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Generation A

Generation A

Titel: Generation A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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brauchen Sie mich dann eigentlich noch hier?«
    »Weil Sie gestochen wurden, meine Liebe. Ich wurde nicht gestochen. Es wurde niemand sonst in Neuseeland gestochen. Sie schon. Also sagen Sie mir jetzt genau, was Sie während der letzten achtundvierzig Stunden gegessen oder sonst wie zu sich genommen haben.«
    Na schön. Ich ließ alle Vorsicht fahren und rasselte meine erbärmliche, semianorexische Liste herunter. Ich ging bis ins kleinste Detail, einschließlich der Information, wie oft ich die Zimtdose über meinem Kaffee geschüttelt hatte.
    Eine Frage haute mich echt um: »Haben Sie in letzter Zeit irgendwo Schorf aufgekratzt und ihn gegessen?«
    »Na schön, ich geb's zu, hab ich.«
    »Ihren eigenen, nehme ich doch an?«
    »Das bisschen, das ich an meinem Ellbogen hatte.« Ich zeigte ihr die fast verheilte Stelle. »Es wird mir langsam unheimlich, Louise.«
    »Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen.«
    Während wir uns von Süden dem Auckland Airport näherten, fühlte ich mich so unschuldig wie ein Ölteppich. Die Dürre dauerte schon seit Ewigkeiten. Die Stadt war braun, und ich hatte das Gefühl, den Geist zu verkörpern, der diesen Ort hatte sterben lassen.
    Ich hatte einen Luxusjet erwartet, doch unsere Maschine für die Reise war ein langweilig grauer Militärtransporter mit gerade mal sechs Fenstern, wo eigentlich vierzig hätten sein müssen - Maschinen wie diese können genauso gut Geheimnisse wie Antworten enthalten. Nachdem unser Hubschrauber gelandet war, gingen wir die zehn Schritte zu einer fahrbaren Aluminiumgangway, die ins Innere des Flugzeugs führte, in ein riesiges, hallendes Durcheinander so ähnlich wie im Van meines alten Freundes Gary, der im Bungee-Business war: verschrammte Metallwände, Seile, Haken und Säcke aus Segeltuch. Das Einzige, was fehlte, waren alte Fastfoodpackungen und Wichslappen. Am Boden waren ein paar Reihen verschlissener Sitze mit dem Logo der Alaska Airlines festgenietet.
    »Sie wissen ja, wie es heutzutage mit den Sparmaßnahmen ist«, meinte Louise, als sie meine Miene sah. »Aber Sie bekommen natürlich den sauberen Raum.«
    Sie führte mich zum Heck des Flugzeugs und öffnete die Tür zu einer kleinen Kabine mit Wänden aus Plexiglas.
    Sauber war es dort jedenfalls. Alles weiß in weiß mit einer Spezialmatratze, die einem auch bei Turbulenzen ruhigen Schlaf ermöglichte. »Wie lange dauert der Flug denn?«
    »Vierzehn Stunden. Sie können den Schutzanzug jetzt ausziehen.«
    »Tun Sie mir einen Gefallen, Louise? Können Sie mir irgendwas geben, damit die Zeit schneller rumgeht?«
    »Drogen?« Sie zog die Tür hinter uns zu. »Samantha, alles, was während der nächsten Monate in Ihren Körper rein- und wieder aus ihm rauskommt, wandert in Reagenzgläser und unters Elektronenmikroskop. Also keine Drogen heute, vor allem keine vom Ganja-Dealer ihres Vertrauens ...« Sie blätterte in ihren Unterlagen. »Ricky Ngau von der Imbissbude in der Ruahine Street. Übrigens, deren Fisch ist gar kein Fisch. Sondern Tofu.«
    »Warum, um alles in der Welt, müssen Sie mich so durchleuchten? Der Bienenstich war doch bloß Zufall!«
    Ich erntete einen tadelnden Blick. »Vielleicht war er Zufall - aber was, wenn Sie, sagen wir, mangels einer besseren Bezeichnung, auserwählt sind?«
    »Ich wurde auserwählt?«
    »Selektiert. Ausgesondert. Geortet.«
    »Das glaube ich kaum.«
    »Wir möchten kein Risiko eingehen. Bis auf Sie und Zack hat seit fünf Jahren niemand eine Biene gesichtet. «
    »Ist Zack immer noch in Quarantäne? «
    »Das ist er. «
    »In Atlanta?«
    »Nein. In North Carolina - der Ort nennt sich Research Triangle Park. Scheußlicher Name für eine Stadt, aber es lässt sich nicht ändern.«
    »Haben Sie seinen ... Clip gesehen?«
    Wer hatte das nicht? »Mehr als einmal.« Louise grinste. »Keine Frage, er hat es perfekt geschafft, ein historisches Ereignis, Comedy und Softporno zu vereinen. Ihr Bild geht mittlerweile auch schon um die Welt.«
    »Im Ernst?«
    »Nicht ganz so gewagt wie der junge Zack, aber diese Studentinnen dort haben Sie bei Ihrem Nickerchen gefilmt und danach Ihre Biene. Sie sind jetzt berühmt.«
    Ich fragte mich, was meine glaubensfernen Eltern sich bei alldem denken würden.
    Die Triebwerke begannen zu dröhnen, und die Maschine rollte Richtung Startbahn. Von vorne kam ein Mann, ein sehr amerikanisch aussehender Mann: ein knallharter, verbiesterter Leg-dich-nicht mit-mir-an- und Halt-dich-an-die-Regeln-Typ, von der Sorte, die einem

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