Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Sand erzittern. Zu seiner Ehre muss man sagen, dass er nicht vor Schmerz aufschrie.
    Deshalb verstärkte Sealiah ihren Griff, drehte die Ader und das Nervenbündel, bis sie gequetscht waren.
    »Eine weit hergeholte Spur«, grunzte er. »Wir dachten, sie könnte zu unserem lang vermissten Cousin führen.«
    Sie ließ Uri los. »Ach ja, ich erinnere mich. Irgendetwas über einen Treuhänderfonds?«
    »Ja, M’lady.« Uri hielt sich die Innenseite des Arms; ein Blutrinnsal quoll daraus hervor und tropfte auf den Sand.
    Er starrte ihren Nabel und den Smaragd dort an; das Glitzern des Steins spiegelte sich in seinen Augen. Natürlich begehrte er ihre Macht; es lag in der Art von ihresgleichen, sich einfach alles zu nehmen, das festzuhalten sie die Kraft hatten. Aber ein solcher Blick, verbunden mit der Heimlichtuerei um diese Post-Kinder … sie witterte Verrat, und das ließ ihren Puls vor Vorfreude hämmern.
    Uri sah beiseite; sein Gesicht brannte.
    Oder vielleicht gab es zu ihrer großen Enttäuschung doch keine Verschwörung. Ein Moment des Wunschdenkens von Uris Seite, nichts weiter. Wie schade, dass er nie etwas anderes als ihr treuer Schoßhund sein würde.
    »Was ist mit ihnen?«
    »Wir haben einen Geldtransfer von einem Konto gestoppt, das wir für eines der alten, doppelblinden Konten von Louis hielten. Wir waren in der Lage, den Auftraggeber der Transaktion aufzuspüren. Eine Anwaltskanzlei in Mittelkalifornien. Ich habe alle wichtigen Dateien persönlich an mich gebracht. Treuhänderfonds für zwei Kinder. Hat mit unserem Fall nichts zu tun.«
    Uri langte tief in seine Windjacke und zog einen flachen Laptop daraus hervor. Er klappte ihn auf, stellte ihn an und hielt ihn Sealiah hin.
    Sie saß da und wartete, bis die Datei sich öffnete.
    Uri wühlte wieder in seiner Jacke herum, noch tiefer, bis sein ganzer rechter Arm in den Falten verschwand, und zog
einen Kartentisch hervor, den er aufklappte und vor Sealiah aufbaute.
    Sie stellte den Computer auf den Tisch. Auf dem Bildschirm erschienen zwei Scans in hoher Auflösung. Ein Junge. Ein Mädchen.
    Sie lächelten so, als hätte ihnen jemand ein Messer an den Rücken gehalten und sie gezwungen zu grinsen. Offensichtlich Geschwister. Womöglich Zwillinge.
    Uri fummelte in seiner Windjacke herum, und das Klirren von Eis in Kristall und das Schwappen von Alkohol ertönten. Er stellte eine Bloody Mary auf den Tisch.
    Sealiah nahm den Cocktail und lutschte das Salz vom Rand. »Es gab da nur eine unbedeutende Komplikation«, gestand Uri. »Ein Fahrer ist in derselben Kanzlei aufgetaucht. Ich habe sichergestellt, dass diese Dateien gelöscht waren, bevor er hinkam … Aber trotzdem ist das ein interessanter Zufall.«
    »Fahrer«, murmelte Sealiah. »Warum sollte ein Fahrer in dieser Angelegenheit herumstochern?«
    »Das könnte er gar nicht. Wenn ich den Pakt richtig verstehe, ist es ihnen nicht gestattet, sich in unsere Angelegenheiten zu mischen. Genauso wenig, wie wir uns in ihre einmischen können. Wie ich schon sagte, ein bloßer Zufall.«
    »In der Tat …«
    Sie sah die Kinder wieder an. Da war etwas Vertrautes.
    Sealiah vergrößerte die Augen des Jungen. Mit den grauen, blauen und grünen Wirbeln vermengt spiegelte sich ein Hauch von Adel in den Fenstern seiner Seele.
    Sie stellte das Bild wieder auf Normalgröße und kniff die Augen zusammen, so dass ihre klare Sicht verschwamm.
    Ja, die Augen des Jungen, der schlanke, aber starke Nasenrücken des Mädchens, die hohen Wangenknochen und gewölbten Augenbrauen der beiden … Wie hatte sie das übersehen können? Wer auch immer die Kinder getarnt hatte, hatte ein Meisterwerk vollbracht: Er hatte Göttliches in Langeweile verwandelt.
    Sie nagelte Uri mit einem scharfen Blick fest. »Gibt es Neuigkeiten über Louis Fängers Aufenthaltsort?«

    »Nichts, seit er zuletzt in Albuquerque gesehen wurde. Damals hauste er in einem Pappkarton.«
    »Ja …« Sie fuhr mit dem Fingernagel über das vorspringende Kinn des Mädchens. Da war noch etwas mit diesen Kindern. Etwas, das nichts mit Louis zu tun hatte, aber einen genauso machtvollen Einfluss darstellte.
    Das hier waren keine kleinen Niemande. Diese beiden spielten eindeutig eine wichtige Rolle; womöglich waren sie sehr wertvoll.
    »Hat er mit der Sache hier zu tun?« Uri kam näher, um den Computerbildschirm besser sehen zu können.
    Es war eine abwegige, geringe, astronomisch fern liegende Möglichkeit. Aber wenn diese Möglichkeit die einzige war, die die