Gentec X 02 - Der Untergang von Chicago
über die Stadt. Die Phantoms waren nach einer neuen Technik unsichtbar oder fast nicht sichtbar. Ihre aus der Stealth-Technik weiterentwickelte Tarnoberfläche tarnte sie gegen Radarstrahlen. Zudem konnte man die Phantoms mit bloßem Auge beim Fliegen nicht sehen, da war nur ein Wirbel in der Luft, der ungeheuer schnell dahinjagte, und der Schall, dem sie aber schon weit voranflogen.
Das Dröhnen der Düsenjäger war ohrenbetäubend. Die Schallwellen orgelten durch die Straßen Chicagos. Lichtblitze zuckten nieder und vom Boden hinauf.
»Sie beschießen Chicago!«, rief ich. »Unsere eigene Luftwaffe feuert in die Stadt.«
»Das müssen Stadtteile sein, die sich bereits fest in der Hand der Gencoys befinden«, antwortete Nick verbissen. »In denen sie sich zusammenballen und Bastionen errichtet haben.«
»Hoffentlich.«
Am Himmel zuckte ein greller Blitz. Pfeifend und heulend trudelten Wrackteile vom Himmel. Ein Phantom-Kampfjet oder vielmehr seine Überreste verloren ihre Tarnung.
Dann krachte er ins Zentrum der Stadt.
»Und was ist das?«, fragte ich Nick.
Er gab mir keine Antwort. Wie ich später erfahren sollte, war der Kampfjet genau ins John Hancock Center gekracht, ein Wahrzeichen von Chicago, wenn auch keins der neueren Hochhäuser. 344 Meter hoch, einhundert Geschosse, mit einem Stahlskelett, dessen Kreuzungen sichtbar in der Fassade lagen, dunkel eloxierter Aluminiumfassade und sich nach oben verjüngend.
Das Hancock Center war nicht zusammengebrochen wie am unvergessenen 11. September 2001, als Terroristen die Zwillingstürme des World Trade Centers zum Einsturz brachten. Beileibe nicht. Doch die Fassade wurde erheblich beschädigt – das Fliegerwrack krachte in der Höhe des 30. Stockwerks hinein.
Kerosin brannte. Zum Glück enthielten die Tanks des Phantom-Jets nicht mehr sehr viel Flugbenzin. Eine rasch folgende Explosion erzeugte einen Brand im John Hancock Center, der jedoch die Statik des Gesamtsbaus nicht stark beeinträchtigte.
»Das hat gekracht«, sagte Nick. »Am Ende legen die Gencoys noch die Hochhäuser flach.«
Ein weiteres Szenarium fiel mir ein, aus »Krieg der Welten«, ebenfalls einem Wells-Roman, der inzwischen dreimal verfilmt worden war. Meine Gedanken rasten. Keine Marsmenschen würden die Städte der Erde vernichten, sondern hochtechnisierte, von ihr selbst kreierte Wesen gentechnischer Art.
Entsetzt dachte ich an die Genchips, die sich überall befanden, auch in den Steueranlagen der Kampfflugzeuge und anderer Jets. Wenn sich diese umschalten ließen – wenn! – ließen sich in der Machart des 11. September weltweit doch Wolkenkratzer flachlegen, von Shanghai bis Rio, von Moskau bis nach New York und L. A. oder Tokio. Eine grässliche Züchtigung der Menschheit.
»Wo sollen wir hin?«, fragte ich Nick, der mir rangmäßig übergeordnet war.
»Du hast doch gehört, was der Chef gesagt hat.« Er meine Norris P. Bender und wiederholte: »Begeben Sie sich unverzüglich ins Lutheran General Hospital und nehmen Sie mit der Einsatzleitung der Metropolitan Police im Police Headquarters Verbindung auf. – Das ist da drüben. – Also nichts wie rüber.«
In dem Moment flog ein drohnenförmiger Hubschrauber durch die Straßenschlucht des auf düster-schaurige Weise veränderten Vororts. Er war schwarz, trug das Gentec Emblem an den Seiten und hatte Stummelflügel, kleine Rotoren vorne und hinten und stummelförmige Auswüchse an den Seiten, die mich nichts Gutes ahnen ließen.
»Volle Deckung, zieht euch zurück! Sie dürfen uns nicht bemerken.«
Wir wichen zurück und duckten uns auf der Treppe.
»Bugs«, ertönte eine Lautsprecherstimme von der Flugdrohne. »Bugs, ergebt euch! Begebt euch in die Parks und die Subway-Stationen. Wartet auf weitere Weisungen. Wir werden euch in den großen Stadions sammeln. – Ergebt euch! Wer Widerstand leistet oder unseren Anweisungen nicht gehorcht, wird eliminiert.«
Der Hubschrauber schwebte brummend davon, ein bedrohliches Etwas, dessen Inneres nicht einsehbar war. Als ich ihm nachschaute, sprang plötzlich ein Stück weit entfernt auf der Straße ein Mann auf. Ein Farbiger, er trug dunkle Kleidung. Er hatte hinter einem Bus mit zerschlagenen Scheiben und Einschusslöchern und ein paar Leichen darin gekauert, verlor die Nerven und rannte davon wie ein Hase.
Der Gencoy-Hubschrauber verharrte in der Luft. Eine der Antennen an seiner Seite bewegte sich. Dann zuckte ein greller Laserblitz und zerstrahlte den Unterköper des
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