußt gewesen war. Dennoch fragte sie sich unwillkürlich,
weshalb er die Postkarte nicht geschickt hatte. Jede Woche
wurde ihr eine nachgesandt: die bunte Reklamekarte eines
»Haar- und Schönheitssalons« nahe der Sloane Street. Er war
mit den Inhabern dieses Ladens befreundet, vermutlich
handelte es sich um eine Inhaberin. »Keine Post?« fragte sie,
während sie die Milch für ihren Tee bemaß und diesen
umrührte, um die Farbe zu sehen. »Nur wieder der gleiche
Müll.«
»Was hast du damit gemacht?«
»Du wolltest ihn doch nicht, oder?«
»Mit der Karte würde ich einen Preisnachlaß kriegen, haben
sie gesagt«, sagte Fiona.
»Ich hab’ sie in den Papierkorb geschmissen. Entschuldige.« Jetzt sah sie die Karte. Von der Stelle, wo sie kniete, hätte sie den Papierkorb fast erreichen können. Sie lag zwischen einer leeren Schweppes-Tonic-Flasche und einem zerknüllten Players-Zigarettenpäckchen, das Brian gehört haben mußte. Die Postkarte war in kleine Stücke gerissen, fast als hätte Bernard die Gefahr gespürt, die sie enthielt. Fiona nahm sich vor, sie nicht anzufassen, obwohl ihre erste Regung war, sich
die Stücke zu holen und sie zusammenzusetzen.
»Du wirst ja sowieso nicht so bald wieder nach

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