Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
Vom Netzwerk:
Leichen gesehen. Es war ein entsetzliches Schauspiel .«
    Don Camillo und Peppone
arbeiteten weiter, und der rauhe Wind ließ ihnen die Finger gefrieren.
    »Wir sammelten alle Toten und
begruben sie«, fuhr Stephan fort. »Wenn ihr auf dieser Straße anderthalb
Kilometer weit nach Norden marschiert, findet ihr einen Karrenweg, der auf der
rechten Seite abzweigt. Hundert Meter, bevor ihr zum Karrenweg kommt, immer auf
eurer Rechten, beginnt ein Entwässerungskanal, der auf dem linken Ufer eine
große wilde Hecke hat. Wenn ihr der Hecke entlang etwa hundert Schritte tut,
kommt ihr zu einer großen Eiche, deren Stamm dicht mit Efeu bedeckt ist. Dort
ist der Friedhof der italienischen Soldaten, in dem Viereck, das als Seiten
hundert Meter dieser Straße hat, hundert Meter des Karrenwegs, hundert Meter
Kanal und hundert Meter der Linie, die parallel zur Straße von der Eiche zum
Karrenweg reicht.«
    Alle drei arbeiteten eifrig
ungefähr eine halbe Stunde lang.
    Sie redeten nichts.
    »Jetzt kann ich's allein
machen«, sagte dann Stephan in einem geeigneten Augenblick. »Im Falle der
Gefahr rufe ich euch mit der Hupe. Wenn ihr die Efeuranken hebt, werdet ihr
etwas finden .«
    Don Camillo startete ohne einen
Augenblick des Zögerns in Richtung Norden, und Peppone mußte ihm folgen.
    Der Himmel war finster, und der
eiskalte Wind brauste über die grenzenlose, verlassene Ebene.
    »Wenn der Wind nachläßt«,
bemerkte plötzlich Don Camillo, »gibt es Schnee .«
    »Möge eine Lawine
herunterkommen, um Euch zu begraben !« antwortete
Peppone keuchend.
     
    Jetzt rannten sie, und auf
einmal sahen sie zu ihrer Rechten den Entwässerungskanal und die große Hecke.
Das Wasser im Kanal war gefroren, und das Eis war dick. Don Camillo ließ sich
in den Graben gleiten und lief auf die große Eiche zu, die das Geflecht ihrer
nackten Äste zum Himmel hob. Peppone folgte.
    Als sie zu Füßen der Eiche
angelangt waren, stiegen sie am Ufer des Grabens hinauf und bemerkten eine
Öffnung in der Hecke.
    Gleich darauf sahen sie ein
großes Feld vor sich und auf der braunen Erde den grünen Flaum des
Winterweizens.
    Beide waren beim Anblick der
verzweifelten Düsterkeit bestürzt. Dann raffte sich Don Camillo auf, kehrte
sich gegen den dicken Stamm der Eiche und löste mit zitternder Hand die
Efeuranken, die im Stamm verwurzelt waren.
    Vor achtzehn Jahren hatte man
in die Rinde geritzt: ein Kreuz und das Datum »27. Dezember 1941«. Und ein
kurzes Wort: »Italia.«
    Er legte die Efeuranken wieder
zurecht.
    Peppone hatte langsam die Mütze
abgenommen; er betrachtete das Kornfeld, indem er an die nicht mehr vorhandenen
hölzernen Kreuze und an die in der kalten Erde verwesten Toten dachte. Die
schneidende Kälte des Windes drang in sein Herz.
    » Requiem aeternam dona eis Domine et lux
perpetua luceat eis... «
    Er fuhr auf und wandte sich um.
Zu Füßen der uralten Eiche zelebrierte Don Camillo die Totenmesse.
    Eine Messe unter dem Kreuz, das
vor achtzehn Jahren Stephans Hand in die Rinde der alten Eiche eingegraben
hatte!
    » Deus, cuius miseratione animae fidelium
requiescunt: famulis et
famulabus tuis, e omnibus hic et ubique in Christo quiescentibus,
da propitius veniam peccatorum; ut a cunctis reatibus
absoluti, tecum sine fine laetentur. Per eumdem Dominum. .. «
    Der Wind brauste über die große
verlassene Ebene hinweg, und die zarten Weizenpflänzchen zitterten.
    »Mein Sohn,
wo bist du ?«
    Peppone erinnerte sich
plötzlich eines elenden Blättchens, das er auf einem Spaziergang herumliegen
gesehen hatte, und an den verzweifelten Anruf seines Titels: » Mein Sohn, wo bist du? « ...
     
    Stephan arbeitete wie wild,
aber er lauschte auf jedes Geräusch und wurde nicht überrascht, als jemand von
der Kolchose her nahte. Der Mann war noch fast einen Kilometer weit weg, doch
sofort verkündete ein Hupensignal Don Camillo und Peppone die Gefahr.
    Es war nicht der Genosse
Chauffeur, wie Stephan befürchtet hatte, sondern einer der italienischen
Genossen, der mit den Elefantenohren. Er ging langsam, und kaum war er in der
Nähe, entschärfte ihn Stephan.
    »Du, Genosse, geh mir zur Hand,
bis die andern kommen .«
    Der Genosse Tavan zog den
Mantel aus und machte sich sogleich wortlos ans Werk. Inzwischen kehrten
Peppone und Don Camillo eilends zur Basis zurück.
    Nach einer Viertelstunde waren
sie da, und Peppone trat selbstsicher vor:
    »Laß mich das machen !« befahl er brüsk dem Genossen Tavan.
    Der Genosse Tavan reinigte sich
mit einem

Weitere Kostenlose Bücher