Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder
Unstimmigkeiten. Daraufhin äußerte Babbage seinem Freund gegenüber den Wunsch, »es gäbe ein dampfgetriebenes Rechnen«. 12
Umfangreiche Tafelwerke waren damals in vielen Bereichen des Lebens von großer Bedeutung, vor allem in der Navigation auf See. Immer wieder ereigneten sich Schiffsunfälle, weil die Tafeln fehlerhafte Werte enthielten. Gerade für eine Seefahrernation wie das Vereinigte Königreich wäre eine Maschine, die absolut fehlerfrei rechnen kann, von großer Bedeutung gewesen. Nur eine einzige vermiedene Havarie konnte den Entwicklungsaufwand rechtfertigen. Der Gedanke an einen »dampfgetriebenen Rechenautomaten« ließ Babbage nicht los. Fieberhaft arbeitete er an einem Konzept. Voraussetzung war, dass die Maschine jeden Wert einer Funktion schnell und fehlerfrei berechnen kann. Multiplikationen und Divisionen lassen sich jedoch, wie Babbage sofort klar war, nur sehr schwer mechanisch bewerkstelligen. Er musste also das relevante mathematische Problem auf die beiden einfachsten Grundrechenarten Addition und Subtraktion zurückführen. Erstaunlicherweise ist das möglich, wie ein einfaches Beispiel zeigt.
Die Folge n 2 von Quadratzahlen lautet für n = 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 … wie folgt: 1, 4, 9, 16, 25, 36, 49, 64 … Bildet man nun die Differenz von jeweils zwei aufeinanderfolgenden Quadratzahlen, so erhält man die folgende Reihe: 3, 5, 7, 9, 11, 13, 15 … Rechnen wir erneut die Differenz dieser Differenzzahlen aus, so ergibt sich konstant die Zahl 2. Dies funktioniert füralle Polynome der Form n p : Führt man p-mal die Differenzen aus, so bleibt am Ende immer eine konstante Zahl übrig. Diese erstaunliche Erkenntnis wollte Babbage nutzen, um einen Rechenautomaten zu konstruieren. Doch wie ließ sich dieses Gesetz in einen mechanischen Vorgang umsetzen?
Was Babbage benötigte, war ein Mechanismus, der schrittweise die Differenzreihen einer vorgegebenen Funktion ausrechnete, diese am Ende anzeigte und letztlich auch ausdruckte. Anfangs erwog Babbage unterschiedliche mechanische Realisierungen. Eine Möglichkeit sah vor, dass jede einzelne Ziffer auf einem Metallstreifen aufgezeichnet war und diese Streifen dann über ein Stangenwerk bewegt wurden. Diese Methode hatte sich bei der Steuerung des Stundenschlags von Uhren bewährt. Doch für einen Rechner eignet sie sich nicht so gut, weil bei Subtraktionen und Additionen Überträge auf eine neue Zehnerstelle vorkommen, die ebenfalls mechanisch erfasst werden mussten. Das ließ sich nach Babbages Schlussfolgerung am besten mit Zahnrädern realisieren.
Am praktikabelsten erschien ihm letztlich die Lösung, bei der die Ziffernfolge von 0 aufsteigend bis 9 auf dem Rand je eines Zahnrades eingraviert wurde. Mehrere dieser Zahnräder wurden dann auf einer Achse montiert. Letztlich bestand die Maschine aus mehreren Achsen, auf denen jeweils mehrere Zahnräder untergebracht waren. Auf der ersten (rechten) Achse wurden die Zahnräder von Hand in eine Ausgangsposition gedreht, so dass die gewünschte Ziffernfolge von einem vor der Maschine stehenden Betrachter erkennbar war. Das unterste Ziffernrad stand für die Einer, das darüber befindliche für die Zehner und so weiter. Die anderen Achsen enthielten genauso viele Ziffernräder und dienten zur Berechnung der Differenzen. Dafür sorgte ein ausgeklügelter Steuermechanismus. Der Zehnerübertrag erfolgte nach Babbages eigener Beschreibung so: »Zwischen der 9 und der 0 gab es einen vorstehenden Zahn. Ging ein Rad bei einer Addition von 9 zu 0 über, so legte der vorstehende Zahn einen bestimmten Hebel um …Anschließend machte ein Hebelarm die Runde, der so konstruiert war, dass beim Wiederzurücklegen der Hebel der von ihnen angezeigte Übertrag zur nächsthöheren Ziffer ausgeführt wurde. War diese Ziffer eine 9, so wurde beim Übergang zur 0 erneut der Hebel angehoben und so weiter. Durch spiralförmige Anordnung der Hebelarme rund um eine Achse wurden so die Überträge sukzessive ausgeführt.« 13 Angetrieben wurde diese Maschinerie mit einer Kurbel. Zunächst sollte ein Mensch diese drehen, doch in der endgültigen Ausführung sah Babbage eine Dampfmaschine dafür vor.
Begeistert von seiner Idee arbeitete er fieberhaft an den Konstruktionsplänen. Mit einem genialen räumlichen Vorstellungsvermögen ausgestattet durchdachte er den Mechanismus immer wieder aufs Neue, fertigte eine Skizze nach der anderen an, verwarf Fehlentwürfe, ersann Verbesserungen. Seine Arbeitswut kannte keine Grenzen
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