Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Generation P

Generation P

Titel: Generation P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
Vom Netzwerk:
das Material nicht angesehen?«
    Morkowin faßte sich an den Kopf.
    »Doch«, erwiderte er. »Großer Gott! Natürlich. Gitanes. Ich habe noch gestutzt und mir dann gedacht, es wäre von oben legitimiert. Du weißt doch, ich habe da keine Befugnisse. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, daß . . .«
    »Wo hat er die Zigaretten liegen? Auf dem Tisch?«
    »Schön wär‘s. Er fuchtelt ständig mit der Schachtel rum.«
    »Schaffen wir’s noch, das umzurendern?«
    »Von vorn bis hinten niemals.«
    »Und wenn wir die Schrift auf der Schachtel ändern?«
    »Ausgeschlossen. Gitanes hat ein ganz anderes Format. Und die Schachtel ist immerzu im Foreground.«
    »Was machen wir dann?«
    Asadowskis Blick blieb an Tatarski hängen, es war, als sähe er ihn erst jetzt. Tatarski hüstelte.
    »Vielleicht«, begann er schüchtern, »könnte man noch ein Patch mit der Camel-Schachtel nachrendern? Auf den Tisch? Wäre doch supereinfach.«
    »Mit der einen fuchtelt er herum, und die andere liegt auf dem Tisch? Schwachsinn.«
    »Und die Hand«, folgte Tatarski unbeirrt seiner kreativen Ader, »die packen wir in Gips. Dann ist die Schachtel weg.«
    »In Gips?« fragte Asadowski und schien aufzuhorchen. »Wie begründen wir das?«
    »Attentat«, platzte Morkowin heraus.
    »Was denn, Fehlschuß auf die Hand?«
    »Nein«, sagte Tatarski. »Sie haben versucht, das Auto in die Luft zu sprengen.«
    »Und wieso ist in dem Interview keine Rede davon?« fragte Morkowin.
    Asadowski überlegte einen Moment.
    »Das könnte zu Lebed passen. Ein Mann, durch nichts zu erschüttern!« Asadowski schüttelte die Faust. »Zuckt nicht mit der Wimper. Ein echter Soldat. Das Attentat bringen wir heute in den Nachrichten. Und in das Patch kommt nicht nur eine Schachtel Camel, sondern eine ganze Stange. Damit stopfen wir den Ratten das Maul.«
    »Wie formulieren wir in den Nachrichten?«
    »Nur das Minimum an Information. Spur führt nach Tschetschenien. Islamischer Faktor. Ermittlungen aufgenommen. Et cetera pp. Was für ein Auto fährt Lebed der Legende nach – war das nicht ein alter Mercedes? Dann schick sofort ein Kamerateam in die Stadt, eine Abteilung Bullen dazu, und wenn sie einen alten Mercedes gefunden haben, sollen sie ihn sprengen und eine MAZ davon machen. Um zehn muß es in den Nachrichten sein. Dort soll es heißen, der General hätte sein Tagesprogramm wiederaufgenommen. Und am Tatort muß eine Fes rumliegen, so eine, wie ihr sie dem Radujew aufsetzt. Linie klar?«
    »Genial«, sagte Morkowin. »Nein, wirklich total genial.«
    Asadowski lächelte gequält – es war mehr ein nervöses Zucken des Mundwinkels.
    »Aber wo nehmen wir den alten Mercedes her?« fragte Morkowin. »Wir haben bloß neue im Bestand.«
    »Irgendwer hier fährt so einen«, sagte Asadowski. »Ich hab ihn unten auf dem Parkplatz stehen sehen.«
    Morkowin blickte Tatarski an.
    »Äh. . . na. . .«, machte Tatarski, doch Morkowin schüttelte unerbittlich den Kopf.
    »Nichts zu machen«, sagte er. »Gib die Schlüssel her.«
    Tatarski zog die Autoschlüssel aus der Tasche und legte sie gehorsam auf Morkowins Handteller.
    »Da sind neue Bezüge drauf«, sagte er in jammerndem Ton, »könnte ich die nicht noch abnehmen?«
    »Bist du von der Natter gebissen, oder was?« fuhr Asadowski ihn an. »Was machen wir, wenn die uns noch mal um fünfzig runtersetzen? Sollen wir vielleicht schon wieder die Regierung auflösen und die Duma auseinanderjagen? Da redet der von Bezügen!«
    In seiner Tasche piepste das Telefon.
    »Hallo? Wie? Das kann ich euch sagen, was ihr mit ihm macht. Gleich fährt ein Kamerateam vor die Stadt und filmt ein explodierendes Auto. Ihr schnappt euch das Arschloch und setzt es da rein, als Chauffeur. Da habt ihr gleich ein bißchen Blut und so für die Großaufnahmen. Soll den anderen eine Lehre sein, von wegen schwarze PR. Wie? Etwas Wichtiges, soso. Sag ihm, es gibt momentan nichts Wichtigeres als das Filmehen, in dem er mitspielt. Er soll sich gefälligst drauf konzentrieren. Und er soll nicht glauben, er könnte mir was erzählen, was ich nicht selber weiß.«
    Er trennte die Verbindung, steckte das Telefon ein, dann stieß er ein paar tiefe Seufzer aus und griff sich an die Brust.
    »Das Herz!« klagte er. »Ihr Hunde wollt, daß ich mit dreißig meinen ersten Infarkt habe, stimmt‘s? Manchmal denke ich, ich bin der einzige im ganzen Komitee, der nicht in die eigene Tasche wirtschaftet. Flott, flott, an die Arbeit! Und ich werd versuchen, in den Staaten

Weitere Kostenlose Bücher