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Genom

Genom

Titel: Genom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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Hand ab und sah ebenfalls zum Himmel hinauf.
    »Eine Harpyie. Ich habe gehört, dass sie sich in Florida sehr wohl fühlen, seitdem sie vor einigen Jahrzehnten hierhergekommen sind. Hier gibt es viel zu fressen. Für die hiesigen Pudelfreunde muss das die Hölle sein.«
    Jeden Tag, den sie nicht in Savannah und in Whisprs Gesellschaft verbrachte, wurde Ingrid deutlicher bewusst, wie anders ihr Leben jetzt war im Vergleich zu der Bequemlichkeit, die sie sich selbst erschaffen hatte. »Sind sie gefährlich?«
    »Für Menschen?« Whispr wirkte nachdenklich. »Nicht, dass ich wüsste. Aber wenn ich ein Kind hätte, das noch keine drei Jahre alt ist, würde ich es nicht im Freien spielen lassen, wenn diese Killerkanarienvögel da oben rumfliegen. Das wäre mir dann doch zu unsicher.«
    Sie gingen einen breiten Fußgängerweg entlang, der an beiden Seiten von Scooterwegen flankiert wurde. Seitdem sie das Boot verlassen hatten, war ihnen nichts Größeres als ein Zweimannscooter begegnet. Südlich des Seewalls von Tampa-Orlando gab es keine Straßenfahrzeuge, weil es so gut wie keine Straßen mehr gab. Schon seit langer Zeit musste alles in Südflorida von Passagieren bis hin zu Frachtgütern auf dem Wasserweg transportiert werden. In dieser Region bewegte sich außerhalb der künstlich klimatisierten Zonen alles langsam und im Einklang mit dem Rhythmus des warmen Wassers und der noch wärmeren Luft. Was man in einem kühleren Klima als Trägheit bezeichnet hätte, konnte in den feuchten Tropen nur als vernünftig angesehen werden.
    Ihre momentane Umgebung war durch und durch atmosphärisch und farbenfroh, stellte sie fest. Als ermutigend ließ sie sich allerdings nicht bezeichnen. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Ich wiederhole mich nur ungern, Whispr, aber dieser Ort sieht mir nicht aus, als könnten hier medizinische Fortschritte erzielt werden. Welche Metalle hier auch bevorzugt werden, ich bezweifle, dass sich darunter befindet.«
    Seine Antwort klang nicht im Geringsten entmutigt. »Wie überall, wo Menschen, seien sie Naturals oder Melds, amRande der Legalität ihr Leben fristen, wird es auch hier bestimmt einige Leute geben, für die deine Worte Musik in den Ohren ist. Manchmal ist Anonymität der beste Nährboden, Doc.«
    Als sie am Rand des Gehwegs entlanggingen, stolperte sie über etwas Festes und Gummiartiges. Ein Blick nach unten verriet ihr, dass dort ein kleiner brauner Leichnam lag, auf dem sich eine farbenfrohe Ansammlung tropischer Fliegen eingefunden hatte, die sich an diesem Festmahl labten. Während ein anderer Mensch eine Grimasse gezogen oder sich geekelt hätte, verzog sie keine Miene. Als Ärztin war sie an Blut und Gedärme gewöhnt. Erheiternd fand sie den Anblick allerdings auch nicht.
    Whispr warf der aufgeblähten Leiche einen kurzen Blick zu. »Eine Biberratte. Hiesiges Ungeziefer.« Er holte tief Luft, wobei sich seine Brust kaum zu bewegen schien, und grinste. »Irgendwie wie ich.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, du kommst nicht von hier, du bist nur zu Besuch.«
    »Hey«, schoss er zurück, »welches Ungeziefer kann sich schon damit brüsten, mit seiner eigenen Ärztin zu verreisen?«
    »Ich bin nicht deine Ärztin«, gab sie ernst zurück, »ich bin deine Partnerin.«
    Er deutete in die Richtung, in die sie gingen. »Dann lass uns weitergehen, Partner. Dort werden wir unterkommen.«
    Ein zweistöckiges Gebäude ragte direkt vor ihnen auf. Es war in einfachem, aber modernem Stil gebaut. Wie bei jedem anderen Gebäude, an dem sie vorbeigekommen waren, bedeckte ein amorpher Solaranstrich alles bis auf die Nordwand und die fotosensitiven Fenster. Bei diesem Anblick atmete sie ein wenig auf. Die Unterkunft wirkte zwar nicht gerade luxuriös, aber wenigstens modern und sauber. Etwa einDutzend Wasserfahrzeuge parkte an dem Dock in der Nähe und bezeugte die Beliebtheit des Bootels. Sie wollte schon fragen, ob dies das beste Hotel der Stadt war, unterließ es dann aber, als ihr aufging, dass es vermutlich gar kein anderes gab.
    Die dekorative Skulptur vor dem Gebäude erregte Whisprs Neugier, und zur Abwechslung konnte sie ihm mal etwas erklären.
    »Das ist ein altes Boot«, sagte sie zu ihm, als sie die Lobby betraten.
    »Das ist mir klar«, erwiderte er, »aber was ist das für ein Ding, das da hinten drangehängt?«
    »Ich glaube, das ist ein Außenbordmotor. Du hast doch bestimmt von diesen Fahrzeugen gehört, die von einem Petroleumdestillat angetrieben wurden? Damals,

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