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Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Nylund
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aber es klang durchaus so.
    Sie verschwand von dem Platz neben seiner Schulter; nur ihr Parfüm hing noch in der Luft.
    Es tat ihm leid, aber er konnte nicht aufhören. Er konzentrierte sich, und die Musik kam in seinem Kopf zum Stillstand.
    Aber sie war noch immer da … und wartete. Es war, als stünde er nicht vor einem Spülbecken, sondern am Dirigentenpult, und hundert Musiker warteten voller Vorfreude auf seine Anweisungen. Eliot wagte es nicht, sie alle einfach da sitzen zu lassen.
    Er bewegte die Hände, klatschte ins Wasser und schwenkte Teller und Schwamm, als wären sie Dirigentenstäbe. Waldhörner erschollen, und Reihen von Celli erwachten mit einem Crescendo zum Leben. Harfen und Kesselpauken fielen mit ein.
    Eliot peitschte das Kinderlied zu einer ganzen Symphonie auf, wandelte die Melodie ab, variierte sie und machte sie zu
seiner eigenen. Sie war nicht so gut wie der Soloauftritt des alten Mannes. Er war ein Meister seiner Kunst, und Eliot stand gerade erst am Anfang – aber es war ein Anfang.
    Fiona kam und redete mit ihm; sie wollte über Großmutter und die anderen sprechen.
    Er sagte zur Antwort irgendetwas – er war sich nicht sicher, was – und nach einer Weile ging sie weg.
    Was ihn betraf, war sie in einer anderen Welt.
    Sein Blick blieb am Wasser haften und an den Vibrationen, die von den Wänden des Beckens wieder und wieder abprallten. Sie zeichneten sich überkreuzende Muster, Kraftlinien, Schicksalsfäden, die sich überlappten, um einen Teppich zu bilden. Das war das große Ganze. Sein Leben lag mit all seinen Möglichkeiten vor ihm ausgebreitet: Triumphe, Sackgassen, seine Geburt und sein Tod. Es war alles da.
    Die Musik war mit ihm da, schmetternde Akkorde und Harmonien, Chöre aus Stimmen und rasselndes Schlagzeug, die Tonleiter hinauf und hinunter, eine tosende Mischung aus Göttlichem und Diabolischem.
    Es war außer Kontrolle … Aber das gehörte zu dem, was an diesem Stück so wunderbar war. Es war wie das Wetter – manchmal eine Brise, manchmal ein Hurrikan.
    Das Tempo wurde langsamer, und der letzte Ton verklang und erstarb.
    Triefend vor Schweiß zog Eliot die schrumpeligen Hände aus dem Wasser und schaute auf.
    Jeder einzelne Teller und Topf war gesäubert, abgetrocknet und aufgestapelt.
    Aber mehr noch: Die Teller bei Ringo’s bestanden aus glasiertem Steingut, das über die Jahre so viele Kratzer abbekommen hatte, dass es rau geworden war. Diese Teller hingegen waren so spiegelglatt, als wären sie gerade erst aus dem Brennofen gezogen worden. Und die Töpfe, die vorher matt und abgenutzt gewesen waren, glänzten jetzt wie der verchromte Kühlergrill von Onkel Henrys Limousine.
    Seine Finger begannen wieder zu klopfen. Eliot zwang sie unter Aufbietung seiner Willenskraft aufzuhören.

    Julie, das schönste Mädchen, das er je gesehen hatte, war hergekommen und hatte mit ihm geredet – und er hatte sie ignoriert. Er fügte das der Liste der dummen Dinge hinzu, die er in den letzten Tagen getan hatte.
    Auch Fiona hatte mit ihm reden wollen. Er konnte sich noch nicht einmal erinnern, was sie gesagt hatte. Aber sie mussten über wichtige Dinge reden, bei denen es um Leben und Tod ging.
    Eliot sah das Wasser an: Es war grau und ruhig. Es gab keine Sterne und Kraftlinien mehr. War das alles nur ein Tagtraum gewesen?
    Er sah seine Dirigentenhände an und ballte sie dann zu Fäusten.
    Er glaubte, dass er die Musik kontrolliert hatte … aber vielleicht war es auch umgekehrt gewesen. Vielleicht hatte die Musik ihn kontrolliert.
    Eliot dachte über Großmutters Regel 34 nach. Er hatte gedacht, ihr Musikverbot sei willkürlich oder ziele darauf ab, dass er sich lieber auf die Hausaufgaben konzentrieren sollte. Steckte etwa mehr dahinter? War es möglich, dass Musik für ihn irgendwie gefährlich war?

22
    Heimlicher Verehrer
    »Lass uns reden«, flüsterte Fiona.
    Eliot spülte Geschirr ab und antwortete nicht. Er hatte sich schon durch die Hälfte der Berge vor sich gearbeitet. Fiona war nie bewusst gewesen, dass Ringo’s so viele Teller hatte. Aber sie hatten weit Wichtigeres zu besprechen als saubere Teller.
    »Die Schicht ist fast vorbei«, sagte sie. »Ich habe dank unserer neuen Geschäftsführerin überhaupt keine Pause gekriegt.
Nimm du jetzt deine, dann können wir einen Plan für heute Abend austüfteln.«
    »Mh-hm.« Eliots Hände blitzten unter der Wasseroberfläche auf, Seifenschaum tanzte darauf, und er blieb an der Spüle stehen.
    Fiona wartete und warf einen

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