G.E.N. Bloods 1 - Eisfeuer - Felsing, K: G.E.N. Bloods 1 - Eisfeuer
nicht sein, denn sie hatte keine Zwillingsschwester, die Hurst entführt und zu diesem Akt gezwungen haben könnte. Woher wusste er von dem Leberfleck?
Akt! Das Wort entlockte ihr ein dumpfes Grollen.
Wäre sie an Dix’ Stelle gewesen und hätte eine solche Entdeckung gemacht, sie hätte wahrscheinlich nicht anders reagiert. Würde er sich auf ein Gespräch einlassen und ihr die Möglichkeit geben, ihre Geschichte zu erzählen? Würde er den richtigen Schluss ziehen, dass Hurst hinter der Sache stecken musste und Kristy und sie sich in höchster Gefahr befanden? Falls nicht, wusste sie nicht, was sie tun sollte. Die Cops einschalten? Was half ihr das, solange sie keine Beweise hatte? Gegen wen oder was sollten sie vorgehen? Der gleiche Spießrutenlauf wie in New Orleans würde beginnen.
Jeff Hall. Könnte der Zeugenschützer ihr helfen und sie kurzfristig aus der Gefahrenzone bringen? Ihr neue Dokumente besorgen und die Chance eröffnen, noch einmal zu verschwinden? Es zerriss ihr das Herz, dass sie Dix in diesem Fall endgültig verlieren würde, wenn nicht schon alles zu spät war. Sie wäre bereit, diesen Weg zu gehen, schweren Herzens, aber sie würde es tun. Sie liebte Kristy wie ein eigenes Kind, nicht wie eine Schwester. Seit Kristys elftem Lebensjahr hatte sie die Kleine bemuttert und sie hatte in so vielem versagt. Wahrscheinlich wäre es das Beste, wenn sie keine weitere Sekunde verlöre und versuchte, Hall zu erreichen, aber sie mochte die winzigkleine Hoffnung nicht aufgeben, dass Dix ihr Glauben schenkte. Wenn er das täte, würde sie mit der Unterstützung der gesamten Truppe rechnen können und das schien ihr wesentlich sicherer, als sich ein weiteres Mal auf Jeff Hall zu verlassen. Er hatte Fehler gemacht. Zwar hatte er dafür gesorgt, dass das Geld sicher nach Kalifornien gelangte, aber übersehen, dass die riesige Summe Bargeld sie in Schwierigkeiten bringen würde. Er würde ihr auch nicht binnen einer Stunde helfen, sondern Tage brauchen, bis er ihr mit neuen Papieren einen Weg nach Irgendwo bereiten konnte. Natürlich könnte sie versuchen, sich bis dahin zu verstecken. Dennoch sagte ihr Verstand, dass sie bei Dix und seinen Leuten sicherer aufgehoben sein würde und ihr Herz unterstützte diese Ansicht nach Kräften. Sie musste zu ihm. So schnell wie möglich!
Ein gleichmäßiges Piepsen reißt Bradly aus seinen Gedanken. Sofort konzentriert er sich auf den blinkenden roten Punkt auf dem Monitor. Megans Fahrzeug hat sich in Bewegung gesetzt. Sie fährt Richtung Nordwest, biegt zweimal links ab und ordnet sich auf die I-10 West ein. Er ist sicher, ihr Ziel ist Santa Monica. Sie wird nicht nach Hause fahren, obwohl ihm das auch recht wäre. Sie folgt exakt der Strecke, die er auf dem Routenplaner vor sich sieht. Wahrscheinlich ist das der am besten beschilderte Weg. Außerdem kommt sie über die Stadtautobahnen am schnellsten voran. In knapp zwanzig Minuten wird sie auf den Cloverfield Boulevard abbiegen und eine Minute darauf das Fitnesscenter in der Colorado Avenue erreichen. Falls sie doch auf dem Highway weiter geradeaus fährt, ist ihr Haus das Ziel. Er wartet.
Zur Sicherheit ruft er die Webseite des SMS-Anbieters erneut auf. Er hat sich bereits vor Tagen angemeldet und mehrere Tests gestartet. Der Versand funktioniert tadellos. Man braucht sich nur mit einer E-Mail-Adresse anzumelden, persönliche Angaben sind nicht nötig. Das Guthaben kann man per Handy aufladen, auch mit einer Prepaidkarte, die er eigens zu diesem Zweck gekauft hat. Es ist leicht, vollkommen anonym zu bleiben. Er tippt einen Text in das Eingabeformular auf der Anbieterseite und gibt als Absenderkennung Dix’ Handynummer an, als Empfänger seine eigene. Dreizehn Minuten noch. Er startet den Testlauf und klickt auf Absenden. Drei Sekunden später weiß er erneut, dass es klappt. Er hat sich nur noch einmal vergewissern wollen und grinst, als er den Absender betrachtet. Sie wird darauf hereinfallen.
Die Minuten vergehen rasch. Es ist nicht wie in anderen Fällen, wenn die Zeit einfach nicht totzuschlagen ist. Wenn es nach ihm ginge, dürfte Megan ruhig in einen kleinen Stau geraten. Es gäbe seiner Vorfreude weitere Würze. Sie stoppt ihren Wagen in Fahrtrichtung auf der dem Fitnesscenter gegenüberliegenden Straßenseite. Er kennt die kleinen Parkbuchten rechts und links der vierspurigen Fahrbahn, hat selbst dort bereits einige Male gestanden. Sein Atem beschleunigt sich. Soll er noch ein paar Sekunden vergehen
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