Gemma
Besonderes sein, um Bryce so den Kopf zu
verdrehen.
»Niemand fragte sie, wie sie zu der Sache stand, bis sie laut und
deutlich sagte: >Ich will ihn nicht heiraten.< Ich war wie versteinert bei
dem Gedanken, dass sie mir vielleicht niemals gehören würde. Ich musste sie
einfach haben. Godfroy sprach sich auch vehement gegen diese Heirat aus, und
jetzt weiß ich auch warum. Aber damals dachte ich nur, dass er mir dieses himmlische
Wesen als Frau nicht gönnte. Ich bestand darauf, sie zu heiraten, und da sie
erst neunzehn war, konnte sie nichts dagegen tun.« Bryce schloss gequält die
Augen.
»Gott, was war ich naiv. Sie und Godfroy müssen ganz genau
gewusst haben, was ich fühlte. Sie führten mich an der Nase herum, und ich
Idiot dachte nur an die folgende Nacht und an die Freuden, die ihr Körper mir
versprach.« Bryce faltete die Hände hinter dem Rücken und schritt in der
Kajüte auf und ab. Er schien Jessups Anwesenheit völlig vergessen zu haben.
»Es war am gleichen Nachmittag. Ich ging in
die Bibliothek, wohin sie sich zurückgezogen hatte, um sich ein wenig
auszuruhen, wie sie gesagt hatte. Aber sie war nicht allein. Ich fand sie in
Godfroys Armen. So wie es aussah, waren sie bereits seit geraumer Zeit ein
Liebespaar. Offensichtlich hatten die beiden alles genau geplant. Sein
Widerstand gegen meine Heirat mit ihr war nur vorgetäuscht, um meine
Entschlossenheit anzustacheln. Ich glaube, er kennt mich besser, als mir
bewusst war. Ihr zögerlicher Widerwillen ... Hervorragend gespielt, das muss
ich ihr lassen. Sie könnte wirklich auf der Bühne stehen. Ihre Darbietung als
schüchterne Jungfrau, die im selben Bett mit dem lüsternen Monster erwacht –
sie war wirklich brillant.« Bryce hatte seine rastlose Wanderung gestoppt und
fuhr sich wieder mit der Hand durchs Haar, ein deutliches Zeichen, wie
angespannt er war. Für den Bruchteil eines Augenblicks sah Jessup den Schmerz
in den Augen seines Freundes. Es war, als könnte er den Schmerz selber spüren.
Seit Jahren hatte er Bryce mit einer Menge Mädchen im
heiratsfähigen Alter bekannt gemacht. Nicht eine hatte es geschafft, Bryce'
Herz schneller schlagen zu lassen oder es gar zu erobern. Jetzt war es endlich
passiert – und das Mädchen hatte ihn nur benutzt. Warum hatte sie das getan?
Jess fürchtete, an seiner Wut zu ersticken.
»Ich bin noch am gleichen Nachmittag nach
London abgereist«, fuhr Bryce fort und nahm einen großen Schluck Scotch.
Jess sagte nichts. Er wusste nicht, was er sagen sollte, um den
Schmerz für Bryce erträglicher zu machen, und sein Freund wollte mit Sicherheit
nicht bedauert werden.
»Was wirst du tun?«, fragte er.
»Eine Annullierung beantragen. Das hätte ich bereits in London tun
sollen, aber ich war einfach noch nicht bereit, darüber nachzudenken. Wenn ich
es getan hätte, wäre ich möglicherweise nach Kenmore Manor zurückgefahren und
hätte sie mit bloßen Händen erwürgt.«
Jess nickte verständnisvoll. Dennoch erlaubte er sich einige
Zweifel.
»Wie kannst du so sicher sein, dass sie aus freien Stücken mit
Godfroy zusammen war?«, fragte er vorsichtig.
Bryce schwieg so lange, dass Jess schon fürchtete, er würde nicht
antworten, aber dann tat er es doch. »Ich weiß, was ich sah, Jess. Godfroy
küsste sie, und sie presste sich an ihn. Sie sah verdammt noch mal nicht so
aus, als würde sie zu irgendetwas gezwungen. Sie hätte schreien können, aber
sie tat es nicht. Als sie mich sah, hatte sie zumindest so viel Anstand,
beschämt auszusehen, falls das nicht auch wieder nur eine ihrer Darbietungen
war. Ich weiß es nicht. Ich weigerte mich, mit ihr zu sprechen, obwohl sie mir
die Situation erklären wollte. Was gab es da zu erklären? Godfroy grinste die
ganze Zeit wie eine Katze, die gerade den Kanarienvogel gefressen hat. Das
sagte mehr als tausend Worte.«
»Warum sollte Godfroy wollen, dass du heiratest? Falls du Kinder
hast, bekommt er Kenmore Manor und den Titel nie.«
»Aber wenn er mich mit einer Hure verkuppelt, die ich nicht einmal
mit der Kneifzange anfasse, sinken die Chancen für einen legitimen Erben auf
null, oder?« Bryce drehte sich zu Jess um und sah ihn an.
Jess pfiff durch die Zähne. »Verdammter
Hurensohn. De Plan ist nicht schlecht. Sie nimmt etwas, das die Empfängnis
verhindert, und du hättest nicht einmal eine Annullierung beantragen können.
Aller Wahrscheinlichkeit nach würdest du dich auch nicht scheiden lassen,
sondern sie in England lassen, wo sie als Godfroys Hure
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