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Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Nylund
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mittelalterlichen italienischen Fürsten den Familien unserer Mutter und unseres Vaters ziemlich ähnlich waren.« Das Plastik unter
ihren verschränkten Armen raschelte leise, als sie ihren Schritt beschleunigte.
    »Und was mache ich? Ich verstehe kein Italienisch oder in welcher Sprache auch immer das Zeug geschrieben ist!«
    »Du hast deine Begabungen«, flüsterte Fiona. »Ich habe meine.«
    »Was soll das heißen?«
    Sie kamen in den Oakwood Apartments an, und Fiona ging ins Treppenhaus und lief vor ihrem Bruder her; sie ließ ihn und seine albernen Fragen mühelos hinter sich zurück.
    Drinnen wartete Cee mit Tee und misslungenen selbstgebackenen Keksen. Fiona stürmte an ihr vorbei und sagte: »Hausaufgaben – keine Zeit zum Plaudern.« Sie sauste in ihr Zimmer.
    Dort angekommen, schloss sie die Zimmertür hinter sich und drehte den Schlüssel im winzigen Schloss unter dem Türgriff.
    Geschafft.
    Ihre Finger verharrten für einen Moment auf dem Schloss. Sie hatte ihren Bruder bisher eigentlich noch nie ausgeschlossen. Doch Eliots Kopf war nach dieser Musik nicht im richtigen Zustand, um zu helfen. Er meinte es gut, aber sie würde allein schneller und wahrscheinlich besser arbeiten. Es war das Beste so.
    Also zog sie den Pralinenkasten unter ihrem Hemd hervor und stellte ihn auf ihr Bett.
    Sie würde ein paar Pralinen essen, wieder das Gefühl haben, sie könnte bis zum Horizont blicken, sich auf ihre Hausaufgaben und diesen Folioband stürzen und einen Schlachtplan ausarbeiten.
    Behutsam öffnete sie das Kästchen und nahm eine weitere Praline daraus hervor. Eine Explosion aus Pfefferminz, Ingwer und dunkler Schokolade schärfte ihr die Sinne und sorgte dafür, dass sie die Zunge vor Begeisterung einrollte.
    Alles war so klar.
    Fiona langte nach oben und nahm eine Sammlung von Pergamenten, die mit einem Gummiband zusammengehalten
waren, vom Bücherregal. Als sie den Staub herunterpustete, wurden die Schreibschriftbuchstaben sichtbar: Niccolò Machiavelli .
    Es klopfte an der Tür.
    »Lass mich rein«, ertönte Eliots Stimme gedämpft von der anderen Seite. »Ich kann helfen.«
    »Geh weg!«, rief sie durch die Tür. »Ich muss mich konzentrieren.«
    »Wir sollten reden.«
    »Später.«
    Sie verspürte eine gewisse Befriedigung, dass sie Eliot gerade mit derselben sorglosen Ablehnung behandeln konnte, die er ihr zuvor während der Arbeit auch entgegengebracht hatte.
    Eliot sagte noch mehr, aber sie blendete ihn aus und konzentrierte sich stattdessen darauf, welche Praline sie als Nächstes essen sollte. Sie wählte ein Dreieck aus roter und schwarzer Schokolade. Darin befand sich eine Zimtcreme, die sie mit Gewürzen, samtiger Wärme und bernsteinfarbenen Schatten umhüllte.
    Jetzt zu dem Folioband.
    Sie übertrug Machiavellis handschriftliche Notizen auf Karteikarten und achtete darauf, keine Flecken auf das Originaldokument zu machen.
    Italienisch fiel Fiona leicht; es hatte schließlich seine Wurzeln im Lateinischen. Mit mittelalterlichem Italienisch hätte es allerdings anders sein sollen. Doch die Bedeutung der gedrängten Handschrift war ihr so klar wie Buntglas, das von der Mittagssonne erhellt wurde. So war es bisher noch nie gewesen.
    Sie las, was Machiavelli von den Fürsten im alten Italien wirklich hielt. Vor allem hatte er große Angst, dass er nichts Schmeichelhaftes zu sagen hatte und deshalb (wieder einmal) gefoltert oder gar getötet werden würde.
    Es gab anekdotenhafte Notizen, dass die Kabinettskriege dieser Fürsten sich oft nach innen richteten. Den Kindern dieser Herrscherfamilien erging es in der Politik am schlechtesten.
Viele lebten gar nicht lange genug, um mit den Älteren um die Macht zu konkurrieren. Er nannte sie eine »Armee von Schachbauern«, die benutzt und geopfert wurden, denen aber nie und nimmer gestattet wurde, das Schachbrett ganz zu überqueren.
    Fiona wusste noch nicht einmal, auf welcher Seite des Schachbretts sie und Eliot eigentlich stehen sollten: auf der ihrer Mutter oder auf der ihres Vaters? Aber darum ging es bei ihren Prüfungen ja nicht. Oder doch? Sie fragte sich, ob hinter Onkel Aarons Schach-Zahlenrätsel mehr gesteckt hatte, als sie es sich zunächst hätte träumen lassen.
    Sie rieb sich die Augen und sah ihren Wecker aufblitzen. Halb neun Uhr abends. Die Zeit verging rasch, wenn man mittelalterliche Geschichten über Mord und Totschlag las.
    Ohne hinzusehen, griff sie nach der nächsten Praline. Ihre Hand tastete zwischen leeren Seidenförmchen umher

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