Gemma
gehörten
Achtung und Respekt nicht ebenso zu einer Ehe wie Liebe? Und wohin sollte es
führen, wenn sie ihn liebte und ihre Liebe unter seiner Missachtung immer
weiter erstarb, bis nichts mehr von ihr übrig war?
Nein, dachte Gemma entschlossen. Es wäre ihr unmöglich, eine
derartige Existenz zu führen. Eher noch würde sie Bryce freigeben, auch wenn
ihr das Herz endgültig und für alle Zeiten brechen würde.
Bryce humpelte von Tabby gestützt in sein Quartier. Sein erster Blick
fiel auf seine Frau, die über eine Seekarte gebeugt am Tisch stand.
Als wenn sie etwas davon verstünde!
Daniels hatte sie in den höchsten Tönen gepriesen,
und Bryce hatte sich zusammenreißen müssen, um nicht zu fragen, ob er so voll
des Lobes über ihre Navigationskünste war oder ob ihre wohlgeformte Kehrseite
irgendetwas damit zu tun hatte. War es denn keinem außer ihm aufgefallen, wie
schamlos sie sich zur Schau gestellt hatte? Jeder Mann mit Augen im Kopf konnte
ihre verführerischen Rundungen erahnen, die sich so aufreizend unter Hemd und
Hose abgezeichnet hatten. Waren denn alle blind geworden?
Es war Tabby, der ihn davon in Kenntnis gesetzt hatte, welches
Schicksal Jessup widerfahren war. Bryce fühlte, wie sein Herz schwer wurde bei
dem Verlust seines Freundes. Rawlins' Ableben hatte er mit einem Schulterzucken
zur Kenntnis genommen. Er wünschte niemanden vorzeitig in sein nasses Grab,
aber Rawlins war nicht der Typ Mann gewesen, dem er eine Träne hinterhergeweint
hätte.
Jessups Verlust hingegen hatte in Bryce' Innerem eine tiefe blutende
Wunde hinterlassen, schmerzender, als er es für möglich gehalten hätte.
Gemma sah nur kurz auf, als Bryce auf Tabby gestützt die Kajüte
betrat. Ein Gefühl der Freude durchzuckte sie, dass es ihm so gut ging, auch
wenn er müde aussah. Es war überhaupt erstaunlich, dass er an seinem ersten
Tag bereits mehr als wenige Minuten auf den Beinen war.
Tabby führte den Captain zur Koje. Bryce wollte protestieren,
musste aber einsehen, dass er mit seinen Kräften am Ende war. Tabby wollte ihm
gerade das Hemd ausziehen, als Gemma an seine Seite trat.
»Lass gut sein, Tabby. Ich mach das schon.« Sie schenkte ihm ein
kurzes Lächeln und Tabby trabte hinaus.
Bryce schnaubte. »So, plötzlich hast du wieder Zeit für mich.« Er
wusste selbst, dass er wie ein beleidigtes und quengeliges Kind klang. Falls
Gemma es bemerkte, so sagte sie nichts.
Sie zog ihm das Hemd über den Kopf und faltete es zusammen, bevor
sie Wasser in eine Schüssel goss und einen Lappen benetzte. Mit ruhigen,
gleichmäßigen Bewegungen wusch sie ihm Arme und Oberkörper. Das Gefühl ihrer
sanften Berührungen war himmlisch, und Bryce schloss genüsslich die Augen. Ihr
Duft umgab ihn wie ein feiner Nebel, und er sog tief die Luft ein.
Gemma sagte kein Wort, als sie den Lappen zur
Seite legte und ihre Hände zum Bund von Bryce' Hose glitten. Bryce' graue Augen
schnappten auf und starrten sie an. Er wandte seinen Blick nicht von ihrem
Gesicht ab, als sie seine Hose öffnete und über seine Hüften hinabschob. Sein
Verlangen nach ihr war unübersehbar und reckte sich ihr heiß und stolz
entgegen. Gemma schluckte. Wenn sie bisher noch Sorgen gequält hatten, ob Bryce
die Verletzung in jeder Hinsicht gut überstanden hatte, so waren ihre Bedenken
nun ohne Zweifel ausgeräumt.
Bryce ergriff ihre Hand und führte sie zu seinem steil aufgerichteten
Schaft. Gemmas Finger schlossen sich um ihn. Noch immer hielten Bryce' Augen
die ihren gefangen.
»Was ist das nur für ein Zauber, den du über mich gelegt hast?«,
flüsterte er heiß. »Wie kommt es nur, dass ich dich, auch wenn ich kaum laufen
kann, immer noch will?«
»Ich weiß es nicht«, wisperte Gemma ängstlich, den Bann zu
brechen. Heiß wallte das Verlangen in ihr auf, ihn in sich zu spüren, aber sie
wussten beide, es war noch zu früh.
»Bald«, flüsterte Bryce. »Bald wirst du
wieder mir gehören.«
Tabbys Schritte auf dem Gang ließen Gemma und Bryce schuldbewusst
auseinander fahren. Schnell half Gemma ihm, sich auf der Koje auszustrecken,
und breitete ein Laken über ihn, als Tabby bereits an die Tür klopfte und mit
dem Abendessen hereinkam. Das Mahl verlief in angespannter Stille. Beide
hingen ihren eigenen Gedanken nach.
In den nächsten Tagen erholte Bryce sich zusehends. Die
Schlafphasen, die er benötigte, wurden immer kürzer, und er verbrachte mehr und
mehr Zeit an Deck. Er hatte den Kurs, den Gemma errechnet hatte, einige Male
geprüft, aber
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