Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils
Gehirns das Licht ausging, bevor es ganz hinüber war.
Genau dort befand Julie sich in diesem Moment.
In der Falle. Gleich würde sie sterben. Sie wurde seltsam ruhig.
Oder war das noch immer Eliots Hoffnung in ihr? Sie lachte bitter auf. Als ob ein albernes Gefühl ihr aus diesem Schlamassel hätte heraushelfen können. Es war so dumm von ihr gewesen, daran zu glauben.
»Das ist besser«, sagte Sealiah. »Ich bin froh, dass du beschlossen hast, vernünftig zu sein. Ich habe nur ein paar Fragen.«
»Ja, Ma’am.« Höflich sein. Ihre Mutter hatte ihr immer gesagt, dass sie mit Höflichkeit weiter kommen würde als mit ihrem guten Aussehen.
»Ich bin nicht erzürnt. Ich bewundere deine Tatkraft.« Sealiah starrte Julie einen Moment lang an und musterte sie prüfend; dann sagte sie: »Ich will wissen, warum du geflohen bist. Den Berichten nach hattest du unseren jungen Eliot Post in Griffweite.«
Julie wagte es nicht zu lügen. »Ja, das hatte ich.«
»Ein Mädchen wie du hätte keine Angst bekommen. Es waren keine Agenten der Liga anwesend. Warum bist du im Moment deines Sieges gegangen?«
Sealiah hob Julies Kinn mit einem spitzen Fingernagel.
Julie hatte keine Wahl: Sie musste ihr in die smaragdgrünen Augen sehen. Sealiah war schön. Ihre Züge erinnerten Julie an eine Raubkatze, geschmeidig und gefährlich.
»Ich … Ich konnte es ihm nicht antun.«
»Du hast dich doch wohl nicht etwa verliebt? Ich weiß , dass du zu schlau dafür bist.«
Julie rang darum, ihre Gefühle für sich zu behalten. Sie wollte sie nicht mit diesem Monster teilen. Doch die Worte kamen dennoch, wurden ihr gegen ihren Willen abgerungen.
»Er hat mir etwas gegeben«, flüsterte sie.
Sealiahs Hand glitt zwischen Julies Brüste.
Julies Herz klopfte schnell und unregelmäßig. Sie schnappte nach Luft, aber das half nicht.
»Ich kann es hören«, flüsterte Sealiah. »Ein Lied nur für dich. Mächtige Magie. Oh ja, ein außergewöhnliches Geschenk.« Sie zog die Hand zurück und wischte sie sich an den Hosen ab. »Wusstest du, dass Leute ihr ganzes Leben leben können, ohne je so etwas zu fühlen – und dass die meisten das auch tun? Ich bin fast neidisch, Kind.«
Julie verschränkte die Arme schützend vor der Brust.
Sealiah legte Julie die Hand wieder auf den Arm; sie hielt ihn nur locker fest, aber ihre spitzen Nägel drangen Julie ins Fleisch. »Also mache ich dir keine Vorwürfe. Wenn ich du wäre, hätte ich vielleicht dasselbe versucht.«
»Wirklich?«
»Ich sehe, dass du dein Bestes bei Eliot getan hast. Wer hätte auch schon ahnen können, dass er so schlau sein würde?«
Julie verspürte wieder Hoffnung. Sie hörte Eliots Musik in ihrem Innern. »Also kann ich …«
»… gehen?« Sealiahs Hand schloss sich fester um Julies Arm. »Natürlich nicht. Ich sagte, dass ich Verständnis habe. Nicht, dass ich eine völlige Närrin bin.«
Julies Hoffnung schmolz zu schwach glimmender Asche zusammen; sie erlosch nicht völlig, aber sie würde nie mehr so lodern, wie sie es getan hatte, als Eliot ihr Lied gespielt hatte.
»Kein Grund, so düster dreinzusehen. Ich mag dich. Ich bin hier, um dir den leichten Ausweg anzubieten.« Sealiah öffnete das Handschuhfach, zog ein Lederetui daraus hervor und klappte es auf. Darin befanden sich ein Stück Gummischlauch und eine Spritze.
Julie starrte beides entsetzt an. »Nein«, flüsterte sie.
»Es ist das Beste. Ich habe es selbst beschafft.«
»Ich … Ich kann nicht.« Julie versuchte, sich ihr zu entziehen, aber Sealiahs Hand war unverrückbar, und ihre Nägel schlugen blutige Wunden.
»Es gibt schwerere Wege, meine Liebe. Viel schwerere. Ich werde nicht noch einmal so großzügig sein.«
Julie hörte auf, sich zu wehren, und berührte die Spritze. Sie war eiskalt.
Nein. Niemals.
Aber sie konnte ihre Hand auch nicht von dem Ding lösen. Es würde sich so gut anfühlen. Es würde ihr den Schmerz nehmen, sie vergessen lassen. Nur für eine Weile.
»Allerdings musst du es selbst tun«, sagte Sealiah. »Ich kann dir nicht helfen. Wir haben Regeln, wie so etwas abzulaufen hat.« 56
Wie schon einmal würde Julie sich umbringen. Ich will sterben, Hand aufs Herz …
Sie ließ die Wirklichkeit der Situation wie Beton um sich fest werden. Sie hatte die Bedingungen ihrer Abmachung selbst gestellt – bindend, ganz gleich, wie es ausging. Sie hatte um ihr Leben und ihre Seele gespielt … und beides verloren.
Langsam hob sie den Schlauch hoch. Wie die halb gefressene Gazelle
Weitere Kostenlose Bücher