Generation A
Doinggg! Rumms! Bamm! Zingboing! Schluck! Blbbbtt!
Knall! Gonggg! Bumm! Zengdereng!
Der Text von Joyce ergab keinerlei Sinn, und andererseits ergab er doch wieder Sinn. Trevor begriff eine Eigenart der englischen Sprache, dass man nämlich, egal wie sehr man die Wortfolge verdreht, verstanden werden kann, wie Yoda. Andere Sprachen funktionieren nicht so. Französisch? Dieu! Stell nur ein einziges le oder la an die falsche Stelle und puff!, eine Idee ist atomisiert. Englisch ist flexibel:
Man kann es für eine Stunde in den Häcksler schmeißen, und wenn es wieder rauskommt, ergibt sich trotzdem eine Bedeutung.
Trevor hatte eine Idee, wie er Finnegans Wake noch weiter zerlegen konnte. Er ging auf die Zugtoilette und hielt den Absatz vor den Spiegel, dann drehte er das Buch auf den Kopf, immer noch diesen Absatz im Blick, und das Ganze verwandelte sich in optisches Gewirr, in einen verschlüsselten Code, in Pandschabi. Er entfaltete einen Zelllappen irgendwo in seinem Neokortex und tat so, als würde er eine vollkommen neue Sprache betrachten.
Dann ging er zurück in sein Abteil, setzte sich, kaufte einen Kaffee von einem vorbeikommenden Servierwagen und las den Absatz ein weiteres Mal. Er fragte sich, ob es seinem Gehirn möglich wäre, das Geschriebene ohne die Hilfe eines Spiegels und ohne ihn herumzudrehen in einen unverständlichen Brei zu verwandeln - auf die gleiche Weise etwa, wie der Name eines Menschen vollkommen seinen Sinn verlieren kann, wenn man ihn immer wieder ausspricht.
Er kniff die Augen zusammen, riss sie dann weit auf, und siehe da, noch vor Genua hatte er festgestellt, dass er Gedrucktes in unverständlichen Brei verwandeln konnte. Aus Buchstaben und Wörtern wurden Linien und Kleckse, und Trevor verspürte zum ersten Mal seit Jahren so etwas wie Frieden, ein Gefühl von - Augenblick mal!...
Heilige Scheiße! Während der ganzen Zeit, in der er sich mit seiner Übung beschäftigt hatte, hatte Trevor nicht ein einziges Mal ans Zocken denken müssen. Ja, gibt's denn so was? Sollte dieser merkwürdige Roman ein Heilmittel gegen das unaufhörliche Glücksspielgeraune in seinem Kopf sein? War so etwas tatsächlich möglich? Also schlug er erneut das Buch auf und las daraus lange Passagen, die er anschließend in seinem Kopf in Brei verwandelte, und er empfand nichts als Glückseligkeit, als der Zug in den Hauptbahnhof von Mailand einfuhr, wo er umsteigen musste.
Der Gang durch den Bahnhof war eine reine Freude. Er verspürte diesen kühlen, stillen, ultraklaren Frieden, den man gegen sieben Uhr abends empfindet, wenn man merkt, dass ein schwerer Kater hundertprozentig ausgestanden ist. Er musste noch fünfundvierzig Minuten totschlagen, daher ging er in eine Bar, bestellte sich einen recht teuren Rotwein und genoss die Stille in seinem Schädel. Erst die Lautsprecherdurchsage, die die Abfahrt seines Zuges nach Locarno ankündigte, riss ihn aus seinem Dösen. Er hastete zum Bahnsteig und schaffte es gerade noch in den Zug. Kaum hatte er sich hingesetzt, fiel ihm auf, dass er Finnegans Wake und sein Handy in der Bar hatte liegenlassen. Merde. Na ja, er konnte das Buch ja im Internet lesen, sobald er in Locarno war und irgendwo an einen Computer kam.
Doch während die Räder des Zugs ratterten, holte ihn seine Spielsucht wieder ein und war schlimmer denn je - es kam ihm vor, als bestrafe ihn sein Gehirn dafür, dass er Urlaub von sich selbst genommen hatte: Die Chancen, dass mehr als fünfzig Prozent der Leute im Wagen Handys benutzten: eins zu sieben; die Chancen, dass die nächste Frau, die in den Wagen kommt, gut aussieht: drei zu fünf Und so weiter und so weiter. In einer Plastiktasche neben seinem Sitz fand er eine Zeitschrift und versuchte sie zu lesen, aber es gelang ihm nicht - er wollte sein Finnegans Wake, verdammt noch mal. Er versuchte, sein Gehirn abzuschalten, indem er auf einen Bildschirm starrte, über den am unteren Bildrand Aktienkurse liefen, während sich ein dreiköpfiges Nachrichtenteam über Taifun Ling-Ling unterhielt. Die Chancen, dass Taifun Ling-Ling ein Wirbelsturm der Kategorie vier ist: drei zu fünf.
Sein Zug erreichte Locarno. Es war kalt und eine dünne Schneeschicht bedeckte den Boden.
Eins zu vier, dass der nächste Taxifahrer fett ist. Vier zu fünf, dass sie meine Lieblingssorte Schinken haben. Fifty-fifty, dass jemand Fickbares im Zeitfenster der nächsten Minute erscheint.
Er nahm ein Taxi zu seiner Gästewohnung und schloss sie auf.
Auf den
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