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Gelyncht - Gus Dury ; 2

Gelyncht - Gus Dury ; 2

Titel: Gelyncht - Gus Dury ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Instinkt ansprach.
    Ich rannte zu ihr. »Mein Gott, was ist los?«
    Sie zitterte, starrte unverwandt aus dem Fenster auf der Vorderseite der Kneipe. »Die sind gerade weggefahren …«
    Ich hob die Klappe und ging zu ihr hinter die Theke. Inzwischen waren auch Leute aus der Küche gekommen. »Was ist denn?«, fragte ich.
    »Das Auto, das Auto …« Sie deutete auf das Fenster.
    Als ich hinaussah, schien mein eigenes Leben vor meinen Augen aufzublitzen. Tupac lag regungslos mitten auf der Straße. Ich ließ das Mädchen zitternd stehen, stürmte aus dem Pub.
    Zwei amerikanische Touristen standen am Straßenrand. Ein großer Mann beugte sich über Tupac, versuchte seinen Kragen zu öffnen. Als ich die Straße erreichte, hatte der Mann seine Jacke ausgezogen und sie unter Tupacs Kopf gelegt.
    »Tupac … Tupac, hören Sie mich?« Ich legte eine Hand auf sein Gesicht. Er war kalt. Er schien nicht zu atmen.
    »Irgendwer sollte einen Krankenwagen rufen«, sagte der große Mann.
    Einer der Amerikaner tauchte hinter mir auf. Es war die Frau. »O mein Gott … O mein Gott!« Sie wiederholte die Worte immer und immer wieder.
    »Halt gottverdammt noch mal die Klappe, Frau!«, brüllte ich sie an. Der andere Amerikaner kam herüber und führte sie fort.
    »Was ist passiert?«, fragte ich.
    »Ein Auto hat ihn angefahren und durch die Luft geschleudert … Es hat da drüben geparkt.« Der große Bursche zeigte auf den Parkplatz. »Sie hätten den Qualm von seinen Reifen sehen müssen – er muss auf ihn gewartet haben … hat ihn einfach so durch die Luft geschleudert.«
    Ich sah Tupac an. Er lief blau an. Ich versuchte ihn zu Bewusstsein zu bringen, indem ich behutsam auf seine Wangen schlug, doch er reagierte nicht. Blut tropfte aus seinem Mund, und unter seinem Kopf bildete sich eine Lache.
    »Wo bleibt der Scheißkrankenwagen?«, brüllte ich.
    Ich stand auf. Ich konnte es nicht länger ertragen, ihn anzusehen. Ich ging zum Straßenrand und wieder zurück. Immer mehr Schaulustige drängten sich um den schmutzigen, ungewaschenen Haufen auf der Straße, der Tupac war. Ich ging zu dem großen Mann, zog ihn beiseite. »Haben Sie den Wagen gesehen?«
    »Ja, ja, ich habe alles gesehen …«
    »Was für ein Wagen war es?«
    »Oh, ich weiß nicht, ein kleiner … ein weißer. Schon ziemlich alt, aber gepflegt.«
    »War es ein Corrado?«
    »Könnte ich nicht sagen, ja, vielleicht … Ich weiß es nicht.«
    So langsam ging er mir auf die Nerven. »Was meinen Sie damit, Sie wissen es nicht? … Sie wissen doch bestimmt, wie ein Corrado aussieht.«
    Er wich vor mir zurück. Er hatte einen Ausdruck in den Augen, der besagte, dass er mich für geistesgestört hielt. »Ich kann es wirklich nicht sagen.«
    Ich packte seinen Arm, zog ihn zurück. »Was ist mit dem Fahrer?«
    »Den Fahrer hab ich nicht gesehen.« Wieder versuchte er, sich von mir wegzubewegen, machte Schritte nach hinten.
    »Sagen Sie mir nur, ob ein Mann oder eine Frau hinter dem Steuer gesessen hat.«
    »Könnte ich nicht sagen … wirklich, ich kann’s nicht sagen.«
    Inzwischen war ich außer mir, brüllte es heraus: »Scheiße, du bist mir vielleicht eine gottverdammte Hilfe, du schlaksiger Nichtsnutz.«
    Der Mann warf mir einen letzten Blick zu, dann rannte er beinahe zum Parkplatz hinüber. Ich fing an, mir wahllos Leute herauszupicken. »Haben Sie den Fahrer gesehen? … Was ist mit Ihnen? … Haben Sie den Fahrer gesehen?«
    Die Amerikanerin rief mir zu. »Es war ein junger Mann, ein junger Mann hat das Auto gefahren. Er hatte eine Kapuze auf dem Kopf, aber ich habe sein Gesicht klar und deutlich gesehen … Ein junger Mann hat den Wagen gefahren, und er hat diesen armen Kerl da mit einem breiten Grinsen im Gesicht überfahren.« Sie begann zu weinen und wurde von dem Kerl in ihrer Begleitung getröstet. »Ich werde mein Leben lang nicht vergessen, wie er ausgesehen hat.«
    Ich wollte laut schreien. Irgendwen verprügeln, umbringen.
    Der Krankenwagen kam die Corstorphine Road heruntergerast, das Blaulicht brannte, die Sirene heulte. Ich drängte mich durch die Menge. Inzwischen war Tupacs Gesicht fast schwarz. Eine Frau mittleren Alters hielt seine Hand. Ich hockte mich neben ihn, flüsterte: »Tupac, Kumpel, hier ist die Kavallerie … Du wirst es schaffen. Du wirst es schaffen.«
    Während ich die Worte sagte, legte die Frau Tupacs Hand auf seine Brust und stand auf. »Mein Junge, er ist schon tot.«
    Ich blieb unten.
    »Junge«, sagte die Frau, »der alte Mann ist

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