Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gelyncht - Gus Dury ; 2

Gelyncht - Gus Dury ; 2

Titel: Gelyncht - Gus Dury ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
Reaktion, mir ein Ding zu verpassen, und der Notwendigkeit, in Gegenwart seines Vaters ganz ruhig zu bleiben. Er hatte die Sprache verloren. Wo er seinen Comic hielt, wurden die Knöchel weiß. Sah aus, als könnte er jeden Moment ausrasten.
    »Sollen wir auf die Dame des Hauses warten?«, fragte Hod. Er widmete sich wieder seinem Notizbuch. »Das dürfte dann wohl eine Mrs. Katrina Crawford sein, geborene Fairbanks.«
    Der Richter nahm die Hände aus den Taschen, hielt in einer ein weißes Taschentuch. »Hören Sie, wir brauchen meine Frau nicht. Worum geht es hier eigentlich?« Er wischte seine breite Stirn ab, steckte das Tuch zurück in die Hosentasche. Er hatte diesen Bewegungsablauf noch nicht ganz beendet, als seine Frau durch die Tür trat.
    Sie war, was die Schotten eine thrawn nennen. Eine große Frau mit heller Haut und noch helleren Augen. Sie suchte den Raum heim wie ein Gespenst. Im Hereinkommen öffnete sich kaum merklich ihr Mund. Worte schwebten auf ihren Lippen, wurden nie ausgesprochen. Sie trug eine Schürze, die sie hastig abzubinden versuchte, während sie zu uns kam. Sie sah mich an, legte eine gewisse Gelassenheit an den Tag. »Was ist hier los?«
    Ich machte Hod ein Zeichen, er solle das Notizbuch zur Seite legen, und trat in die Mitte des Raums. »Nettes Häuschen haben Sie hier!«
    Mrs. Crawford drehte sich zu ihrem Mann um. »Joe, was soll das?«
    Der Richter wirkte verloren. »Hören Sie, falls das hier so etwas sein sollte wie …«
    »So etwas wie was, Mr. Crawford?«, sagte ich.
    »Nun, ich weiß auch nicht …«
    Ich ging zu dem Halbstarken hinüber, starrte ihm direkt in die Augen. »Was hast du neulich nachts auf dem Corstorphine Hill gemacht, Mark?«
    Er sagte nichts. Für sein Alter hatte er einen starken Blick. Die meisten hätten sich einfach abgewandt. Ich wurde etwas lauter. »Mit dem Hund und der Gang und den Waffen, Mark?«
    Die Frau trat zu uns. Hod griff ein, hob eine Hand. Es reichte.
    Ich packte den Halbstarken an der Schulter. Er drehte sich weg, ballte die Fäuste. Ich musste lächeln. »Ein Mann ist tot, Mark … Sein Name war Thomas Fulton.«
    Seine Mutter machte einen Satz auf mich zu, packte meinen Arm. »Bitte, bitte, er ist doch noch ein Junge.«
    Ich drehte mich um. Ihr Griff war kräftig – ich spürte ihre Pein. Ich wollte ihr nicht noch mehr Schmerzen zufügen, aber was konnte ich denn sonst großartig tun? »Hören Sie, ich verstehe, wie schmerzhaft das alles sein muss, aber Sie müssen verstehen, wie das hier wirkt.«
    Der Richter trat auf seine Frau zu, legte einen Arm um ihre Schulter, führte sie fort von mir.
    Mark starrte mich immer noch an. Seine Augen waren Schlitze, seine Fäuste immer noch geballt, als warte er auf meinen Angriff.
    Der Richter sagte: »Falls es hier um Geld geht …«
    Ich glaubte es nicht. »Wie viel Geld ist denn Ihrer Meinung nach nötig, um einen Mord zu vertuschen?«
    Mrs. Crawford bekam große Augen; die Kinnlade fiel ihr herunter. »Was … was?«
    Hod machte den Mund auf. »Du hast schon richtig gehört.«
    Der Richter trat vor seine Frau. »Es reicht jetzt. Verlassen Sie sofort mein Haus, andernfalls rufe ich die Polizei.«
    Ich lachte laut, konnte es mir nicht verkneifen. »Irgendwie, Euer Ehren … glaube ich, ist das das letzte, was Sie tun werden.«

A uf der Straße steckte ich mir eine Embassy an und registrierte, wie Hod mir folgte.
    »Meinst du, wir sind zu ihnen durchgedrungen?«, fragte er.
    Ich nahm einen tiefen Zug. »Keine Chance.«
    Ich ging weiter. Hod klebte mir an den Hacken, brüllte. »Warum nicht?«
    »Leute wie die haben Jahrhunderte Übung.« Als ich zum Fenster aufschaute, konnte ich Katrina Crawford sehen, die uns beobachtete. Gewissensbisse durchfuhren mich; die Frau hatte durch den Verlust eines Kindes schon genug gelitten. Meine Gedanken standen mir wohl ins Gesicht geschrieben – sie schüttelte den Kopf und wandte sich ab.
    »Was ist?«, fragte Hod.
    »Nichts. Lass uns von hier verschwinden.«
    Ich lag im Bett und hörte Synthie-Pop. O ja, ich hatte immer noch was für Depeche Mode übrig – wenn man sich an Enjoy the Silence erinnert, verzeiht man ihnen die letzten zehn Jahre. Neben dem Bett stand eine Flasche Gin, auf meiner Brust balancierte ein Aschenbecher, und ein Päckchen Marlboro lag in Reichweite. Die Roten. Anständig tödlich. War das Beste, was ich tun konnte; für mich das, was einer Therapie am nächsten kam.
    Schon eine ganze Weile hatte ich eine Wut in mir. Lange vor diesem

Weitere Kostenlose Bücher