Gemischte Gefühle
erhofft …
Da lobe ich mir die Überschwemmung letztes Jahr in Zentralafrika. Der Dauerregen prasselte 63 Tage lang heru n ter und die Wassermassen, die sich durch das Hochtal wäl z ten, über dem wir unser Standquartier bezogen hatten, bes a ßen eine solche Wucht, daß sie selbst die riesigsten alten Baumknorren mit sich fortrissen. Damals drehte ich für die kanadische Gesellschaft TT-TV. Besonders begeistert war man in Ottawa von meinem Kurzbericht – ich möchte es eine Impression nennen – über das Knäblein, das versuchte, seinen vom Wasser hin weggeschwemmten Hund zu retten. Ich stand unmittelbar neben dem Buben, als er selbst abg e trieben wurde. Mit dem Zoom habe ich alle Details haa r scharf mitbekommen. Beinahe hätte ich dafür auch noch einen Preis erhalten; das sind eben Bilder, wie sie das Publ i kum sehen will.
Ich glaube, wir müssen weiter ins flache Land hinein, um genügend Stoff für unsere Berichte zu erhalten. Auch Terry ist nicht recht zufrieden; vorhin schimpfte er, das sei doch alles Routinequatsch. Unmittelbar vor der Hauptstadt sieht eben alles noch viel zu geordnet aus. Das hat mir auch Pierre Mireau bestätigt, den ich auf dem Rückweg vom Notau f nahmelager traf. Pierre ist noch einer von den Altmodischen. Er arbeitet immer noch mit der ARI, hat ein komplettes Team dabei, wie wir es seit Jahren nicht mehr kennen – und er arbeitet mit einem Reporter zusammen, dem es aber hier in Bangladesh zu blöd ist, mit vor Ort zu fahren. So hat P i erre freie Hand beim Drehen; getextet wird dann am Abend in der Hotelbar.
1. Juni
Mann, bin ich geschlaucht.
Gestern abend bin ich mit Pierre und Hajime in einer Bar der Altstadt versackt. Hajime hat mir ein paar Tips gegeben, wo für meine Feature-Story eventuell noch etwas an Bil d teppich zu holen ist. Ich habe zwar den Verdacht, daß er selbst dort schon fleißig abgegrast hat, aber ich denke, wir werden uns dennoch nicht ins Gehege kommen.
Als angenehme Überraschung stellte sich heraus, daß P i erre Mireau vor sieben Jahren ebenfalls in Saudi-Arabien war, als die amerikanische Eingreiftruppe die Ölquellen b e setzte. Komisch, daß wir uns damals nicht gesehen haben. Andere r seits herrschte dort damals ein solches Durcheina n der …
Saudi-Arabien war ein toller Job. Es war mein erster Ve r such als Freelancer. Ich hatte in der International Prop Oil einen potenten Geldgeber gefunden; die amerikanische Ö l firma wollte Bildmaterial für den hausinternen Gebrauch. Das hat sie auch bekommen, zur Genüge. Leider ist davon natürlich nie etwas über den Sender gegangen. Das gesamte Material liegt noch bei der Firma – was die daraus gemacht haben, ist mir unbekannt. Eigentlich schade, denn ich hatte zum Beispiel exklusiv, wie die Eingreiftruppe das Erdölm i nisterium „ gesäubert “ hat. Mann, war das ein Spektakel, die Jungs haben ganz schön gewütet. Starkes Material war das. Na ja , wenigstens hat die Ölgesellschaft gut bezahlt. Und weiterempfohlen hat sie mich auch. Seitdem bin ich gut im Geschäft und habe, glaube ich, inzwischen einen prima Ri e cher für zuschauerwirksame Bilder entwickelt. Das kommt einem bei einem Einsatz wie hier in Bangladesh, wo so gar nicht viel los ist, gut zustatten. Wo nichts ist, muß man halt was zaubern.
Heute sind Jose und ich weiter von Dakka ins Landesi n nere gefahren. Etwa fünfzig Kilometer, dann fanden wir, wonach wir suchten. Hier auf dem flachen Land ist die Not in der Tat schlimmer als dicht vor den Toren der Hauptstadt. Mein Feature nimmt immer mehr Gestalt an. Von den Kur z berichten habe ich bereits einige abgeschickt. Die 4-DX-Video bewährt sich wieder einmal, auch bei solchem Rout i nekram.
Die Erde ist hier knochentrocken und hat teilweise me h rere hundert Meter lange Risse. Wo man hintritt, wallt fei n pulvriger Staub auf. Den Regen vorletzte Nacht muß das Land wie ein Schwamm geschluckt haben. Ein Tropfen auf den heißen Stein. Durch meine Sauferei gestern abend, aber auch wegen des verteufelten Staubs überall, habe ich einen solchen Brand, daß ich schon fast eine ganze Flasche Bou r bon au s getrunken habe. Mein Kopf fühlt sich an wie ein watteg e füllter Ballon.
Die Menschen liegen hier auf den Straßen, auf den Fe l dern, in den Häusern, kurz überall herum und regen sich nicht mehr. Ausgemergelte Gestalten, denn flüssige und f e ste Nahrung fehlt. Was mir fehlt, ist „ action “ ! Ich traf einen UN-Beauftragten, der sich vor Ort ein Bild von der Kat
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