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Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Nylund
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von der offensichtlichen Macht dieses Wesens.
    Er wollte wetten, dass noch nie jemand den Teufel als »braven kleinen Jungen« bezeichnet hatte.

35
    Julies Lied
    Eliot holte tief Luft. Er genoss den Duft von Nelkenzigaretten, frisch entsafteten Karotten und Orangen in der Kaffee- und Saftbar des Pink Rabbit .
    Als er versuchte, die Speisekarte zu lesen, konnte er das
Kleingedruckte nicht erkennen. Er hatte seine Augen gestern überanstrengt, als er nachts die fast mikroskopische Schrift der »Geschichte von der Jungfrau, die sich verlaufen hatte« in der Mythica Improba gelesen hatte. 38
    Seine verschwommene Sicht hatte sich am Morgen überhaupt nicht gebessert – weder beim Frühstück noch auf dem Weg zu Ringo’s noch während der fünf Minuten bei der Arbeit, bevor Julie ihn für ihre Kaffeepause über die Straße gezerrt hatte.
    Er blinzelte und sah zu Julie hoch, die ihm gegenübersaß.
    Sonnenlicht strömte durch die Oberlichter ins Pink Rabbit und verwandelte Julies blondes Haar in einen goldenen Heiligenschein. Das Licht machte ihr blaues Baumwollsommerkleid auch betörend durchscheinend.
    »Was siehst du da an?«, fragte Julie.
    Eliot sah beiseite. »Nur die Bühne«, log er und nickte zum Mittelpunkt des Raumes hinüber. »Muss gestern Abend eine große Party gewesen sein.«
    Im Rabbit traten jeden Freitagabend Musiker auf – es war eine rein auf den Ort beschränkte Angelegenheit für die Künstler, Hippies und Kenner hausgebrauten Biers aus der Nachbarschaft. Auf der Bühne befanden sich exotische Trommeln und zwei Gitarren. Der Barkeeper saß da und stimmte eine von ihnen. Er schlug eine Saite an, und Eliot bemerkte, dass er die Gitarre auf ganz ähnliche Art hielt wie Eliot seine
Geige, und doch zugleich auch anders. Dann legte der Mann die Gitarre ab und ging zurück an die Arbeit.
    Julie wandte sich um, um zur Bühne zu sehen, und Eliot bewunderte währenddessen die Umrisse ihres Halses und der schlanken Schultern. Sie war wie eine Statue von Michelangelo: perfekt proportioniert und makellos glatt. Er malte sich aus, wie er mit der Hand über ihre Haut strich, und sein Pulsschlag beschleunigte sich.
    Plötzlich verschwand das Sonnenlicht, und Eliot sah erschrocken auf: Die Kellnerin stand vor ihnen.
    »Einmal Sunrise Butter , bitte«, sagte Eliot.
    Das war eine Mischung aus Honig, Ingwer, Karotten- und Orangensaft und schmeckte hervorragend – aber es war ein Kinderdrink. Unter keinen Umständen gehoben genug für jemanden, der mit dem schönsten Mädchen von ganz Del Sombra Kaffeepause machte. Warum tat er aber auch immer das Uncoolste überhaupt?
    Julie schien es nicht zu bemerken. Sie warf einen Blick auf die Rückseite ihrer Speisekarte und die Auswahl an Bier und Wein. »Ist noch etwas von dem White-Rabbit-Bier übrig?«
    Die Kellnerin schürzte die Lippen und verschränkte die Arme; sie machte sich gar nicht erst die Mühe, nach einem Ausweis zu fragen.
    »War nur ein Witz.« Julie knipste ihr Hundert-Watt-Lächeln an, und die Kellnerin entspannte sich ein wenig. »Kaffee, bitte. Den Sumatra, wenn’s geht, Miss.«
    Das hätte Eliot einfallen sollen: Kaffee in der Kaffeepause.
    »Dann erzählen Sie mir mal etwas über sich, Mr. Post.« Julie beugte sich auffordernd vor.
    Was konnte er schon sagen? Alles an seinem Leben klang verrückt.
    Na ja, Julie, ich habe mein ganzes Leben abgeschottet bei meiner Großmutter und Urgroßmutter verbracht, ach, und übrigens, ein Teil meiner Familie denkt, sie wären Götter und Göttinnen, und vielleicht sind sie das auch. Doch die Familie meines Vaters könnte aus gefallenen Engeln bestehen. Das wirklich Seltsame ist, dass meine Schwester und ich mitten in Heldenprüfungen stecken, durch die
herausgefunden werden soll, zu welchem Teil der Familie wir gehören oder ob wir überhaupt zu irgendjemandem gehören … solange wir noch am Leben sind.
    »Mein Leben ist nur voller normaler, langweiliger Sachen«, sagte er. »Du weißt schon: Hausaufgaben, mehr Haushaltsregeln als Luftmoleküle, und alle Freizeit, die ich hätte haben können, habe ich bis vor kurzem damit verbracht, Geschirr zu spülen.«
    Sie schnaubte. »Klingt wie mein Leben. Füg nur noch ein paar verkorkste Brüder und eine höllische Stiefmutter hinzu.«
    Alle Spuren ihres Lächelns verschwanden, und sie rieb sich einen Arm.
    Sogar Eliot fiel auf, dass sie etwas Echtes und sehr Falsches aus ihrem Leben enthüllt hatte. Er wollte nach ihrer Familie fragen und danach, ob es irgendetwas gab,

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