Generalprobe Zeitballett
seltsam verzerrt wurde.
Wir gingen so schnell und unauffällig, wie wir es uns angewöhnt hatten. Der Weg über den Hof der Herberge hatte sich bewährt. Wir kamen auch diesmal ungesehen zu dem alten Eingangstor hinüber und durchschritten es, ohne die großen Flügel öffnen zu müssen. Es besaß ein kleines Mannluk.
Die Gasse war belebt. Hier gab es zahlreiche Schenken und orientalisch anmutende Basare, in denen die Angeworbenen mit Billigung der Marsianer Gerätschaften kaufen konnten, für die man in Whurola astronomische Preise hätte bezahlen müssen.
Wir reihten uns unauffällig zwischen angetrunkene Atlanter und Phoroser ein. Niemand achtete auf uns.
Meine hellen Haare und mein Gesicht waren unter einer Folienmaske der GWA-Biologen verborgen. Es war eine Maske für zeitlich begrenzte Einsätze. Das lebende Gewebe war nicht mit meinem Blutkreislauf verbunden, wurde demzufolge auch nicht mit Sauerstoff und Stoffwechselprodukten versorgt. Die Depotwirkung der eingelagerten Substanzen betrug knapp zehn Stunden. Dann würde die Kopffolie zerfallen und unangenehm zu duften beginnen.
Hannibal hatte sein markantes Gesicht ebenfalls verändert. Sein kleiner Körperwuchs fiel keineswegs auf, denn hier gab es viele Männer whurolanischer Abstammung. Sie waren alle nicht größer als der Zwerg.
Nur Naru Kenonewe hatte sich in keiner Weise verändert. Seine schwarze Haut war echt, und die typischen Narbenwülste hatten ihm unsere Wissenschaftler schon »zu Hause« auf die Stirn gezaubert.
Wir wären in dem Stadium des Einsatzes überhaupt nur noch bei einer positronischen Kontrolle zu entdecken gewesen. Unsere Identifizierungsmarken waren zwar ebenfalls oval und rötlich leuchtend, aber sie enthielten keine Gehirnschwingungsmuster.
Wir zwängten uns möglichst rasch zwischen den Menschenmassen hindurch, überquerten einen der drei Marktplätze und schritten unangefochten durch das südliche Turmtor hindurch.
Hier wurde es kritischer, denn an dem exponierten Durchgang zur alten Brücke standen immer mehrere Posten der Spionageabwehr.
Wir spielten die Angetrunkenen, stützten Hannibal und schwankten durch das Stadttor.
Als wir es verließen, erkannte ich Hedschenin. Er war soeben mit einem Bodengleiter angekommen und inspizierte seine Leute.
Ich wußte, weshalb er diesen Zeitpunkt gewählt hatte.
Als wir an ihm vorbeigingen, zeigte er ein unbeteiligtes Gesicht. Natürlich hatte er uns erkannt. Ob er jetzt an meine Warnung dachte? Ob er um 22 Uhr 48 dieses Tages vorsichtshalber seinen Schutzschirmprojektor einschalten würde? Ich hatte es ihm dringend geraten, denn wenn die Energieglocke über Trascathon zusammenbrach, mußte hier die Hölle ausbrechen.
Er machte keine Bemerkung und gab mir auch keinen Fingerzeig. Hedschenin war innerlich zutiefst aufgewühlt. Noch glaubte er mir nicht, aber der Stachel saß tief in seiner Seele. Was mußte ein Atlanter empfinden, dem ein Zeitreisender bedeutet hatte, zu einer gewissen Stunde äußerst vorsichtig zu sein?
Hannibal meldete sich mit einem telepathischen Impuls.
»Wenn er uns den erbetenen Polizeigleiter schickt, schlucke ich einen alten Besen. Falls die Berechnungen unserer Wissenschaftler wirklich stimmen, wird Hedschenin andere Dinge zu tun haben, als ein Fahrzeug mit automatischer Zielprogrammierung auf den Weg zu bringen. Der Angriff braucht sich nur um eine Stunde zu verzögern – und schon wird der Knabe unsicher.«
»Abwarten! Du sollst die Füße schleifenlassen, Zwerg. Warst du noch nie betrunken?«
»Ha! Ich kann mich nicht erinnern, werter
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