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Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Nylund
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vielen Fasern, einem Muster, das sich weit zurück in ihre Vergangenheit erstreckte – und von dort, wo sie es festhielt, weiter nach vorn, in die Zukunft.
    Das Gewebe in der Vergangenheit war wie vorher, bis auf die Franse, die in die Gegenwart führte und so zerschlissen war, dass sie aussah, als würde sie gleich reißen. Fiona starrte diesen Teil genauer an. Mikroskopisch kleine Tentakel schlangen sich darum, wanden sich umeinander und bildeten eine Brücke von gestern nach heute.
    Genau da hatte ihr Leben enden sollen.
    Nein. Sie kniff die Augen zusammen. Es war zu Ende gegangen. Die ursprüngliche Linie war so abgenutzt gewesen, dass sie immer dünner geworden und schließlich verschwunden war. Wenn diese andere Faser nicht darum herumgewachsen wäre, wäre ihr Leben abgeschnitten gewesen.
    Fiona berührte diesen Teil behutsam. Er fühlte sich an wie Holz, schimmerte wie mattes Gold und war warm. Da war auch ein Puls, stark und regelmäßig.
    Dafür musste der Goldene Apfel gesorgt haben. Ein Leben war zu Ende gegangen, und jetzt das. Ein neues Leben? Eine zweite Chance? Oder etwas, das sie noch nicht verstand? Was es auch war, es führte durch die Gegenwart und erstreckte sich vor ihr. Sie hatte wirklich eine Zukunft.
    Sowohl neugierig als auch argwöhnisch wandte Fiona den Blick nach vorn und folgte der sich windenden Ranke. Die Faser vervielfältigte sich und fächerte sich auf, kreuzte Fäden, die sich mit ihr verwoben: Sie wurde ein Stoff, der sich in viele Richtungen verästelte. Hier und da konnte Fiona die Ranke sehen, die mit winzigen Blättern und Apfelblüten geschmückt war.
    Was bedeuteten diese vielen Pfade? Dass ihre Zukunft nicht vorgezeichnet war? Sie bemerkte viele tote Enden, und Fiona
nahm das wortwörtlich. Doch weitaus mehr führten weiter – alle vorwärts, in die Schatten.
    Fiona bewegte ihre Hand versuchsweise zu diesem Teil des Gewebes, spürte Holz und Ziegeloberflächen unter ihren Fingerspitzen, die von Champagnerperlen gekitzelt wurden; sie roch Parfüm und hörte Gelächter.
    Fiona lächelte. Es fühlte sich wie eine Party an. Darauf hatte sie gehofft.
    Aber dahinter verwandelten sich diese Empfindungen in Eis. Sie spürte körnigen Asphalt und glattes, klebriges Blut. Roch Schwefel und Feuer. Der Teil hier gefiel ihr gar nicht.
    Fiona ließ die Fäden los.
    Sie hob ihre Schreibmaschine, ihre Papiere und all ihre Bücher auf – nur für den Fall, dass Großmutter hereinkam. Dann schaufelte sie ihre Kleidung in den Wäschekorb und verließ ihr Zimmer. Sie wollte nicht mehr mit ihren Gedanken allein sein.
    Sie klopfte an Eliots Tür und ging dann hinein – oder versuchte es zumindest.
    Seine Tür war abgeschlossen.
    »Eine Sekunde«, sagte Eliot von der anderen Seite, schloss dann auf und öffnete die Tür. »Oh, du bist’s.« Er sah zu seinem Bett zurück. »Komm herein. Schließ die Tür ab.«
    Seit wann schloss Eliot seine Tür ab? Allerdings hatte auch Fiona in letzter Zeit angefangen, ihre Tür abzuschließen. Sie hatten im Moment alle etwas zu verbergen, und sie glaubte nicht, dass das ein gutes Zeichen war.
    Dennoch zog sie die Tür hinter sich zu und verschloss sie.
    Eliot setzte sich auf die Bettkante und schlug die Decke zurück, unter der seine Geige versteckt war. Fiona sah, dass die gerissene Saite ausgetauscht worden war. Die Geige sah aus wie neu. Fiona fragte sich, woher Eliot eine zusätzliche Saite hatte.
    Er berührte sie kurz, wandte sich dann ab und starrte mit schmerzerfüllter Miene in die Ferne, die Hände auf dem Schoß gefaltet.
    Fiona konnte sich gut vorstellen, was ihm durch den Kopf
ging: gestern Nacht, all die Leute, die geschrien hatten … und gestorben waren.
    Sie erinnerte sich, wie sie zuerst versucht hatte wegzuerklären, was sie Perry Millhouse angetan hatte. Fiona war in die Enge getrieben gewesen, hatte sich, Eliot und das Mädchen schützen müssen. Aber nichts von alledem änderte etwas daran, dass sie einen Menschen getötet hatte.
    Wenn sie jedoch ehrlich war, dann musste sie sich eine weitere Tatsache eingestehen: Sie hatte es genossen, dieses Monster zu vernichten.
    Doch Eliot würde nie so empfinden. Die Leute auf der Luftwaffenbasis waren nicht wie Millhouse gewesen.
    Wenn überhaupt, dann waren Fiona und Eliot bei dieser letzten Heldenprüfung die Monster gewesen.
    Sie setzte sich neben ihn aufs Bett und seufzte.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte er. »Kannst du essen?«
    »Ich habe heute Morgen ein bisschen Haferbrei gegessen. Er

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