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Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder

Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder

Titel: Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Buehrke
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wo Kohle unter Tage abgebaut wurde. Dort sollte er eine neue Maschine zum Abfräsen des Erzes testen. Fünf Monate lang schuftete er in 350 Meter Tiefe, doch die Schrämmaschine erwies sich als zu schwerfällig. Das Prinzip aber funktionierte. Und so setztesich Otto hin und konstruierte auf eigene Rechnung eine Schrämmaschine, mit der sich tiefe Schlitze in das Gestein bohren ließen, um es leichter herausbrechen zu können. Während die erste Version noch mit einer Handkurbel betrieben wurde, arbeitete eine fortgeschrittene Version mit Druckluft.
    Mit dieser Maschine wollte er sich selbstständig machen. Um seinen Arbeitgeber Hoppe nicht zu verprellen, schob er seinen Bruder Gustav vor. Der erhielt Anfang 1877 das Patent, so dass die beiden nun ein eigenes Geschäft aufbauen konnten. Doch die Maschine verkaufte sich nicht. Viel besser lief es auch nicht in dem unweit von Krakau gelegenen Salzbergwerk von Wielicka, wo Otto erneut fünf Monate unter Tage schuftete, um die Schrämmaschine zu verbessern. Insgesamt verkauften die Brüder nur wenige Geräte dieses Typs. Der Traum vom selbstständigen Fabrikanten war geplatzt.
    Stattdessen ging für Otto aber ein anderer Traum in Erfüllung: Bei der Arbeit im Döhlener Becken hatte er Agnes, die 19-jährige Tochter des Obersteigers Fischer, kennen- und lieben gelernt. Offenbar gefiel ihr der kräftige Herr mit den wilden Locken und den etwas unkonventionellen Ideen, so dass einer Heirat bald nichts mehr im Wege stand. Sie fand im Juni 1878 in Berlin statt.
    Nachdem Gustav gemeinsam mit seiner Schwester einige Jahre lang – letztlich aber erfolglos – eine »Kunst-Werkstatt für weibliche Handarbeit« betrieben hatte, kamen die beiden Brüder 1879 auf eine andere Idee. Sie entwickelten einen Steinbaukasten. Baukästen mit Holzklötzen gab es bereits, doch die Steine sollten eine getreuere Nachbildung von Gebäuden ermöglichen. Monatelang suchten die beiden Brüder nach einer idealen Materialmischung und realistischen Färbungen für ihre Bausteine, wobei sich die Küche – sehr zu Agnes’ Leidwesen – in eine staubige Werkstatt verwandelte. Endlich war der Baukasten fertig: achtzig Steine unterschiedlicher Form sowie von Gustav gezeichnete Bastelvorlagen für zehn Mark.
    Die Idee war zwar gut, aber es gelang den Brüdern nicht, sie zu vermarkten. Schließlich traten sie alle Rechte für einen Spottpreis an den Unternehmer Friedrich Adolf Richter ab. Der kam damit ganz groß raus und wurde im wahrsten Sinne des Wortes steinreich. Jahre später versuchten die Brüder Richters Patent zu umgehen, indem sie die Mixtur der Steinmasse veränderten, doch das endete in einem juristischen und finanziellen Debakel. Im Jahre 1888 versuchte es Otto noch einmal mit einem Modellbaukasten, der große Holzleisten zum Bau von lebensgroßen Spielzeugen enthielt. Aber auch daraus wurde nichts.
    Gustav sah für sich in Deutschland keine Perspektiven mehr und wanderte 1880 zusammen mit Schwester Marie nach Australien aus, wo er rasch eine gut bezahlte Stelle als Ingenieur erhielt. Marie heiratete später einen Farmer und ging nach Neuseeland, wo sie ihr gesamtes weiteres Leben verbrachte. Gustav hingegen kehrte 1885 nach Deutschland zurück, heiratete und baute sich eine Existenz als Architekt auf. Gleichzeitig interessierte er sich für aktuelle soziale Fragen und Strömungen. Er schloss sich einer Freiland-Bewegung an, die sich für bessere soziale Verhältnisse gering verdienender Familien einsetzte. Im Dunstkreis dieser Bewegung entstand in Oranienburg die Siedlung Eden, die erste vegetarische Siedlung in Deutschland, für die Gustav Fertighäuser lieferte. Die Siedlung existiert noch heute unter dem Namen »Eden Gemeinnützige Obstbau-Siedlung, eingetragene Genossenschaft«. 1895 gründete Gustav im heutigen Berliner Bezirk Reinickendorf die Arbeitersiedlungsgenossenschaft »Freie Scholle« und baute für sie eine Reihe kleiner Häuser. Auch dieses Projekt sozialen Engagements existiert noch heute, große Teile der erhaltenen Bauten stehen unter Denkmalschutz. Doch damit sind wir der Zeit weit vorausgeeilt, kehren wir zu Ottos Aktivitäten zurück.
    Nachdem sich also diverse Geschäftsideen zerschlagen hatten, sicherte sich Otto letztlich seine Existenz mit dem gutenalten Schlangenrohr-Dampfkessel. Ursprünglich für den Motorflug gebaut entwickelte er ihn zu einer zuverlässigen Kraftmaschine für Handwerker weiter, die bald reißenden Absatz fand. Otto verkaufte sogar Lizenzen.

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