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Gelyncht - Gus Dury ; 2

Gelyncht - Gus Dury ; 2

Titel: Gelyncht - Gus Dury ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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meinen Kumpel Hod. Da seine Immobilienfirma erfolgreich durchgestartet war, hatte er beschlossen, dass das Leben mehr zu bieten haben musste, als hinter einem Schreibtisch zu hocken. Er hatte Manager eingesetzt, war eine Weile zu einem Adrenalin-Junkie geworden. Jetzt langweilte er sich wieder und glaubte, ich böte einen Weg zu Action und Abenteuer. Um die Wahrheit zu sagen, ich war froh über seine Hilfe. Er hatte die Chance sofort beim Schopf ergriffen, die Crawfords für mich ausfindig zu machen, ein bisschen herumzuschnüffeln.
    In dem Café wurde gnadenlos eine CD durchgenudelt, Coverversionen von Lennon-Songs von zeitgenössischen Künstlern. Die erste bekam ich mit, als ich kam – Lenny Kravitz mit Cold Turkey … Nicht zum ersten Mal, dachte ich. U2 hatte Instant Karma! an den Eiern; es klang schmerzvoll. Und jetzt massakrierten die Black Eyed Peas Power to the People.
    Ich hatte genug. Knurrte: »Ist denn gar nichts mehr heilig?«
    »Träum weiter.« Hod.
    »Was hast du da im Gesicht?«
    »Ich versuch’s mal mit einem Bart. Sieht angeblich distinguiert aus.«
    »Derangiert trifft’s schon eher.«
    Es traf ihn an der Stelle, für die es bestimmt war, am Kinn; er wechselte das Thema. »Ich habe die Crawfords überprüft. Die haben ein Haus in der Ann Street.«
    Die kannte ich gut – am Rand von Stockbridge; prätentiöse Menschen nannten es New Town.
    »Wie schön für sie.«
    »Wusstest du, dass sie noch ein Kind haben?«
    Wusste ich nicht. Aber es interessierte mich ungemein, als er mir die Einzelheiten lieferte. Die Crawfords hatten einen Jungen etwa in dem Alter wie die Halbstarken auf dem Hügel. Hod hatte Bilder mit der Kamera seines Handys geschossen. Zeigte mir eine Bohnenstange von einem Jugendlichen. Die Fotos hatten eine gute Qualität.
    »Ich kann ihn nicht zuordnen. Die sehen heutzutage alle gleich aus«, sagte ich.
    »Ja, verschissene Bay-City-Rollers-Imitationen. Sieh dir nur ihre Frisuren an. Die tragen Seitenscheitel.«
    Das war nicht falsch. »Ist modern.«
    »Ist was? Es ist modern, auszusehen wie der verschissene Archie Macpherson?«
    »Was denn? Wäre dir Arthur Montford in diesen unsäglichen Sakkos lieber?«
    Wir lachten.
    »Du glaubst nicht«, sagte Hod, »dass unser Junge hier einer der Halbstarken vom Hügel sein könnte.«
    Ich sah genauer hin. »Tja, die richtigen Klamotten trägt er jedenfalls.«
    »Das ergibt aber keinen Sinn, verstehst du …« Hod strich über die Stoppeln an seinem Kinn, wandte sich ab, um aus dem Fenster zu sehen. »Er kommt aus einer guten Familie.«
    Mehr Touristen zogen draußen vorbei.
    »Ergibt denn überhaupt jemals irgendwas einen Sinn?«
    Er gab mir keine Antwort. Ich wusste, woher er kam. Dieser Junge führte nichts Gutes im Schilde.
    Hod redete sich in Rage, ließ seinen Finger auf die Tischplatte knallen. Der Salzstreuer wackelte. »Der Typ, von dem wir hören, dass er für den Tod der Schwester dieses Jungen verantwortlich ist, taucht ausgenommen wie ein Fisch auf, und er ist vielleicht in der fraglichen Nacht nur Meter entfernt … Denkst du, was ich denke?«
    Ich sah ihn an, schüttelte den Kopf. »Ich denke, das mit dem Bart wird so nichts, Hod.«
    Er stand auf. »Ach, leck mich. Bist du so weit?«
    Ich nahm mein Handy heraus. »Kannst du diese Aufnahmen auf mein Telefon rüberladen? Könnten ganz nützlich sein.«
    »Klar – ich schick sie dir per Bluetooth.«
    »Ja, egal, wie … Hier. Tu, was du tun musst.«
    Hod fummelte an den Einstellungen herum und sandte die Fotos, dann machten wir uns auf die Socken. An der Tür drehte er sich um. »Eines noch … Joseph Crawford, der Vater des Jungen, er war Anwalt.«
    »War Anwalt?«
    »Jetzt ist er Richter.«
    »Du willst sagen, wir sind im Begriff, einen Richter zu besuchen?«
    »Dachte nur, das wäre erwähnenswert.«
    Man sagt, die Ann Street wäre die Lieblingsstraße der Queen Mum in Edinburgh gewesen. Wenn sie sich auf dem Weg zu ihrer Residenz Holyroodhouse Palace befand, wird erzählt, bat sie stets ihren Chauffeur, einen Abstecher die Ann Street hinunter zu machen. Sie liebte die georgianische Pracht der Architektur; es erinnerte sie an eine längst vergangene Ära. Ich konnte drauf verzichten. Erinnerte mich nur daran, was an dieser Stadt und diesem Land im Allgemeinen schon immer auszusetzen war – die Besitzenden besaßen auf Kosten der Habenichtse einfach gottverdammt viel zu viel.
    Ich betrachtete das Haus der Crawfords – ein sorgfältig gepflegter Rasen und, was war das, eine

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