Genesis Secret
schüttelte den Kopf. »Sir Francis Dashwood war einer der führenden Religionswissenschaftler seiner Zeit. Er unternahm ausgedehnte Reisen in den Orient, um seinen geheimeren Interessen nachzugehen - der religiösen Esoterik. So etwas würde ein Dilettant niemals machen. Und Benjamin Franklin war einer der klügsten Köpfe seiner Zeit.«
»Dann sind sie also nicht bloß zusammengekommen, um gemeinsam Gin zu trinken. Und nackt Twister zu spielen.«
»Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.« De Savary lachte leise. Der japanische Koch vor ihnen hantierte mit zwei Messern gleichzeitig, um einen glitschigen langen Aal zu filetieren und zu würfeln. Der Körper des Aals hüpfte auf dem Schneidbrett, als lebte er noch. Vielleicht lebte er noch. »Es ist Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen, worum es ihnen eigentlich ging, den Mitgliedern des englischen Hellfire Club. Dass ihre irischen Kollegen ungeheuer brutal waren, wissen wir. Sie Übergossen Katzen mit Alkohol und steckten sie in Brand. Die Schreie der sterbenden Tiere brachten halb Dublin um den Schlaf. Und auf ähnliche Weise ermordeten sie einen Diener. Wegen einer Wette.« Er hielt inne. »Ich glaube, der Hellfire Club und einige der anderen Satanskulte, die wir in Europa kennen, können uns durchaus gewisse Einblicke in das Innenleben dieser Bande geben. Ihre Hierarchie. Ihre Motive. Ihre Psychologie. Auf jeden Fall haben sie einen extrem dominanten Anführer. Charismatisch und hochintelligent. Wahrscheinlich jemand aus sehr gutem Haus.«
»Und seine Anhänger?«
»Enge Freunde, schwächere Persönlichkeiten. Aber ebenfalls intelligent. Dem satanischen Charme des Kultanführers erlegen. Auch sie kommen aller Wahrscheinlichkeit nach aus gutsituierten Familien.«
»Das passt zu den Personenbeschreibungen, der vornehmen Sprechweise und so weiter.«
De Savary nahm einen Teller von der Theke. Er dachte kurz nach, während er auf das Essen blickte, dann fuhr er fort: »Allerdings glaube ich, dass der Anführer dieser Bande komplett verrückt ist.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Überlegen Sie doch mal, was er tut. Die ahistorische Mixtur aus Opferelementen. Schon der bloße Opfergedanke - eindeutig geisteskrank. Wenn er nach etwas sucht, was mit dem Hellfire Club zu tun hat, hätte er das wesentlich unauffälliger bewerkstelligen können, als die Britischen Inseln unsicher zu machen und reihenweise Leute abzuschlachten. Gewiss, die Morde der Bande sind sorgfältig geplant und mit einer gewissen Finesse ausgeführt. Sie verwischen, wie Sie sagen, ihre Spuren sehr gründlich. Aber warum überhaupt das ganze Morden, wenn ihre primäre Absicht darin besteht, etwas in ihren Besitz zu bringen? Etwas Verborgenes zu finden?« De Savary zuckte mit den Achseln. »Et voilä. Das ist kein halbseidener, aber logisch denkender Francis Dashwood, das geht eher in Richtung Charles Manson. Ein Psychotiker. Ein Genie, aber psychotisch.«
»Was heißt das genau?«
»Sie sind der Detektiv. Ich glaube, er wird zu weit gehen. Irgendwann wird der Bande in ihrem Irrsinn ein Fehler unterlaufen. Die einzige Frage ist…«
»Wie viele Menschen sie bis dahin noch umbringen?«
»Richtig. Aber jetzt müssen Sie unbedingt diesen Daikon probieren. Das ist eine Art Rettich. Schmeckt himmlisch.«
Zurück in Scotland Yard, ließ Forrester das Mittagessen mit einem zufriedenen Rülpsen noch einmal Revue passieren. Dann setzte er sich in seinen Bürostuhl und drehte sich damit im Kreis wie ein kleiner Junge. Er war vom Sake leicht angeheitert. Aber das konnte er vertreten. Das Mittagessen mit seinem neuen Freund Hugo war sehr aufschlussreich gewesen. Forrester griff nach dem Telefon und rief Boijer an. »Ja, Sir?«
»Boijer, ich brauche eine Suche. Eine Netzfahndung.«
»Wonach?«
»Rufen Sie in sämtlichen Eliteschulen an.«
»Okay…«
»Fangen Sie mit Eton an. Winchester. Westminster. Aber nicht unter Millneld. Harrow schon. Ziehen Sie zur Auswahl der Schulen einfach die Aufstellung der Headmasters’ Conference heran.«
»In Ordnung. Und … wonach erkundigen wir uns?«
»Nach vermissten Jungen. Vermissten Schülern. Und versuchen Sie es auch an den besseren Universitäten. Oxbridge, London, St. Andrews. Durham. Sie kennen die Liste.«
»Bristol.«
»Warum nicht? Und Exeter. Und das landwirtschaftliche College in Cirencester. Wir sind auf der Suche nach Studenten, die in letzter Zeit das Studium geschmissen haben. Ich brauche Oberschichtjungs. Mit
Weitere Kostenlose Bücher