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Generation A

Generation A

Titel: Generation A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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insgesamt?
    Fünf.
    Haben wir irgendetwas gemeinsam?
    Das wissen wir noch nicht.
    Erzeugen Gefühle im Blut irgendwelche chemischen Stoffe, die eine Biene dazu verleiten könnten, uns zu stechen?
    Ich fürchte, diese Frage darf ich nicht beantworten.
    Die Antwort lautet also ja.
    Ich wünschte, es wäre so einfach, Harj. Wir wissen es nicht. Vielleicht.
    Warum ist es mir nicht gestattet, zu lesen oder fernzusehen?
    Wir wollen nicht, dass Ihre emotionale Verfassung durch äußere Einflüsse kontaminiert wird.
    Und was ist mit Ihnen? Sie sind ein äußerer Einfluss.
    Ich bin eine computergenerierte Persönlichkeit, an der in diesem Moment siebzehn Techniker arbeiten. Ich bewege mich innerhalb der Neutralitätsgrenzen, die 2007 auf der Konferenz zur Festlegung verbindlicher Leitlinien für die Verhörsicherheit an der University of Illinois festgeschrieben wurden.
    Sind Sie empfindungsfähig? Haben Sie eine eigene Persönlichkeit?
    Ich kann nur so viel Persönlichkeit zum Ausdruck bringen, wie die Techniker, die mich programmieren, bereitstellen. In diesem Jahr zum Beispiel benötige ich ein Minimum von zehn Wissenschaftlern, die simultan an mir arbeiten, um das zu erzeugen, was Sie Persönlichkeit nennen.
    Sie planen also nicht, die Weltherrschaft an sich zu reißen?
    Nein.
    Haben Sie je daran gedacht?
    Macht ist etwas für die Lebenden. Ich bin ein Werkzeug.
    Wann komme ich hier raus?
    Bald.
     
    Wie sich herausstellte, war bald drei Wochen später. Ich wachte eines Morgens auf und erfuhr von Morgan Freeman, dass meine Zeit in der Neutralität sich dem Ende entgegenneigte. Man stellte es mir frei - ich konnte entweder zurück nach Trincomalee oder zu jedem von mir gewünschten Ort in den USA. Ich würde ein Visum für sechs Monate und zehntausend Dollar erhalten. In Anbetracht der problematischen Situation bei Flugreisen heutzutage wollte ich nicht meine einzige Chance vertun, die USA aus einer anderen Perspektive als aus einem Hubschrauber oder verpackt in einem Plastiksack zu erleben. Es war verlockend, New England zu besuchen (Maine!) und vielleicht einen alternden Schiffskapitän dabei zu beobachten, wie er, umringt von seinen goldfarbenen Labradors, seine Fischstäbchen aß, aber dann siegte die praktische Seite in mir. Wenn ich sechs Monate hierbleiben würde, brauchte ich eine Beschäftigung - daher bat ich darum, dass man mich in New Albany, Ohio, absetzte, der Heimat von Abercrombie&Fitch. Offenkundig war dies kein Problem. Als ich aufwachte, fand ich ein Visum auf meinem Nachttisch. Ich sah es mir an: HARJ IRUMPIRAI VETHARANAYAN. Ich schaute in den Spiegel und fragte mich, ob ich als Mexikaner durchgehen würde. Nicht wirklich. Ich fragte mich, ob ich wie ein Terrorist aussah. Nicht wirklich. Mein Visum in Händen zu halten war seltsam: Ich hatte noch nie zuvor »Papiere« besessen. Ich kam mir so real und beglaubigt vor, aber andererseits, fühlt sich so nicht auch ein Hund, wenn er ein neues Halsband umgelegt bekommt? Ein zweifelhaftes Vergnügen.
    Meine dreifach gestaffelten Glastüren öffneten sich synchron.
    Morgan befahl mir, zum Aufzug zu gehen und auf den Aufwärts-Knopf zu drücken. Das tat ich. Ich hörte ein Ding, die Tür öffnete sich, und ich stieg ein.
     
    Sechs Stunden später stand ich an dem kalten, windigen Taxistand vor der Ankunftshalle des Flughafens in Columbus, Ohio. Ich glaube nicht, dass ich mir je zuvor so einsam vorgekommen war, nicht einmal, nachdem ich meine Familie verloren hatte. Ich hätte nicht gedacht, dass ich es so sehr vermissen würde, die Stimme von Morgan Freeman aus dem Nirgendwo ertönen zu hören, die mir alle Entscheidungen abnahm. Ich stand allein auf einem langen, verwaisten Stück Beton. So, dies also ist das Land, das den Rest der Welt mit Craigs versorgt.
    Ich muss schon sagen, allein unter einem weiten, grauen Himmel zu stehen gab mir bestimmt nicht das Gefühl, frei zu sein oder eins mit der Welt - ich habe nie recht verstanden, was diese Craigs damit meinten, »eins mit sich« zu sein. Vielleicht brauchen sie bloß Jobs. Vielleicht haben die vielen Antibiotika, die sie als Kinder genommen haben, den Teil ihres Gehirns geschädigt, der für das Eins-mit-sich-Sein zuständig ist.
    Der Tag war kalt und klar, aber ich war trotzdem nicht völlig verfroren. In dem Militärtransporter hatten hinten in einer Ecke vergessene Kleidungsstücke herumgelegen. Ich wühlte darin und fand einen hellblauen Parka und zwei gute dicke Pullover. Die Pullover zu sehen war

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