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Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Nylund
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schneidend gewesen, ein anderer Ausdruck fiel ihm nicht dafür ein.
    Fiona schaute im selben Augenblick wie Eliot von ihren Büchern auf, und kurz sahen sie einander an. Sie dachte dasselbe wie er: Irgendetwas stimmte nicht.
    Eliot zuckte die Schultern, und seine Schwester biss sich auf die Unterlippe.
    Cecilia nahm ein Töpfchen aus dem Teeservice und füllte vier Löffel von ihrer hauseigenen, besonderen Mischung aus Kamille, Honigkraut und grünem Tee in ein Teesieb. Sie hängte es über die offene Teekanne und goss dampfendes Wasser darauf. In die weiße Glasur der Teekanne war ein Spinnennetz eingeätzt. 4
    »Ist heute irgendetwas Besonderes passiert?«, fragte Cee leichthin. Sie reichte Eliot seine Tasse.
    »Wie kommst du darauf?«, sagte er. Großmutters 106 Regeln waren sorgfältig darauf ausgelegt, alles Interessante und damit Besondere aus ihrem Leben zu tilgen.
    Cees Lächeln schwand für einen Moment, kehrte aber sofort
zurück. »Nur so, Schatz.« Sie reichte Fiona eine dampfende Tasse. »Ich plaudere, das ist alles.«
    Jeden Abend fragte Cee: »Wie war es bei der Arbeit?« Oder alle Jubeljahre einmal: »Hattet ihr einen schönen Tag?« Das war bloßes Geplauder. Das hier nicht.
    Und tatsächlich war etwas Besonderes passiert: Sie waren dem alten Mann mit seiner Violine begegnet, und dann hatten Fiona und er tatsächlich Mike die Stirn geboten.
    »Es war ein Tag wie jeder andere«, antwortete Fiona, während sie die Blätter musterte, die in ihrer Tasse herumwirbelten.
    Cee nickte. Sie gab sich damit zufrieden und trank ihren Tee, erst einen Schluck, dann einen zweiten und einen dritten – und die Tasse war leer. So machte sie das immer. Je heißer das Getränk war, desto schneller schien sie zu trinken.
    Fiona wollte Cee nichts erzählen, und Eliot ging es genauso. Es hätte Cee nur aufgeregt, wenn sie ihr geschildert hätten, wie ihr Vorgesetzter sie schikanierte.
    Aber das war nicht der einzige Grund. In dem Augenblick, als Eliot und Fiona aufbegehrt hatten, waren sie viel mehr gewesen als nur zwei fast fünfzehnjährige Stubenhocker. Sie waren stark gewesen. Und wenn sie jemandem davon erzählten, würde die Magie dieses Augenblicks sich vielleicht in Rauch auflösen.
    Eliot nahm einen Schluck von seinem Tee. Er war süß. Stücke der Grünteeblätter wirbelten darin herum wie Sterne in einer Galaxie.
    Fiona legte ihm die Hand auf den Arm und nickte zu Cecilia hinüber.
    Ihre Urgroßmutter saß wie gelähmt da und starrte in ihre leere Teetasse. Die Hand zitterte ihr heftig, und die Tasse glitt aus ihren Fingern.
    Sie stürzte auf den Hartholzboden, prallte ab, landete erneut auf dem Boden – und zerbrach.
    »Oh je«, sagte Cee und blinzelte. Sie stand auf. »Was bin ich doch für ein Tollpa-«
    Die Wohnungstür flog so heftig auf, dass sie gegen die
Wand krachte und eine Staubwolke vom daneben stehenden Bücherregal aufwirbelte.
    Großmutter stand scharf umrissen im Türrahmen; ihre langen, schlanken Arme hingen schlaff herab. Sie hatte die Hände geöffnet.
    »Rührt euch nicht«, sagte sie.
    Sie trat ins Licht. Ihr Gesicht war kühl und gefasst, aber ihre grauen Augen huschten hin und her und suchten das Zimmer ab. »Überall sind Splitter. Ich werde sie einsammeln.«
    Sie ging zum Tisch hinüber, kniete sich hin und sammelte die größten Scherben ein. Stücke von Teeblättern klebten an den gewölbten Innenseiten der zerbrochenen Tasse.
    Seltsamerweise hob Großmutter sie nicht einfach auf; sie wog sie in der linken Hand, setzte die Standfläche und einen Teil der Seiten zusammen, bis sie einen rasiermesserscharfen Keramiklotos hielt.
    Großmutter starrte in die teilweise rekonstruierte Tasse, mit demselben Blick, den Eliot schon zuvor an ihr bemerkt hatte. Als ob sie jemand gefragt hätte, was sie da tat, und sie hätte gerade aufgesehen. Die Intensität dieses Blicks war allerdings so stark, beinahe schneidend, dass sie jegliche Frage im Keim erstickt hätte.
    Eliot hob unwillkürlich die Hand an den Hals.
    Draußen ging die Sonne unter, und die Wolken loderten orangefarben und scharlachrot. Das Licht im Esszimmer färbte sich rötlich. Die weißen Scherben in Großmutters Hand sahen aus, als wären sie in Blut getaucht.
    Sie nahm einen tiefen Atemzug und stieß dann seufzend die Luft wieder aus. Langsam schloss Großmutter die Hand um die zerbrochene Tasse. Sie stand auf und sah erst Cee, dann Fiona und Eliot an. Ihre Augen waren stahlgrau wie immer.
    »Trinkt euren Tee«, murmelte

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