Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils
seid ihr stärker .
Sie waren gestern zusammen gewesen. Als sie die Brücke überquert und sich an der Hand gehalten hatten und als sie Fragen der Familie beantwortet hatten. Das hätte sie nicht ohne Eliot an ihrer Seite geschafft.
Fiona war wütend auf ihn, weil er Großmutter nicht vertraute, aber tat sie nicht dasselbe, wenn sie ihm nicht verzieh und vertraute? Sie war sich nicht sicher.
Sie hatten sich schon früher gestritten, aber dieser Streit fühlte sich anders an, so als sei etwas zwischen ihnen zerbrochen.
Wie sollte sie mit einer ganz neuen Familie zurechtkommen, wenn sie noch nicht einmal sich selbst, Eliot und Großmutter in den Griff bekam?
Eliot tauchte mit nassen Haaren auf und setzte sich auf die gegenüberliegende Seite des Tisches; er tat, als würde er sie nicht sehen.
»Das ist wunderbar, Cee«, sagte er und begann zu essen.
Als er halb fertig war mit seinem dritten Stück Toast, sah er zu Fiona hoch, und sie zuckte über das reichliche Essen die Schultern. Er nickte und bestätigte damit, dass das Frühstück seltsam war.
Wenigstens konnten sie sich immer noch ohne Worte unterhalten.
Die Tür zu Großmutters Arbeitszimmer glitt auf, und sie kam herein; in einer Hand hielt sie einen Stoß Papier. Sie trug schwarze Springerstiefel, Jeans und ein bis obenhin zugeknöpftes Flanellhemd. Ihr silbernes Haar stand ihr in winzigen Stacheln vom Kopf ab.
»Guten Morgen, Großmutter«, sagten Eliot und Fiona.
»Ich hoffe, ihr habt gut geschlafen.« Sie legte die Papiere auf den Tisch. »Speck, Cecilia?« Sie nahm ein Stück und knabberte probeweise daran. »Das ist doch Speck, oder?«
»Natürlich«, antwortete Cecilia. »Was sollte es sonst sein?« Großmutter musterte den Speck noch einmal und legte ihn wieder hin. Dann klopfte sie auf die Papiere auf dem Tisch. »Wegen außergewöhnlicher Umstände gibt es eine Gnadenfrist für die Aufgaben von gestern. Aber ich erwarte von euch, dass ihr auch die Aufgabe von heute fertigstellt.«
»Aber die Prüfungen«, sagte Fiona. »Wir sollen doch heute geprüft werden.«
»Wenn der Rat nicht Wochen braucht, um zu entscheiden, in welcher Form die Prüfungen abgehalten werden«, antwortete Großmutter.
Eliot ließ seinen Toast auf den Teller fallen.
Die eiserne Entschlossenheit, die Fiona früher am Tag verspürt hatte, verflüssigte sich und strömte aus ihrem Körper. Sie würden vielleicht wochenlang warten müssen? Das war, als hätte man ihnen gesagt, dass ein Tsunami drohte … und sie dann gebeten, Sandburgen zu bauen, als ob nichts geschehen würde.
»Das Leben geht weiter«, erklärte Großmutter. »Ich werde nicht zulassen, dass sich die Familie in eure früheren Pflichten einmischt.«
Großmutter konnte doch bestimmt nicht meinen, was Fiona dachte, dass sie meinte? Sie warf einen Blick zur Wohnungstür und sah zwei Papiertüten. Cee hatte ihnen Mittagessen gemacht. Fiona sackte das Herz in die Hose und kam tief in ihren Gedärmen zum Ruhen.
Sie würden heute zu Ringo’s gehen. Als ob sie nicht schon genug andere Sorgen gehabt hätten, mit diesen drei Prüfungen, die darüber entscheiden würden, ob sie am Leben blieben oder starben – sie würde Tische abräumen und sich auch noch mit fettigen Katastrophen in der Küche auseinandersetzen müssen.
Auch Eliot sah die Papiertüten. »Das ist nicht fair«, flüsterte er.
Großmutter zog eine Augenbraue hoch. »Nichts ist fair, wenn es um die Familie geht. Diese Prüfungen werden nur feststellen, wer ihr seid; nicht mehr. Ihr könnt nichts tun, um euch vorzubereiten. Ihr müsst einfach ihr selbst sein und euer Leben leben.« Sie warf einen Blick auf die Armbanduhr; eine Sekunde später schlug die Uhr im Flur die Viertelstunde. »Das schließt die Arbeit mit ein.«
Fiona saß da und kochte innerlich; sie raffte allen Mut zusammen, um von Großmutter zu verlangen, ihnen mehr über die Familie zu erzählen. Warum war es überhaupt noch wichtig, in einer Pizzeria zu arbeiten?
Eliot stand auf. »Bis später«, murmelte er. »Danke für das Frühstück, Cee.« Er marschierte zur Tür.
Fiona war einen Moment lang wie betäubt – dann rannte sie ihm nach, aber nicht, bevor er sich die größere Tüte geschnappt hatte.
Sie stieß ihn mit der Schulter beiseite und rannte die Treppen hinunter. Es fühlte sich gut an zu laufen (und ihren Bruder zu schlagen), aber als sie durch die stählerne Sicherheitstür ins Freie stürmte, sah sie, dass er ihr nicht nachlief.
Er trabte nach draußen
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