Genom
die komplizierten Fragen zu finden, dass sie jemandem wie ihm gestattete, die Nacht in derselben Wohnung wie sie zu verbringen. Dr. Ingrid Seastrom war wahrlich eine bewundernswerte und möglicherweise nützliche Bekanntschaft. Das, was er ihr zuvor gesagt hatte, als sie seine unbeholfenen Annäherungsversuche entschieden zurückgewiesen hatte, stimmte, aber Whisprfand Frauen, die für ihn unerreichbar waren, nur umso verlockender.
So sicher, wie er sich war, dass Blut durch seine Adern floss, war er auch überzeugt davon, dass sie ihre Schlafzimmertür abgeschlossen hatte. Vielleicht hatte sie sogar eine Waffe dabei, auch wenn er bezweifelte, dass sie überhaupt eine tödliche Waffe besaß. Jemand wie sie verfügte bestimmt nur über ein nicht tödliches Schutzgerät. Einen Erbrecher vielleicht, oder etwas, das einen blendenden Linsenmantel ausstieß.
Er musste grinsen. Wenn sie glaubte, dass ein Türschloss jemanden mit seiner Erfahrung abhalten konnte, dann machte sie sich etwas vor. Sobald er im Schlafzimmer war und sie im Schlaf überraschte, konnte er sich ihrer mit Leichtigkeit bemächtigen. Er stellte sich die vielen Möglichkeiten vor, wie sie auf ein derartiges Eindringen reagieren würde, auch wenn ihm bewusst war, dass die diversen Szenarien, die ihm da durch den Kopf gingen, nichts als bloße Fantasie waren. Viel wahrscheinlicher war, dass ihre gerade erst entstandene Geschäftsbeziehung augenblicklich beendet war, sobald er ihr Schlafzimmer betrat. Und diese Beziehung musste unbedingt aufrechterhalten werden – vorerst zumindest.
Beziehung ? War ihre Verbindung schon so weit fortgeschritten, dass er diese Bezeichnung verwenden konnte? Selbst auf einer rein geschäftlichen Basis? Das klang doch eher nach einer Intimität, die nur in seiner verdorbenen Fantasie existierte.
Er wollte sie.
Diesen Wunsch zu leugnen, der in ihm aufkeimte, hätte an Selbstbetrug gegrenzt. Er hatte einen Annäherungsversuch gemacht und war brüsk abgewiesen worden. Und noch mehr, als er sie körperlich begehrte, brauchte er sie intellektuell. Mit dem Netzwerk hatte man solche Probleme nicht,da es geschlechtslos war, solange man es nicht anders programmierte.
Als er so auf dem Bett lag und über die viel zu schnellen und extremen Veränderungen nachdachte, die sein Leben im Laufe der letzten Woche durchgemacht hatte, hielten ihn die Lichter der Stadt und die Sehnsucht in seinem Inneren bis zum frühen Morgen wach. Erst als die Erschöpfung der vergangenen Tage die Oberhand gewann, schlief er endlich ein.
11
»Ich muss den Faden Dr. Sverdlosk zeigen. Er wird seine eigenen Untersuchungen mit seinen Programmen und Analysen durchführen wollen.«
Whispr raffte sich auf und ließ die Beine vom aufblasbaren Bett gleiten. Er konnte genauso gut aufstehen, sagte er sich. Sein Kaffete war nur noch lauwarm und musste aufgefüllt werden. Es war schon erstaunlich, wie schnell man sich an die schönen Dinge des Lebens gewöhnen konnte.
»Werden Sie ihn dalassen?«
»Nein.« Ingrid war bereits vollständig angezogen und aufbruchbereit. Sie stand in der schon halb geöffneten Eingangstür und sah zu ihm herüber. »Ich werde nicht von seiner Seite weichen, solange er die Messungen vornimmt, und ich lasse ihn nicht aus den Augen. Ich bezweifle, dass es irgendwelche Probleme geben wird.«
Doch Whispr war nicht zufrieden. »Können Sie diesem Kerl wirklich trauen?«
Mit einem spöttischen Blick erwiderte Ingrid: »Sie und Ihre Paranoia. Ich kenne Rudy, seit ich meine Wohnung und mein Büro in diesem Gebäude bezogen habe. Er ist einer meiner engsten Freunde und ein guter Kollege. Ehrlich, verlässlich, hat breit gefächerte Interessen, gibt gern Ratschläge und ist mir manchmal sogar ein Mentor.«
»Klingt wie der perfekte Freund.« Whispr konnte seinen Hohn nicht ganz unterdrücken.
Zwar verblasste die Erinnerung an seine unerwünschteAufdringlichkeit immer mehr, doch eine gewisse Spannung lag noch immer wie der Geruch von Schimmelkäse in der Luft. Sie war dankbar, dass sie diese Situation ein wenig verbessern konnte.
»Rudy? Der ist weit über siebzig und viel zu alt für mich.«
Das heiterte Whispr augenblicklich auf. »Ganz im Gegensatz zu mir?«
»Ob von Natur aus oder nicht, Sie sind mir zu dünn«, erwiderte sie. »Und auch zu direkt, zu ungehobelt, zu instabil, zu …«
Er schnitt ihr das Wort ab. »Zu viel. Ich hab’s schon begriffen.« Er hob sein sich selbst erwärmendes Glas und prostete ihr ironisch zu. »Dann
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