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Gelyncht - Gus Dury ; 2

Gelyncht - Gus Dury ; 2

Titel: Gelyncht - Gus Dury ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Einkaufswagen – wer würde sie ohne Rückendeckung durch eine Delta-Force-Einheit holen kommen?
    Eine Kulisse wie in einem Mad-Max-Film: ausgebrannte Autos, mit Brettern vernagelte Fenster, mehr Abfall als auf einer Müllhalde, der vom Wind in alle Richtungen geweht wurde.
    In der Stadt, unten im East End, in Leith, da sieht man Armut, aber nichts im Vergleich mit dem hier. Das hier war Dritte Welt. Klar, wir hatten ihnen die Notwendigkeit erspart, ihre Barackensiedlung selbst zu bauen, aber auch nur, weil wir ihnen das abgenommen hatten. Herzlich willkommen in der Hochhaushölle.
    Die menschenleeren Straßen machten mich stutzig; an einem Ort wie diesem ist das ein Zeichen. Aber dann sah ich eine alte Frau, die sich mit einer Einkaufstasche von Lidl abmühte. Sie war uralt, mindestens achtzig. Und wie’s aussah, waren das alles harte Jahre gewesen. Fragte mich, womit sie wohl verdient hatte, hier ausrangiert zu werden. Mein Gott, wir kümmern uns um unsere Alten, mhm? Als sie näher kam, setzte ich ein Lächeln auf – schüchterte sie ein, worauf sie sofort ihre Tasche an sich raffte, an ihre Brust drückte.
    »Guten Morgen«, sagte ich.
    Sie stand regungslos da, die Augen groß, zitternd. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Entschied mich für den einfachen Weg: sagte gar nichts. Ließ sie in Ruhe. Am Ende der Straße hielt sie die Tasche immer noch an die Brust gedrückt, starrte mich an.
    Als ich mich umdrehte, schob mir eine magersüchtige Ausgabe der unsäglichen Vicky Pollard ihre Nase ins Gesicht. Ich musterte sie von oben bis unten und dachte, wenn der dickste Teil deines Beins dein Knie ist, dann steckst du ernsthaft in Schwierigkeiten.
    »Hassu hier zu suchen, Arsch?«, rotzte sie mich an.
    »Wie bitte?«
    »Du bissnich von hier … Lust auf ne schnelle Nummer?« Sie blies mir eine rosa Kaugummiblase ins Gesicht und sah dabei aus wie der gute alte Bazooka Joe.
    »Nein, äh, nein, danke.«
    »Wasenn? Gefall ich dir v’leicht nich, oder was?«
    Ich versuchte, an ihr vorbeizukommen. Sie verstellte mir sofort den Weg und hob ihr knappes schwarzes Sportleibchen, ließ ihre Titten blitzen. »Wie wär’s hiermit?« Ihre Rippen standen weiter vor als die beiden Mückenstiche.
    Ich schob sie beiseite. »Pack das wieder ein. Ich bin nicht interessiert.«
    »Ich blas dir einen. Oder hol dir einen runter. Fürn Zehner.«
    Ich gab ihr keine Antwort. Spürte einen Hagel an Beschimpfungen auf meinen Rücken niedergehen, als ich weiterging. Fragte mich langsam, ob es eine gute Idee gewesen war, ohne eine AK-47 hierherzukommen.
    Mooseys Adresse hatte ich aus dem Zeitungsartikel; war nicht sonderlich schwer zu finden. In der Straße waren so viele Häuser mit Brettern vernagelt, dass ich die noch bewohnten Gebäude aus einer Meile hätte herausfinden können – in der Hälfte ihrer Fenster gab es noch Glas. Es gab ein kleines Tor auf den Hof, aber das lag mitten auf dem Rasen, ragte aus zwanzig Zentimeter hohem Gras hervor, das teils plattgedrückt war von einer kaputten Matratze, die erst kürzlich mittendrauf geworfen worden war. Ich machte einen Schritt über einen Autoreifen mit, was war das, Zahnabdrücken? Sah aus, als hätte Godzilla drauf herumgekaut. Als ich an die Tür schlug, hörte ich die wahrscheinlichste Ursache dafür auf der anderen Seite bellen und kratzen.
    »Schnauze!«, brüllte irgendwer. Eine ruppige Frauenstimme.
    Ich machte einen Schritt zurück, sah die Straße hinunter. Zwei Bierwampen in Jogginghosen, die sie sich in die Socken gestopft hatten, waren herausgekommen, um zu sehen, was ich wollte.
    »Halt endlich die Schnauze, du kleine Fotze!«, kam es von der anderen Seite der Tür, dann das Geräusch einer Peitsche. Das Bellen verwandelte sich augenblicklich in ein Winseln.
    Der Briefkastenschlitz wurde geöffnet. »Wer ist da?«
    Ich kniete mich hin. »Äh, hallo … ich suche Vera Fulton.«
    »Fallsu hinter Geld her bist, kannsu gleich wieder abzwitschern … Den andern Wichsern hab ich auch schon gesagt, der hat nix hinterlassen!«
    »Nein, es geht nicht um Geld. Ich bin wegen Ihrem verstorbenen Gemahl hier.«
    Ein Wortschwall schwappte durch den Briefschlitz. »Was ist mit dem?«
    Ich spürte, das wurde erheblich schwieriger, als ich es mir vorgestellt hatte. Sie klang gereizt. »Ich bin Reporter, ich untersuche den Tod und … nun, ich würde gern mit Ihnen darüber reden, wie Tam gestorben ist. Mrs. Fulton, ich finde wirklich, dass wir uns unterhalten sollten.«
    Ein langes

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