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Genesis Secret

Genesis Secret

Titel: Genesis Secret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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Hinweise - und sei es auch nur in Ansätzen - auf eine dauerhafte Besiedlung, lediglich stilisierte Jagddarstellungen. Eine zelebratorische oder rituelle Bildwelt. Verschiedene Nischen, die wir entdeckt haben, dienten möglicherweise der Aufbewahrung von Knochen oder als Ort für Bestattungsrituale. Deshalb denkt Breitner, die Anlage ist ein Tempel, das erste religiöse Bauwerk der Menschheit, errichtet zur Feier der Jagd und zum Gedenken an die Toten.« Sie lächelte in sich gekehrt. »Und ich glaube, er hat recht.«
    Rob legte seinen Stift beiseite und dachte an Breitners strahlendes, gutgelauntes Gesicht. »Er macht auf jeden Fall einen ausgesprochen zufriedenen Eindruck.«
    »Wären Sie das an seiner Stelle nicht auch? Aus archäologischer Sicht hat er das große Los gezogen. Er legt die spektakulärste Grabungsstätte der Welt frei.«
    Rob nickte und machte sich weitere Notizen. Christines Enthusiasmus war fast so ansteckend wie der Breitners. Und ihre Erklärungen waren erhellender. Ihre Begeisterung darüber, wie Göbekli »alles über den Haufen warf, was wir über diese frühen Menschen zu wissen glaubten«, konnte er zwar noch nicht teilen, aber in seinem Kopf begann ein aufsehenerregender Artikel Gestalt anzunehmen. Locker Seite zwei des Hauptteils. Noch besser: ein umfangreiches Feature in der Beilage mit ein paar anschaulichen Farbfotos der Reliefs. Stimmungsvolle Aufnahmen der Steine bei Nacht. Fotos von verdreckten Arbeitern …
    Dann musste Rob wieder an Radevans Reaktion denken, als er die Grabungsstätte erwähnt hatte, und an die finsteren Blicke der türkischen Arbeiter. Und an Breitners kaum merklichen Stimmungsumschwung, als Rob auf seinen Artikel zu sprechen gekommen war. Und die unterschwellige Anspannung wegen eines tieferen Grabens. Christine stand am Samowar und füllte ihre Gläser mit süßem, heißem schwarzen Tee nach. Er überlegte erneut, ob er sie darauf ansprechen sollte. Als sie an den Tisch zurückkam, sagte er: »Eines finde ich allerdings etwas eigenartig, Christine: Mir ist inzwischen klar, wie großartig das alles hier ist. Aber sehen das alle anderen genauso?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na ja … es ist nur … ich habe da einige Reaktionen von Einheimischen mitbekommen … sie scheinen nicht gerade begeistert. Einigen ist dieser Ort offensichtlich nicht ganz geheuer. Meinem Fahrer zum Beispiel.«
    Christine verspannte sich merklich. »Inwiefern?«
    Rob tippte mit dem Stift an sein Kinn. »Mein Taxifahrer, Radevan, wurde richtig ärgerlich, als ich gestern Abend auf Göbekli zu sprechen kam. Und er ist nicht der Einzige. Irgendetwas liegt in der Luft. Und Breitner wirkte irgendwie … zwiegespalten auf mich. Als ich heute Morgen über meinen Artikel mit ihm sprach, schien er mir zwischendurch nicht gerade erfreut über meine Anwesenheit … auch wenn er viel lächelt.« Er hielt inne. »Man möchte doch meinen, er müsste daran interessiert sein, dass alle Welt von diesem Projekt, von seiner Grabung erfährt. Aber ihm scheint nicht ganz wohl bei dieser Vorstellung zu sein.«
    Christine sagte nichts, weshalb auch Rob schwieg. Ein alter Journalistentrick.
    Er funktionierte. Nach einer Weile beugte sich Christine, der das Schweigen unangenehm wurde, kaum merklich vor. »Also schön. Sie haben recht … es gibt …« Sie verstummte wieder, als läge sie mit sich selbst im Widerstreit. Der Wind aus der Wüste schien plötzlich noch heißer. Rob wartete und nahm einen Schluck Tee.
    Schließlich fuhr Christine mit einem Seufzer fort: »Sie wollen eine Woche hier bleiben, oder? Sie wollen gründlich recherchieren?«
    »Ja.«
    Christine nickte. »Gut. Dann fahren Sie jetzt mit mir nach Sanliurfa zurück. Um ein Uhr werden die Grabungsarbeiten wegen der Hitze ohnehin unterbrochen. Viele fahren dann nach Hause. Ich normalerweise auch. Unterhalten wir uns also lieber im Auto. Dort sind wir ungestört.«

6
     
    Auf dem staubigen Quadrat des Grabungsparkplatzes gab Rob seinem Fahrer Radevan ein großzügiges Trinkgeld und erklärte ihm, er brauchte ihn an diesem Tag nicht mehr. Radevan sah erst Rob an, dann den Geldschein in seiner Hand und schließlich Christine, die direkt hinter Rob stand. Er setzte ein breites, wissendes Grinsen auf und wendete den Wagen. Dann ließ er den Motor aufheulen und rief aus dem Fenster: »Vielleicht morgen, Mister Rob?«
    »Vielleicht morgen.«
    Radevan brauste davon.
    Christines Auto war ein rostiger Landrover. Sie öffnete von innen die Beifahrertür

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