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Generation P

Generation P

Titel: Generation P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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den malaysischen Kamasutra-Super-Shakti-Varianten stach ein bizarrer Apparat aus halbtransparentem blauen Gummi hervor, besetzt mit einer Vielzahl dicker Dornen – er sah aus wie eine Büste des Hellraiser -Chefdämonen. Wiederbenutzbar! stand auf dem Schildchen darunter.
    Am meisten fasziniert war Tatarski jedoch von einer exakt quadratischen schwarz-rot-gelben Packung mit deutschem Wappenadler, siegelartig in einem zweifachen schwarzen Kreis plaziert, und der Aufschrift SICO . Es hatte etwas von einer kleinen Standarte und gefiel Tatarski so sehr, daß er zwei davon kaufte. Auf der Rückseite der Verpackung stand zu lesen: Beim Erwerb von SICO-Präservativen können Sie auf traditionelle deutsche Wertarbeit und Gütekontrolle vertrauen.
    Das ist schlau! dachte Tatarski. Sehr schlau!
    Einige Minuten reflektierte er über dieses Thema und bastelte an einem Spruch. Am Ende stand der gesuchte Satz klar und deutlich vor ihm. »Sico. Ein Porsche in der Welt der Präser«, raunte er ihn vor sich hin und zückte das Notizbuch. Die Ausbeute kam unter P. Dort stand schon ein anderer Spruch zum selben Marktsegment, den er vor Zeiten einmal für die weinroten Präservative der Marke Passions (polnisch-indonesische Koproduktion!) ausgeklügelt und vergessen hatte:
    Klein, aber bourdeaux.
    Tatarski steckte das Büchlein wieder ein und blickte sich um. Er stand auf der Sadowo-Triumfalnaja, an der Ecke einer vom Ring wegführenden Seitenstraße. Direkt vor ihm an der Hauswand prangte ein Plakat:
    Der Weg zu dir
    – mit einem um die Ecke weisenden gelben Pfeil. Ein Moment der Verwirrung trat ein, ehe Tatarski die finstere Tatsache begriff, daß es sich um den Namen eines Geschäfts handelte.
    »Hat mir noch gefehlt!« murmelte Tatarski.
    Erst nach einigem Umherirren auf mehreren, ineinander übergehenden Höfen gelang es ihm, den Laden zu finden – kurz vor dem Ziel fiel ihm ein, daß Girejew diese Lokalität erwähnt, jedoch die alberne Abkürzung Wezudi verwendet hatte. Es gab kein auffälliges Ladenschild, lediglich einen handgeschriebenen Zettel an der Tür eines unscheinbaren zweistöckigen Häuschens: Geöffnet. Kein Zeichen von Schlampigkeit – das war klar. So wurden esoterische Vorgefühle geschürt. Wobei ihn diese Weisheit nicht davor bewahren konnte, daß die Methode anschlug: Beim Hinaufsteigen in den Laden verspürte er ein gelindes Weihegefühl.
    Kaum hatte er die Schwelle überschritten, wußte er, daß sein Instinkt ihn an den richtigen Ort geführt hatte. Über dem Ladentisch hing ein schwarzes T-Shirt mit Che-Guevara-Porträt und dem Aufdruck Rage Against The Macbine. Daneben ein Schildchen: Bestseller des Monats! Auch darüber mußte man sich nicht wundern. Tatarski wußte (und hatte gar in irgendeiner Konzeption darüber geschrieben), daß in den Sphären der radikalen Jugendkultur nichts soviel Anklang fand wie der cool verkaufte, politisch korrekte Protest gegen eine Welt von Political correctness und coolem Kommerz.
    »Welche Größen haben Sie davon?« fragte er die Verkäuferin, ein sehr hübsches Mädchen mit irgendwie babylonisch-assyrischem Einschlag.
    »Es ist das letzte«, lautete die Antwort. »Extra für Sie!«
    Er bezahlte und steckte das Shirt in die Tasche; zögernd blieb er vor dem Ladentisch stehen.
    »Kristallkugeln haben wir reinbekommen, greifen Sie zu, solange noch welche da sind«, maunzte das Mädchen und fing an, einen Stapel Kinderlätzchen mit aufgedruckten Runen umzusortieren.
    »Wozu sind die Kugeln gut?« fragte Tatarski.
    »Zur Kontemplation.«
    Tatarski lag die blöde Frage auf der Zunge, ob man in die Kugeln hinein oder durch sie hindurch zu kontemplieren hatte – da entdeckte er plötzlich an der Wand (wo zuvor das T-Shirt gehangen hatte) ein kleines Regal. Dort lagen, unter einer recht unübersehbaren Staubschicht, zwei Objekte recht undurchschaubarer Natur.
    »Sagen Sie bitte, was ist das da oben? Eine Art fliegende Untertasse vielleicht? Hat das Muster eine Bedeutung?«
    »Das ist ein Frisbee für die höhere Praxis«, sagte das Mädchen, »und was Sie Muster nennen, ist der blaue Buchstabe Hum.«
    »Was tut man damit?« fragte Tatarski, in dessen Hinterkopf sich eine düstere Erinnerung an Girejew und die Fliegenpilze regte. »Worin besteht der Unterschied zum gemeinen Frisbee?«
    Das Mädchen verzog ein wenig den Mund.
    »Beim Frisbee mit dem blauen Hum werfen Sie nicht bloß eine Plastikscheibe durch die Gegend. Sie erzeugen Verdienste. Zehn Minuten Frisbee mit dem

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