Gemma
inzwischen bin ich
mir da nicht mehr so sicher.«
»Hör sofort auf damit! Du weißt verdammt genau, was ich wissen
will. Um Himmels willen, Bryce, du hast geheiratet und hast es nicht einmal für
nötig gehalten, auch nur ein Wort zu sagen? Hast du den Verstand verloren?«
»Ich fürchte, das ist die Antwort auf deine dritte Frage«,
antwortete Bryce wenig beeindruckt von Jessups Ausbruch.
»Guter Gott, erzähl mir von ihr. Wie ist sie? Ist sie hübsch?
Liebst du sie? Gott, das muss ja Liebe auf den ersten Blick gewesen sein,
falls es so etwas überhaupt gibt. Warum hast du sie nicht mitgebracht? Warum
bist du denn nicht länger bei ihr geblieben? Wir waren doch gar nicht so sehr
in Eile ...«
»Ich werde die Ehe so bald wie möglich annullieren lassen«,
unterbrach Bryce ihn mit kalter Stimme.
Jess' Wortstrom versiegte abrupt. »Warum?«
»Ah, schon wieder warum? Gute Frage, aber ich bin sicher, dass du
nicht die ganzen schmutzigen Details hören möchtest, oder etwa doch?« Bryce
klang noch immer wie ein unbeteiligter Fremder, aber Jessup sah, dass es
hinter der kalten Maske der Gleichgültigkeit brodelte und dass Bryce jeden Augenblick
die Beherrschung verlieren konnte. Was war nur zwischen Bryce und seiner jungen Braut an einem einzigen Tag
geschehen? Die einzige Erklärung, die Jessup einfiel, war die, dass das Mädchen
ihn hintergangen hatte. Das war so ziemlich das Einzige, was Bryce Campbell
niemals tolerieren oder vergeben würde.
»Was ist passiert?«, fragte Jess ruhig.
»Wie ich schon sagte, du willst es nicht
wissen.«
»Glaubst du, ich würde fragen, wenn ich es nicht wissen wollte? Um
Himmels willen, Bryce, irgendetwas frisst an dir, seit wir an Bord gegangen
sind. Ich muss wissen, was es ist und ob es irgendeinen Einfluss auf deine
Befähigung hat, Entscheidungen zu treffen, denn dann hängt das Schicksal dieses
Schiffes davon ab. Und das geht mich etwas an. Also spuck's aus!«
Bryce versuchte, ihn niederzustarren, aber
Jess weigerte sich nachzugeben. Schließlich war es Bryce, der den Blick abwandte.
»Okay, du wolltest es hören. Als ich in der Nacht nach Hause kam,
war ich so erledigt, dass mich nichts mehr kümmerte. Ich trank noch einen
Scotch, kippte dann ins Bett und schlief sofort ein. Als ich aufwachte, hatte
ich eine wunderbare, warme und anschmiegsame Frau in meinen Armen. Sie fühlte
sich an wie Samt und Seide unter meinen Händen. Ich wollte sie so sehr wie nie
etwas zuvor in meinem Leben. Das war genau der Moment, in dem das Zimmermädchen
reinkam, schrie und rausrannte. Der Engel neben mir sprang auf, sah mich an,
als wäre ich der Teufel in Person.« Er lachte ohne echten Humor. »Vielleicht
bin ich das. Auf jeden Fall ging es wie ein Lauffeuer durchs Haus, dass man
Miss Gemma Edwards mit mir in einem Bett ertappt hatte.«
»Und wie kam sie in dein Bett?«
»Das habe ich mich auch gefragt. Um ehrlich zu
sein, ich weiß es nicht. Ich vermute inzwischen, es war ein abgekartetes
Spiel, aber das tut jetzt auch nichts zur Sache.« Bryce fuhr sich mit den
Fingern durchs Haar.
»Red
weiter«, forderte Jess ihn auf.
»Gemma war mehr, als ein Mann sich wünschen kann, zumindest
dachte ich das. Zwischen uns war nichts passiert, aber durch die Tatsache, dass sie die Nacht mit mir zusammen in
einem Bett verbracht hatte, war ihr guter Ruf natürlich dahin. Was sollte ich
tun? Es war auch keine große Hilfe, dass
ausgerechnet an dem Morgen mein Vater auftauchte, nachdem er gehört hatte, dass
ich wieder in London war.« Bryce schüttelte den Kopf bei der Erinnerung.
»Gemmas Tante, bei der sie lebte, ist ein echter Drachen. Sie
fluchte und spuckte beinahe Feuer, bis ich mich bereit erklärte, ihr Mündel zu heiraten. Nicht, dass ich
diese Ermutigung gebraucht hätte. Ich hatte nicht vor, Gemma bei dieser
Furie zu lassen. Vater wollte es mir ausreden und denkt wahrscheinlich immer noch, ich wollte ihn mit der Heirat nur ärgern.
Blödsinn!« Er goss sich ein Glas Scotch ein und blickte Jessup fragend an. Der
schüttelte verneinend den Kopf.
»Du
hättest sie sehen müssen, Jess. Rein wie ein Engel mit goldenem Haar und blauen
Augen. Sie stand nur da, niedergeschlagen und wunderschön. Verdammt, ich hatte
niemals zuvor das Verlangen, eine Frau in die Arme zu schließen und zu trösten,
aber da habe ich es getan.«
Jess beobachtete, wie Bryce' Züge weicher wurden, als er
gedankenversunken seine Braut beschrieb. Er wünschte, er hätte sie sehen
können. Sie musste etwas ganz
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