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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Wenn man ihn aus der Mauer brach und wegwarf, war er
nichts mehr, wurde er eine unnütze Sache.
    Hier war der abgesonderte
Mensch verzweifelt allein.
    Don Camillo erschauerte. ›Wo
hat sich dieser unglückliche Kerl nur versteckt ?‹ sagte er zu sich und dachte an Peppone.
    Die Schiebetür des Abteils
quietschte, und der Genosse Tavan trat ein.
    »Störe ich ?« erkundigte er sich.
    »Setz dich, Genosse«,
antwortete Don Camillo.
    Tavan setzte sich ihm
gegenüber; er hielt eine Art Papptüte in der Hand und zeigte Don Camillo nach
einigem Zögern den Inhalt.
    »Es handelt sich noch um ein
paar Tage«, sagte er, »und sie sollen nicht darunter leiden .«
    Wer nicht darunter leiden
sollte, waren die drei Weizenpflänzchen, die zusammen mit ihrem »Topf« in der
Kartontüte untergebracht waren.
    »Sie können atmen«, ergänzte
der Genosse Tavan, »oben ist die Tüte offen. Glaubst du, daß ich auch unten ein
paar Löcher machen sollte ?«
    »Das scheint mir nicht nötig zu
sein«, antwortete Don Camillo. »Das Wichtigste ist, daß sie nicht zuviel Wärme
bekommen .«
    Der Genosse Tavan stellte
seinen Schatz vorsichtig auf den Polstersitz, wobei er die Tüte an die Rückwand
lehnte, damit die Pflänzchen aufrecht blieben.
    »Und nachher ?« fragte er.
    »Nachher? Wann?«
    »Wenn ich wieder daheim bin .«
    Don Camillo zuckte die Achseln.
    »Genosse, ich sehe nicht ein,
welche Schwierigkeiten es böte, drei Getreidehalme zu verpflanzen .«
    »Die Schwierigkeit besteht aus
meiner Mutter«, brummte der andere. »Was soll ich ihr sagen? Soll ich ihr
sagen: ›Das ist der Weizen, der...‹«
    Er unterbrach sich und sah zum
Fenster hinaus.
    »Zweiundzwanzig Millionen
Quadratkilometer«, sagte er gedrückt, »und ausgerechnet dieses Fleckchen Erde
hatten sie nötig, um Weizen zu säen !«
    Don Camillo schüttelte den
Kopf.
    »Genosse«, antwortete er, »ein
Land, das im Krieg zwanzig Millionen Tote hatte, stellt die fünfzig- oder
hunderttausend Toten, die der Feind in seinem Hause ließ, nicht groß in
Rechnung .«
    »Das kann ich meiner Mutter
nicht sagen .«
    »Das mußt du auch nicht.
Begnüge dich damit, daß deine Mutter an das Holzkreuz denkt, das sie auf dem
Bilde gesehen hat. Und mit diesen drei Pflänzchen mache, was dein Herz dir
eingibt. Wenn du sie am Leben erhältst mit dem Samen, den sie dir geben werden,
dann ist es, als ob du deinen Bruder lebendig halten würdest .«
    Der Genosse Tavan hörte finster
zu.
    »Genosse«, fragte ihn Don
Camillo, indem er ein anderes Register zog, »warum verführst du mich zu diesen
Reden, die von bürgerlicher Gefühlsduselei nur so triefen ?«
    »Weil es mir Freude macht, dir
zuzuhören«, antwortete der Genosse Tavan, ergriff seine Tüte und stand auf.
    Bevor er hinausging, sah er
nochmals durchs Fenster hinaus.
    »Zweiundzwanzig Millionen
Quadratkilometer Boden«, knurrte er, »und ausgerechnet dieses Nastuch voll Erde
hatten sie nötig...«
     
    Don Camillo blieb nicht lange
allein. Es vergingen nur fünf Minuten, bis die Seitentüre sich wieder öffnete.
Diesmal erschien der Genosse Bacciga.
    Er nahm Don Camillo gegenüber
Platz, und da er ein harter und rasch entschlossener Kerl war, brachte er
sofort eine Sache vor.
    »Genosse«, sagte er, »ich hab's
mir überlegt und gebe zu, daß du recht hattest. Es war nicht der Ort, um einen
Handel dieser Art zu betreiben. Mir tun auch die Dummheiten leid, die ich dir
auf der Treppe gesagt habe .«
    »Ich müßte dir erwidern, daß
auch ich gefehlt habe, indem ich die Angelegenheit der Zelle vorlegte, anstatt
mit dir persönlich, von Mann zu Mann, zu reden. Tatsache ist, daß der Genosse
Oregow den Handel im Warenhaus gesehen hat, und ich mußte eingreifen, damit
nicht er dazu den Anstoß gab .«
    Der Genosse Bacciga brummte
etwas Unverständliches, dann bemerkte er:
    »Immerhin hat er meine Stola
eingesackt, obwohl sie aus einem unerlaubten Handel stammte !«
    »Dafür ist die Sache nun
erledigt«, tröstete ihn Don Camillo.
    Der Genosse Bacciga war
Genuese, und für ihn war die Partei etwas für sich, und die Geschäfte waren
etwas ganz anderes.
    »Aber wer hat dabei die Federn
gelassen? Der Genosse Bacciga !« erwiderte er.
    »Wer zerbricht, bezahlt,
Genosse«, ermahnte ihn Don Camillo.
    »Richtig! Doch das wird die
Person, die mir die Nylons gegeben hat, damit ich ihr die Pelzstola bringe,
nicht überzeugen .«
    Don Camillo schwieg.
    Der Genosse Bacciga murmelte
etwas vor sich hin und fuhr dann fort:
    »Genosse, reden wir

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