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Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Nylund
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womit er ihr helfen konnte. Das kam ihm aber dumm vor. Warum hätte sie ihm vertrauen sollen? Sie kannte ihn kaum.
    Aber vielleicht brauchte sie seine Hilfe, so dringend, dass sie bereit war, sich einem Fremden anzuvertrauen.
    Wenn er doch nur mit ihr hätte sprechen können wie ein richtiger Mensch, statt sich Gedanken zu machen, was er sagen musste und wie er es sagen sollte. Und sich so viele Sorgen darüber zu machen, dass er wie ein Depp klingen könnte.
    »Du kannst es mir erzählen«, flüsterte er. »Alles. Wirklich. Ich bin ein guter Zuhörer.«
    Ihr Lächeln kehrte zurück; diesmal gebrauchte sie es als Schutzschild, um alle unbeholfenen Fragen von sich abprallen zu lassen. Ihre Lippen zitterten. »Ich wünschte nur …« Ihre Hand bewegte sich ein bisschen vorwärts, als würde sie gleich über den Tisch greifen, aber sie zögerte und zog die Hand dann unentschlossen wieder zurück.
    Eliot wusste nicht, was er sagen sollte, um sie dazu zu bringen, ihm zu vertrauen. Was konnte er tun? Irgendwelche Fakten aus einem Lexikon zitieren? Oder sie mit seinen Kenntnissen obskurer medizinischer Fachbegriffe betören?
    Aber es gab einen anderen Weg zu kommunizieren. Gleich vor ihm: die eben erst gestimmte Gitarre auf der Bühne.

    »Ich will etwas für dich tun. Wartest du mal eine Sekunde?«
    Julie sah sich um und folgte seinem Blick, verwirrt, als ob sie einen Witz nicht verstanden hätte. »Klar. Was?«
    »Wart’s einfach ab.«
    Eliot stand auf und ging auf die Bühne, bevor er den Mut verlieren konnte. Das hier war wie »Die Geschichte von der Jungfrau, die sich verlaufen hatte« – oder wie etwas, das er in einem seiner Tagträume hätte tun können: das Herz des liebreizenden Mädchens mit einem Ständchen zu gewinnen.
    Nur, dass es wirklich passierte.
    Plötzlich machte er sich solche Sorgen, dass er wie ein Idiot wirken könnte, dass ihm übel wurde. Aber er würde jetzt nicht klein beigeben. So gewann man nicht die Hand einer schönen jungen Dame; wenigstens nicht in den Büchern, die er gelesen hatte.
    Er setzte sich auf den Hocker und hob die Gitarre hoch. Zuerst wollte er sie flach hinlegen wie seine Geige, widerstand aber dann dem Instinkt und lehnte sie sich aufrecht in den Schoß; er hielt das Griffbrett, wie er es den Barkeeper hatte tun sehen.
    Langsam und gleichmäßig strich er über die Stahlsaiten.
    Doch die Töne plärrten und entglitten seiner Kontrolle, als wären sie Wesen, die sich drehten und wanden.
    Die Gäste des Rabbit sahen auf. Der Barkeeper und die Kellnerin starrten ihn finster an. Julie verzog das Gesicht; sie sah aus wie jemand, der einen Autounfall in Zeitlupe sah.
    Eliot wurde rot. Schweißperlen bildeten sich auf seinem Hals und seinen Händen. Toll. Verschwitzte Handflächen. Das würde es noch schwieriger machen, die Saiten zu kontrollieren. Er sah seine Finger an, und plötzlich klärte sich seine verschwommene Sicht.
    Er konnte es schaffen, so wie er es bei der Geige auch geschafft hatte.
    Aber er hatte Louis ganze Lieder auf Frau Morgenröte spielen sehen, bevor er versucht hatte, ihn nachzuahmen; er hatte auf diesem Instrument nur den Barkeeper ein paar Saiten anzupfen sehen.

    Eliot passte seine Finger dem Griffbrett an und ließ den Daumen noch einmal über die Saiten gleiten. Der Klang war nicht besser – es hörte sich genau so an, als ob jemand zum ersten Mal Gitarre spielte.
    Er spürte, wie sich der Ärger der Gäste rings um ihn aufheizte; das brachte seine Haut zum Kribbeln. Aus dem Augenwinkel sah er, wie der Barkeeper sein Geschirrtuch zusammenknüllte und auf ihn zumarschiert kam. Eliot blickte nicht auf, aber er wusste, dass Julie sich gerade fragte, warum sie sich überhaupt je mit einem derart seltsamen Kleinkind abgegeben hatte … wahrscheinlich schlich sie sich gerade aus dem Lokal.
    Seine Finger waren hölzern, seine Muskeln gallertartig, sein Verstand leer. Wie hatte er je Musik gespielt? Hatte er jemals wirklich gespielt … oder war es irgendein Tagtraum gewesen?
    Nein. Das hatte er. Er konnte es. Er würde es.
    Eliot war allein. Keine Bühne, kein Pink-Rabbit -Café, nur er und die Gitarre, und irgendwo in der Dunkelheit wartete ein anderes Publikum, lauschte und zitterte vor Vorfreude. Die Sterne und Schatten beobachteten ihn.
    Das Universum hielt den Atem an.
    Ein guter Ton. Nur einer. Ein Anfang. Das war alles, was er brauchte.
    Sein Zeigefinger drückte eine Saite nieder, und sein Daumen zuckte.
    Der Klang war rein, perfekt und ganz sein. Er

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