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Generation A

Generation A

Titel: Generation A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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zu überzeugen, dass ihr Leben eine Geschichte ist, dass der eigentliche Geschichten produzierende Teil des Gehirns sich verhärtet und abstirbt. Die Menschen vergessen, dass es andere Wege gibt, die Welt zu ordnen. Aber jetzt bist du dran, eine Geschichte zu erzählen.«
    Plötzlich traf mich ein Anfall von Jetlag, dass es klatschte - ein veraltetes Leiden, wie Wassersucht, Krupp oder Lepra. Wann hat man das letzte Mal von einem mit Jetlag gehört?
    Ich brauchte eine Minute, um mich zu sammeln - welche Geschichte konnte man erzählen? Fuck. Ich griff zu meinem PDA und suchte unter dem Stichwort »Storytelling« nach Ideen.
    Währenddessen floss der Wein, und Harj erzählte uns von den Craigs. Ich erkaufte mir ein bisschen Aufschub, indem ich allen von der Explosion im CERN erzählte, und Sam sprach über ihr Erd-Sandwich. Danach erzählte uns Diana von ihrem bösen Nachbarn, Mitch - da wurde es schon spät -, und schließlich begann Zack, uns seine Theorien über Mais auseinanderzusetzen.
    Und dann sagte Serge, es sei jetzt wirklich Zeit, dass ich meine Geschichte erzähle.
    Nique ta mere!
    »Na wenn's unbedingt sein muss ...«
     

COFFINSHARK DER UNERFREULICHE TRIFFT AUF DAS STADIUM DER QUAL
von Julien Picard
     
    Alles starrte mich an.
    Ich sagte: »Das war natürlich nur ein Witz! Ich nenne meine Story auf keinen Fall ›Coffinshark der Unerfreuliche trifft auf das Stadium der Qual‹ ... Aber ich habe mit Hilfe der unzähligen Plotund Figurengeneratoren im Internet Millionen von Storytiteln generiert.«
    Ich hielt meinen Handheld hoch, damit sie das hell leuchtende Aqua des Displays sehen konnten.
    »Alle Genres, alle Kulturebenen, Hochkultur, Verblödungskultur, marxistisch oder bürgerlich. Ich hab hier nur eine von den zweitausendfünfhundert online generierten Vampirpersönlichkeiten.
    »›Charakter Nr. 2428: Dieser frevlerische Vampir hat schmale Augen wie schwarze Kohle. Sein dichtes, glattes braunes Haar trägt er auf eine Art, die an ein Schleifenband erinnert. Er hat einen Bart und eine elegante Statur. Seine Haut ist vollkommen transparent, und das Blut, das in ihm strömt, scheint zu leuchten. Er hat eine kleine Nase und ein rechteckiges Kinn. Er kann sich in einen Jaguar verwandeln und hat wenige vampirische Behinderungen. Er lebt von Blut, verträgt aber auch normales Essen. Er frisst nicht durch den Mund, sondern durch eine lange Zunge mit aalähnlicher Spitze.«‹
    Sam sagte: »Das ist so was wie der kulturelle Untergang, oder?
    Der Tod der Bücher. Der Tod des Helden als Einzelperson. Der Tod des Einzelwesens und Punkt.«
    Ich ließ meinen Handheld herumgehen und scrollte durch die Plots und Namen und Gegenden, die das Netz in die Fenster meines Minicomputers ausspie.
    Sam sagte: »Ich werde seekrank, wenn ich diese ganzen vorgekauten Geschichten sehe.«
    »Es stecken ja nicht mal Ideen dahinter«, meinte Diana. »Sie erinnern mich an diese kitschigen Klecksbilder, die auf dem Rummelplatz verkauft werden.«
    Serge sagte: »Du kannst dich nicht aus der Affäre ziehen, Julien.
    Du musst immer noch deine Geschichte erzählen.«
    Ich fühlte mich durch den allgemeinen Zorn auf die moderne Welt gestärkt. Ich sagte: »Okay, hier kommt meine richtige Geschichte. Ich scheiße auf euch Plotgeneratoren.«
     

FURCHT VOR FENSTERN
von Julien Picard
     
    Kimberly Kellogs war ein gesund ernährtes zwölfjähriges Mädchen aus der oberen Mittelschicht, das in einem guten Vorort einer guten amerikanischen Stadt lebte. Ihre Eltern waren heilfroh, dass sie sich bis jetzt noch nicht in einen patzigen, klauenden, bulimischen und komasaufenden Albtraum verwandelt hatte wie all die anderen Mädchen in der Nachbarschaft. Sie schätzten sich glücklich.
    Eines Abends sah sich Kimberly mit ihren Eltern einen Horrorfilm an, in dem Aliens aus dem Weltraum in amerikanische Vorstädte einfielen. Der Film war im Cinema-Verite-Stil gedreht, und die naturalistische, nervenaufpeitschende Kameraarbeit ließ die Alltagswelt knisternder und realer erscheinen, bereit, jederzeit zu explodieren wie ein schwarzer Nylonrucksack auf einem überfüllten Bahnhof.
    Etwa in der Mitte des Films kam eine Szene, in der eine Familie bei sich zu Hause gezeigt wurde. Sie hörten komische Geräusche, also gingen sie von Fenster zu Fenster und versuchten zu erkennen, woher das Geräusch kam. Als sich nichts zeigte, blieben sie für einen Moment am Wohnzimmerfenster stehen, um ihren Vorgarten zu bewundern. Plötzlich sprang ein großes, gemeines

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