Genesis Secret
ausgesprochen routiniert und professionell vorgegangen. Dennoch hatten sie sich die Zeit genommen, den alten Mann zu verstümmeln und zu foltern. Warum?
Da Forrester an diesem Punkt nicht weiterkam, öffnete er Google, gab Benjamin Franklin House ein und erfuhr, dass es in den 1730er und 1740er Jahren erbaut worden war. Damit gehörte es, wie Forrester vermutet hatte, zu den ältesten Wohnhäusern in dieser Gegend, inklusive Originalvertäfelung, Dachkästen und einem im ersten Stock gelegenen Salon »mit Zahnschnitt«. Es gab eine zweiläufige Treppe mit geschnitzten Enden und »Spindeln in Form dorischer Säulen«. Forrester öffnete ein weiteres Browser-Fenster, um sich kundig zu machen, was man unter einem Zahnschnitt verstand, und, weil er gerade dabei war, was Spindeln waren.
Nichts Interessantes.
Der Rest der Beschreibung hörte sich ähnlich an. Die Craven Street war ein altes Überbleibsel des frühgeorgianischen London. Eine Gasse der Gin trinkenden Stadt des 18. Jahrhunderts, verborgen zwischen den slowenischen Feuerschluckern und neuseeländischen Opernsängern des modernen Covent Garden und den streunenden Junkies und plärrenden Taxifahrern des heruntergekommenen Charing Cross.
Diese Info brachte ihn nicht weiter. Wie sah es also mit Franklin selbst aus? Bestand möglicherweise eine Verbindung zwischen den unbekannten Tätern und ihm? Forrester googelte »Benjamin Franklin«. Eine vage Vorstellung, wer der Mann war, hatte er bereits: der Typ, der mit einem Drachen die Elektrizität entdeckt hatte, oder so ähnlich. Alles Weitere verriet ihm Google.
Benjamin Franklin (1706-1790) war einer der bekanntesten Gründerväter der Vereinigten Staaten. Er war ein führender Autor, politischer Theoretiker, Politiker, Drucker, Wissenschaftler und Erfinder. Als Wissenschaftler war er wegen seiner Entdeckungen und Theorien auf dem Gebiet der Elektrizität eine der prägendsten Persönlichkeiten in der Geschichte der Physik.
Forrester, der sich zunehmend minderwertig fühlte, klickte weiter.
Geboren in Boston, Massachusetts, erlernte Franklin von seinem älteren Bruder das Druckerhandwerk und betätigte sich zunächst in Philadelphia als Zeitungsverleger, Drucker und Kaufmann. Er verbrachte viele Jahre in England und Frankreich und beherrschte fünf Sprachen. Er war Zeit seines Lebens Freimaurer, und seinem liberalen Zirkel gehörten der Botaniker Joseph Banks sowie der britische Schatzkanzler Sir Francis Dashwood an. Außerdem war er viele Jahre als Geheimagent tätig…
Forrester seufzte und schloss die Seite. Der Mann war also ein Universalgelehrter gewesen. Na schön. War das ein Grund, seinen Keller aufzugraben? Oder dreihundert Jahre später den Hausmeister seines Museums zu verstümmeln? Forrester sah auf die Uhrenanzeige seines Computers. Er musste etwas zu Mittag essen, und er hatte nicht viel erreicht. Er hasste das - ein ganzer Vormittag vertan, ohne dass etwas dabei herausgekommen war. Sein Ärger ging tief und hatte fast eine existenzielle Dimension.
Na schön, dachte er. Versuchen wir es einfach mal anders. Ein bisschen unkonventioneller. Er googelte »Benjamin Franklin Museum Keller«.
Und da. Fast sofort. Ja! Forrester spürte das Prickeln eines Adrenalinstoßes. Gebannt starrte er auf den Bildschirm.
Auf der allerersten Internetseite war eine Originalzeitungsmeldung aus der Times vom 11. Februar 1998.
Knochen in Gründervater-Haus entdeckt
In der Londoner Craven Street haben Bauarbeiter im Haus Benjamin Franklins, eines der Gründerväter der Vereinigten Staaten, einen makabren Fund gemacht: acht Skelette, die unter den Bodenplatten des Weinkellers vergraben waren.
Ersten Schätzungen zufolge sind die Knochen etwa 200 Jahre alt und wurden zu der Zeit vergraben, als Franklin in dem Haus lebte, das ihm von 1757 bis 1762 und von 1764 bis 1775 als Domizil diente. An den meisten Knochen gibt es Spuren, die darauf hindeuten, dass sie entweder durchsägt oder auf andere Weise durchtrennt wurden. In einen Schädel waren mehrere Löcher gebohrt. Paul Knapman, Leiter der Rechtsmedizin Westminster, erklärte gestern: »Ich kann die Möglichkeit eines Verbrechens nicht vollkommen ausschließen. Gegebenenfalls werde ich eine gerichtliche Untersuchung einleiten müssen.«
Die Freunde des Benjamin-Franklin-Museum haben daraufhin erklärt, die Knochen stünden in keinem okkulten oder kriminellen Zusammenhang. Sie vermuten, dass die Knochen von William Hewson vergraben wurden, der das Haus zwei
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