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Generation A

Generation A

Titel: Generation A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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durchsetzenden PDAs in einem grundlegenderen Sinne das Ende der Sprache selbst an, die nun zu einem optischen Schrottplatz von Slashmarks, diakritischen Zeichen und sinnlos dazwischengestreuten numerischen Einsprengseln implodierte.
    Eines Morgens war Karen in der U-Bahn unterwegs zur Arbeit und irgendwie komisch drauf, weil sie sich tatsächlich in Bartholomew zu verlieben begann. Obwohl sie wusste, dass es nicht unbedingt das Klügste war, schickte sie Bartholomew eine sehr schlüpfrige SMS:
     
    W3I\II\I i(l-l gl3i(l-l im BürO bil\l, I4ss ul\ls wild3l\l S3x4uf d3il\l3r Ri3 s3l\ls4mmlul\lg g3lb3r K4l\lzl3ib0g3l\lblö(k3 h4b3l\l. Spi7z s(l-IOI\l m4l d3il\l3l\l BI3is7if7, Big BOy.
     
    Bartholomew las das und dachte: »Oh mein Gott, die Sprache ist zu einer Aneinanderreihung von Wunschnummernschildern verkommen! Da mache ich nicht mit! Ich kann es einfach nicht!« Also hatte er für Karen, als sie auftauchte, nicht sein gewohntes Lächeln bereit.
    Karen war am Boden zerstört. Sie schickte ihm eine richtige E-Mail in einwandfreiem Englisch, in der stand:
     
    Lieber Bartholomew,
    ich habe Dir vorhin aus der U-Bahn eine ziemlich blöde Mail geschickt.
    Ich glaube, ich habe damit die »Grenzen des guten Geschmacks« übertreten, aber es sollte nur ein Scherz sein, und ich hoffe, Du denkst jetzt nicht schlecht von mir. Karen.
     
    Das Problem ist, dass Bartholomew auch diese E-Mail ignorierte, denn er war verrückt, und das Problem mit verrückten Menschen ist, dass sie wirklich verrückt sind. Man kann mit ihnen durchaus eine Weile gut auskommen und beginnt, anderen zu beteuern: »Soundso ist überhaupt nicht verrückt«, doch dann legt Soundso plötzlich sein Irrsinnsverhalten an den Tag, und man sagt sich: »Hoppla!«, und geht auf Distanz - die Leute hatten recht: Der Typ ist wirklich irre.
    Ihre Chefin Lydia sah Karen in der Kantine Trübsal blasen und sagte: »Süße, manchmal denke ich, es wäre höflicher, rund um die Uhr verrückt zu sein, dann verliebt sich wenigstens keiner in einen, und keiner kann irgendwas vermasseln.“
    »Aber ich liebe ihn.«
    »Aber ja doch, Herzchen. Gib mir mal die Diätsüße.«
    Als Karen die Kantine verließ, sagte Lydia zu ihren Kolleginnen:
    »Anscheinend verlieben sich die Leute immer in dieser magischen Phase, bevor einer von beiden das ganz persönliche Irrsinnsverhalten des anderen mitbekommen hat. Arme Karen.«
    Karens gebrochenes Herz heilte wieder, und keine zwei Jahre später war sie mit einem Mann verlobt, der Skulpturen aus Schuhkartons machte und damit zum Burning-Man-Festival in der Wüste von Nevada fuhr. Das Leben ging weiter. Bartholomew wurde älter und verrückter. Die Menschen hatten schließlich gar keine Festnetztelefone mehr. Alle benutzten PDAs, selbst hungernde Menschen in hungernden Ländern. Sämtliche Sprachen der Welt zerfielen und verkümmerten, und Bartholomews Untergangsszenario wurde Realität - die Sprache starb. Die Menschen begannen zu sprechen, wie sie ihre Textnachrichten schrieben, und noch bevor Bartholomew fünfzig wurde, war die Sprache wieder auf dem gleichen Niveau wie damals, als man auf dem Baumstamm am Lagerfeuer saß. Bartholomew fragte sich, warum er überhaupt noch zur Arbeit kam. Niemand legte mehr den geringsten Wert auf das, was er tat, aber er folgte dem Familienmotto der Glogs: »Irgendwer muss ja das Niveau wahren.«
    Dann kam eines Tages Karen in Begleitung ihrer Tochter, mittlerweile ein Teenager, an Bartholomews Büro vorbei. Seine Tür stand offen, und er konnte hören, wie sie sich unterhielten - beide klangen wie der tasmanische Teufel aus Bugs Bunny. Sie blieben stehen und sprachen Bartholomew an: »Buuuga-buuga-uuga-uug?«
    Sie fragten ihn, ob er mit ihnen zum Lunch gehen wolle, aber er verstand kein Wort. Er schüttelte verständnislos den Kopf. Die Redaktionsräume leerten sich. Die Mittagspause verstrich, aber keiner der Angestellten kam zurück. Bartholomew fand das eigenartig. Er verließ sein Büro und ging auf seiner Etage nachsehen. Niemand da.
    Hram. Er ging nach unten in die Lobby, aber weder dort noch auf der Straße war jemand zu sehen. Er lief durch die ganze Stadt, doch überall begegnete ihm nur Stille. Er schaute auf die Fernsehbildschirme an öffentlichen Plätzen: Sie zeigten die leeren Stühle des Nachrichtenteams vom dritten Programm, verwaiste Fußballfelder, Verkehrsüberwachungskameras, die auf leere Straßen blickten.
    Also ging er zurück ins Büro und ließ sich die Situation durch den Kopf

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