Generation A
zutiefst unzulänglich.
SAMANTHA
Stinkfaul.
Aber letztlich war es einfacher, Finbar anzurufen, als irgendeinen meiner sogenannten Freunde. Ich war an dem Punkt im Leben einer Singlefrau angelangt, an dem die Freunde sich in Luft auflösen. Finbar hingegen hatte schon drei Essen geplant und eine breite Palette an Toilettenartikeln für mich herausgesucht, bevor ich mein Asylgesuch überhaupt ausgesprochen hatte.
Mein Vater und ich schlichen uns an einem Trio Fotografen vorbei, das vor dem Haus meiner Eltern kampierte, und gelangten unbemerkt zu Finbars Haus in Hokowitu. Als wir in seinen Carport fuhren, sah ich auf seinem Toyota ein Fischemblem aus Chrom. Ich hatte das Gefühl, in einem endlos wiederkehrenden Traum zu versinken. Das war Fisch Nummer sechs - eine Cloisonne-Arbeit mit den Worten »sole amandine« darin.
Finbar sperrte die Tür weit auf. »Komm herein und fühl dich ganz wie zu Hause. Ich hab gerade erfahren, dass am Awapuni Racecourse ein paar Granny Smith verkauft werden. Ich habe seit zwei Jahren keinen Apfelkuchen mehr gegessen. Du bist meine Glücksbringerin.« Er warf mir eine Kusshand zu und war weg, und ich betrat eine Schöner-wohnen-Fotostrecke von Haus, die mich erschaudern ließ, als ich an meine schäbigen Habseligkeiten denken musste, die derzeit in diesem schicken Lagerhaus in Cioverlea schlummerten. Sein Kühlschrank war voller Köstlichkeiten, viele davon handbestäubt - ein paar eingemachte Birnen beeindruckten mich immens -, und auf der Arbeitsplatte stand eine Schale mit gerösteten Mandeln. Im Gegensatz zu meinen Eltern, die praktisch ausschließlich von Hühnchen und Kartoffeln lebten, hatte Finbar offenbar Schwarzmarktkontakte.
Zwei Stunden später kehrte er mit fünf Granny Smith zurück, von denen drei missgebildet und alle von Vogelschnäbeln in Mitleidenschaft gezogen waren. »Wir müssen wohl von Kuchen auf Strudel runterstufen, aber der wird sehr lecker«, erklärte er. Er holte eine Flasche Wodka aus dem Eisfach. »Zeit für ein paar Martinis, und auch Zeit, dass du mir einfach alles erzählst, während ich ein Festessen zaubere. Es kommen vier Gäste zum Dinner, und du wirst sie alle lieben. Nimm dir einen Drink, dann bezechen wir uns!«
Sollte mir recht sein.
Bald waren wir von den Cocktails angeschickert, und wir machten einen tollen Strudel, der wie eine exotische Blume duftete. Als er im Ofen war, führte Finbar mich nach oben in ein wunderbares Gästezimmer mit eigenem Bad und Blick auf einen Bambushain im Garten. Ja, das war mal ein Zimmer, in dem ich vier Wochen hätte verbringen wollen.
Ich wusch mir Gesicht und Hände, machte ein Nickerchen, um die Martinis wegzuschlafen, und wurde von Finbar geweckt, der sagte: »T minus eine Stunde. Und ich könnte mir denken, du würdest gerne mit Zack sprechen, deswegen habe ich ein paar Beziehungen spielen lassen und seine E-Mail-Adresse rausgekriegt.«
»Du hast was?«
»Bekenne mich schuldig. Und mach dir keine Gedanken wegen deiner Haare. Sylvie kann sie dir vor dem Essen noch in Form bringen.«
Ich betrachtete mich im Spiegel und kam mir vor wie ein verstörter, aufgedunsener Wookie. »Ach, kann sie?«
Er ignorierte meinen Tonfall. »Ja, kann sie. Ich hab für Gäste in der Küche einen Mac stehen. Sag Mister Zack mal hallo.«
Ich ging hinunter in die Küche, setzte mich vor den Computer und eröffnete schnell einen neuen KMail-Account. Was sollte ich Zack schreiben? Ich war immer noch ein bisschen betrunken.
Hi Zack. Hier ist Sam(antha) aus Neuseeland.
Und mit diesen paar Wörtern versank ich in einem Traum. Ich schloss meine Augen, kniff sie zusammen und sah leuchtende geometrische Muster vor mir. Dann machte ich die Augen wieder auf und erinnerte mich an eine Erscheinung, von der ich mal in einem Buch gelesen hatte: Zwei Marineangehörige schworen 1947, dass sie am Horizont in Moorea eine schwarze Sonne hatten aufgehen sehen. Und ich dachte über Sonnenaufgänge nach und dass das Tolle an ihnen ist, dass man, egal wie viele man schon gesehen hat, immer denkt, dieser spezielle Sonnenaufgang sei nur für einen selbst und niemand anderen bestimmt.
In meinem Kopf sah ich Bilder von den schweren Missernten der letzten Jahre, von der Furcht, die jedermann hegte, vor Nahrungsmittelknappheit und vor dem, was passieren würde, wenn die Befruchtungskrise sich noch verschärfte.
Und dann sah ich Bilder von Zack - das Bild aus seinem Highschool-Jahrbuch, das ich am Tag vor meinem Stich im Internet gefunden
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