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Genesis Secret

Genesis Secret

Titel: Genesis Secret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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mitteilen wollte: Das Benzolmolekül war ein Ring, ein Kreis, wie eine Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt. Wie das Ouroboros. Kekule begab sich unverzüglich ins Labor, um seine Hypothese zu überprüfen. Die Lösung, die er geträumt hatte, erwies sich in jeglicher Hinsicht als richtig.
    Zu solchen Leistungen war das Unbewusste also fähig. Vielleicht sollte auch Rob sein Problem eine Weile im mentalen Keller abhängen lassen. Dann käme ihm die Erklärung für Breitners Zahlen vielleicht ganz von selbst: beim Duschen, Rasieren, Schlafen oder Autofahren. Oder wenn er von der Polizei vernommen wurde …
    Die Polizei! Rob sah auf die Uhr. Die Stunde war um. Er schob seinen Stuhl zurück, bezahlte an der Kasse des Internetcafes und machte sich auf den Weg zu Christines Wohnung.
    Einer der zwei uniformierten Polizisten öffnete ihm die Tür. Christine saß auf dem Sofa und betupfte sich die Augen. Der andere Polizist reichte ihr eine Packung Papiertaschentücher. Rob ballte die Fäuste.
    »Nur keine Aufregung, Mister Luttrell.« Inspektor Kiribali saß mit übereinandergeschlagenen Beinen am Schreibtisch. Sein Tonfall war anmaßend beiläufig. »Wir sind hier nicht im Irak. Miss Meyer ist es ziemlich … nahegegangen, über den Tod ihres Kollegen zu sprechen.«
    Christine schaute argwöhnisch auf den Polizisten, und Rob entdeckte in ihren Zügen deutliche Spuren von Ärger. Dann ging sie ins Schlafzimmer und warf die Tür hinter sich zu.
    Kiribali ließ seine blütenweißen Manschetten hervorschießen und wedelte mit einer manikürten Hand in Richtung Sofa, damit Rob sich setzte. Die zwei anderen Polizisten postierten sich an der Tür. Stumme Wachposten. Kiribali sah lächelnd auf Rob hinunter. »Sie schreiben also?«
    »Ja.«
    »Wie schön. Ich habe nur selten Gelegenheit, richtige Schriftsteller kennenzulernen. Das hier ist so eine rückständige Stadt. Denn die Kurden, Sie wissen schon …« Er seufzte. »Sie sind nicht gerade … wahre Geistesgrößen.« Er tippte mit dem Stift an sein Kinn. »Ich habe in Ankara Anglistik studiert. Literatur ist ein kleines Privatvergnügen von mir, Mister Luttrell.«
    »Ich bin nur Journalist.«
    »Auch Hemingway war nur Journalist!«
    »Nein. Wirklich. Ich bin ein stinknormaler Schreiberling.«
    »Sie sind zu bescheiden. Sie sind ein Meister der Sprache. Und der englischen noch dazu.« Kiribalis Augen waren von einem sehr dunklen Blau. Rob fragte sich, ob er getönte Kontaktlinsen trug. Die Eitelkeit quoll dem Kerl aus allen Poren. »Ich hatte immer schon ein Faible für amerikanische Lyrik. Ganz besonders für die Dichtung von Frauen: Emily Dickinson. Und Sylvia Plath. Kennen Sie sie?«
    Er sah Rob mit unergründlicher Miene an.
    »Ein ratterndes Knattern, ein Zug, der mich forttrug als war ich ein Jud … Ich denke, ich bin vielleicht ein Jud.« Kiribali lächelte weltmännisch. »Sind das nicht einige der verstörendsten Zeilen der Weltliteratur überhaupt?«
    Rob wusste nicht, was er darauf entgegnen sollte. Ihm war nicht danach, mit einem Polizisten über Lyrik zu diskutieren.
    Kiribali seufzte. »Schon gut, schon gut, ein andermal vielleicht.« Er ließ den Stift zwischen seinen Fingern wippen. »Ich habe nur ein paar Fragen. Soviel ich weiß, waren Sie nicht Zeuge des angeblichen Mordes selbst. Folglich…«
    Und so ging die Vernehmung weiter. Sie war kurz, um nicht zu sagen eine reine Formsache. Fast überflüssig. Kiribali schenkte Robs Antworten kaum Beachtung, einer der uniformierten Polizisten schaltete apathisch ein Tonbandgerät an und aus. Zum Schluss stellte Kiribali ein paar persönlichere Fragen. Ihn schien vor allem Robs Beziehung zu Christine zu interessieren.
    »Sie ist Jüdin, nicht wahr?«
    Rob nickte. Kiribali lächelte zufrieden, als wäre damit sein größtes Problem geklärt, dann legte er den Stift beiseite. Er richtete ihn exakt nach der Schreibtischkante aus. Danach schnippte er mit den Fingern, und die schläfrigen Polizisten erwachten zum Leben, worauf das Trio sich zum Gehen wandte. An der Tür blieb Kiribali noch einmal stehen und bat Rob, Christine auszurichten, dass sie vielleicht »irgendwann in nächster Zukunft« für weitere Fragen zur Verfügung stehen müsse. Und dann war er weg und ließ nur einen letzten widerlichen Hauch von Rasierwasser in der Wohnung zurück.
    Rob drehte sich um. Christine stand in der Tür zum Schlafzimmer, wieder ruhig und gefasst. »Was für ein widerwärtiger Wichser.«
    Christine zuckte

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