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Generation A

Generation A

Titel: Generation A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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erniedrigenden Plastikverschlag kam ich mir wie ein Hamster vor. »Ich heiße Julien«, brüllte ich.
    »Sean, Sean, Sean ...«, machte Serge. »Beruhigen Sie sich.«
    Die Frau, Celine, sagte: »Bitte verprügeln Sie uns nicht, Sean.
    Wir sind keine Paparazzi, die Sie fotografieren wollen.«
    »In Wirklichkeit«, meinte Serge, »sind wir sehr wohl hier, um dich zu fotografieren.« Er hielt die Militär-Pentax hoch, die dreihundert 2 -Gig-Fotos pro Sekunde schießen kann. »Zeig mal den Stachel.«
    »Wollen Sie ihn rausziehen?«
    »Gleich.«
    Celine hielt eine Schärfetafel, während Serge die Nahaufnahme machte. Dutzende von Polizei- und Feuerwehrsirenen heulten außerhalb unseres vulgären, protzigen, imperialistischen Winnebagos. Dem Krach nach zu urteilen schienen sie den ganzen Bois de Vincennes abzuriegeln. Ich fragte mein Comedy-Pärchen danach.
    »Den Park?«, meinte Serge. »Die riegeln das komplette Arrondissement ab. Der ganze Verkehr nördlich der Seine bis zur Peripherique ist gestoppt worden. Jeder Baum, jeder Strauch, jeder Blumenstrauß und jedes Gebäude wird verhüllt und/oder untersucht. Sie wollen unbedingt den Bienenstock finden.«
    »Und, werden sie das?«
    »Ich hoffe es.«
    »Was für eine Art Wissenschaftler sind Sie eigentlich?« Er knirschte für eine milliardstel Sekunde wütend mit den Zähnen, dann meinte er: »Der typische Heranwachsende - so selbstbezogen, dass es eine halbe Stunde dauert, ehe er auch nur fragt. Sean, haben sie auch dir dein ganzes Leben lang erzählt, du wärst was Besonderes? Ist alles, was du tust, einfach wunderbar?«
    »Das ist ätzend«, sagte ich.
    »Ah. Einen wunden Punkt getroffen, was?«
    »Hör doch auf, ihn zu ärgern, Serge.« Celine sah mich an. »Serge ist Spezialist auf dem Gebiet der ... Proteine.«
    »Ach ja?« Ich hatte nicht viel Ahnung von Proteinen. »Ich hab mal so ein Schaubild von einem Hämoglobinmolekül gesehen, total verschachtelt und voller Windungen und Überraschungen. Falls ich mal ein Videospiel entwerfe, war das keine schlechte Vorlage für ein Höhlensystem.«
    »Gesprochen wie ein Mann, der noch bei seinen Eltern lebt«, sagte Serge.
    In der Plexiglaswand der Kabine befanden sich zwei Löcher, die mit Handschuhen versehen waren, wie in einer tschetschenischen Atommüllwiederaufbereitungsanlage oder so. Serge steckte seine Hände rein, öffnete mit einer Präzision, die eines Cirque du Soleil würdig gewesen wäre, zwei klitzekleine Klappen, nahm meine Hand und zupfte den Stachel heraus. Er legte ihn in eine Pillendose. »Jetzt brauchen wir ein bisschen Blut.«
    »Blut?«
    »Genau, Blut.«
    Vor Blut hab ich einen Horror. Das ist einer der vielen Gründe, weshalb ich die reale Welt ablehne. »Wie viel?«
    »Einen Eimer voll«, sagte Serge. »Wie in Carrie.«
    »Hör auf, Serge!« Celine guckte mich an. »Einen Liter.«
    »He! Ich bin ziemlich dünn. Ein Liter ist für mich eine ganze Menge.«
    »Wir müssen es jetzt abnehmen, um Vergleichswerte zu haben«, erklärte Celine.
    Ich guckte weg, als sie mir die Nadel reinsteckten, machte aber dann den Fehler, den fast vollen Plastikbeutel anzusehen, und mit der rotbraunen Farbe sah es so ... dickflüssig aus. Ich zuckte, die Nadel flutschte raus, und Blut spritzte durch meinen kleinen Raum.
    »Na wunderbar«, sagte Serge angenervt. Er drehte irgendein Ventil auf, und das Nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass ich an einem weit, weit entfernten Ort wieder aufwachte.

DIANA
    Als ich an diesem etwas frischen Nachmittag in Ontario gestochen wurde, reagierte ich genauso, wie ich reagiert hätte, bevor die Bienen ausgestorben waren. »Kackepissearschfickscheiße, aua, das tut scheißweh, du Scheißvieh!« Ich klatschte mir auf den Arm, und die Biene fiel zu Boden. Mitch, Erik und seine Frau starrten mich an, als würde ich blutige Tränen weinen. »Ihr beschissenen Scheißwichser, glotzt nicht so!« Selbst Kayla, die geschlagene Hündin, sah aus, als sei sie von meiner Wortwahl schockiert. »Tut bloß nicht so scheinheilig, ihr armseligen, verlogenen Arschkriecher. «
    Erik erklärte Mitch: »Sie hat Tourette.«
    Da begriff ich, was mir passiert war. Ich bückte mich und hob das Insekt auf. »Oh mein Gott, es ist eine Biene.« Die andern drei kamen näher. Mitch ließ seine Dachlatte sinken und sagte: »Die gehört mir. Die Biene gehört mir. Wir sind auf meinem Grundstück.«
    »Nein, stimmt nicht. Sie war in der Luft«, erklärte Erik. »In diesem Staat gehören einem zwar die

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