Generation P
und darüber einen Soldatengürtel, in dem eine ganze Batterie Kommunikationstechnik geparkt war: Handy, Pager, Zippo-Feuerzeug im Lederetui und eine Schusterahle im schlanken schwarzen Futteral.
»Maljuta! Was machst du denn hier?«
Maljuta zeigte sich gar nicht überrascht.
»Ich schreibe der ganzen Kamarilla hier die Menüvorschläge«, gab er zur Antwort. »Rustikale russische Hausmannskost. Eingebrockte Kernkraftbrühe, Falscher Kaukasier mit Schwarzwurzelfüllung – noch nie was davon gehört? Meine Bestseller. Außerdem sitze ich auf halber Stelle in der Oralverdrängung. Und du bäckst Kompromat?«
Tatarski sagte nichts dazu.
»Ihr kennt euch?« fragte Morkowin amüsiert. »Ah, die gute alte Chanin-Connection. Dann wird‘s ja mit der Zusammenarbeit keine Probleme geben.«
»Ich arbeite lieber mit mir selber zusammen«, beschied Maljuta cool. »Was gibt‘s zu tun?«
»Asadowski hat gebeten, daß du letzte Hand an ein Produkt anlegst. Beresowski und Radujew. Radujew soll so bleiben und Beresowski mehr Pfeffer kriegen. Ich ruf dich gegen Abend noch mal an wegen einiger Details. Würdest du das für uns machen?«
»Beresowski? Mehr Pfeffer? Kein Problem. Wann braucht ihr‘s?«
»Gestern, wie üblich.«
»Und wo ist die Vorlage?«
Morkowin blickte Tatarski an. Der zuckte mit den Schultern und reichte Maljuta den Hefter mit der Reinschrift des Treatments.
»Willst du nicht noch mit dem Autor reden?« fragte Morkowin. »Damit er dich ein bißchen einführt?«
»Ich kann selber lesen. Morgen um zehn ist es fertig.«
»Okay. Mußt du wissen.«
Als Maljuta gegangen war, sagte Morkowin:
»Der hat dich ja nicht gerade ins Herz geschlossen.«
»Beruht auf Gegenseitigkeit«, sagte Tatarski. »Wir hatten mal eine geopolitische Auseinandersetzung. Aber wer tauscht denn jetzt diese Chips aus? Die Fernsehbohrtürme, meine ich?«
»Ach, Mist, das habe ich vergessen. Gut, daß du mich erinnerst, muß ich ihm heute abend verklickern. Es wäre übrigens besser, wenn du dich mit ihm verträgst. Du kennst ja unsere Malaise von wegen der Taktfrequenz. Einen 3-D-General hat Leonid ihm fest zugesagt, Makaschow ist gesetzt. Zur Programmbelebung, angeblich. Maljuta ist ein Kader mit Perspektive, wie es so schön heißt, und was der Markt uns morgen diktiert, weiß keiner. Vielleicht löst er mich eines Tages als Abteilungsleiter ab, und dann. . .«
Morkowin kam mit seiner düsteren Vision nicht zu Ende. Die Tür sprang auf, Asadowski stürmte herein, hinter ihm zwei Wachleute mit Skorpion über der Schulter. Asadowskis Gesicht war bleich vor Zorn, die Finger ballten und streckten sich in einem fort und mit solcher Vehemenz, daß Tatarski nach den Adlerkrallen auf der Glückwunschkarte an der Wand schielte. So hatte er ihn noch nie gesehen.
»Wer hat den letzten Lebed gebaut?« brüllte er noch von der Tür.
»Semjon Welin, wie immer«, antwortete Morkowin erschrocken. »Was ist passiert?«
Asadowski schoß auf den Jungen mit dem Pferdeschwanz zu. »Du? Du warst das?«
»Was ist denn los?« fragte Welin.
»Du hast dem Lebed die Zigaretten ausgetauscht? Gitanes statt Camel?«
»Ja«, gab Welin zu. »War das falsch? Ich dachte, so kommt es stilistisch besser. Weil doch anschließend die Montage mit Alain Delon dran war.«
»Abführen«, befahl Asadowski.
»Nein, bitte, warten Sie!« versuchte Welin sich mit ausgestreckten Händen zu wehren, »ich kann alles erklären . . .«
Doch die Wachleute waren schon dabei, ihn auf den Flur zu zerren. Asadowski hatte sich zu Morkowin umgedreht und durchbohrte ihn sekundenlang mit blitzenden Augen.
»Ich schwöre, ich hab von nichts gewußt«, sagte Morkowin.
»Aha. Wer hätte es denn wissen müssen? Ich vielleicht? Soll ich dir sagen, wer mich gerade angerufen hat? Die R. J. Reynolds Tobacco Company. Die uns die Camel für den Lebed zwei Jahre im voraus bezahlt hat. Und weißt du, was sie gesagt haben? Daß sie über ihren Congressman dafür sorgen werden, daß wir um fünfzig Megahertz runtergesetzt werden. Und um weitere fünfzig, wenn Lebed das nächste Mal in den Hauptnachrichten wieder Gitanes raucht. Ich weiß nicht, wie viel dieses kleine Arschloch an schwarzer PR kassiert hat – wir verlieren dadurch jedenfalls eine Menge. Sollen wir mit hundert Megahertz ins einundzwanzigste Jahrhundert schleichen, verdammt noch mal? Wann ist der Lebed das nächste Mal auf Sendung?«
»Morgen. Großes Interview zur russischen Idee. Alles fertig gerendert.«
»Hast du dir
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