Gentec X 05 - Luna City
geschieht werden wir selbst zu Geistern und Schatten.«
Ich packte ihn am Arm und schüttelte ihn.
»Du darfst nicht aufgeben, Djalu, wir alle dürfen nicht aufgeben. Bis zum letzten Atemzug, zum letzten Schuss oder Schlag muss der Widerstand fortdauern. Verzage nicht.«
»Woher nimmst du diesen Mut? Du, eine junge Frau, die keine Mutantin ist und keine übernatürlichen Fähigkeiten hat?«
»Gerade deshalb, Djalu. Geht, teleportiert euch weg. Nick und ich werden uns mit Iquiri und dem Baby durch die Mondberge und die Bucht des Sinus Tridium nach Iridium Point durchschlagen. Könnt ihr den Widerstandskämpfern dort eine Nachricht zukommen lassen, dass wir zu ihnen unterwegs sind?«
»Leider nicht mehr. Höchste Zeit – Chabiri und die anderen rufen. Mögen die Ahnengeister euch schützen.«
Mehr Hoffnungsvolles hatte er nicht zu sagen. Immerhin jammerte er nicht. Der Aborigine, Tangatu Moai, Innuit und Choleca, die wie immer den Schrumpfkopf ihrer Ahnfrau bei sich trug, fassten sich bei den Händen. Die Indio-Medizinfrau schaute mich an.
»Nimm Goji-Goji«, sagte sie. »Sie wird euch beistehen.«
So hieß der Schrumpfkopf der Ahnfrau, ein langhaariges, verrunzeltes, faustgroßes Bündel mit Knopfaugen und einem zugenähten Mund, der dennoch sprechen konnte. Ohne Knochen, in einem Sud imprägniert und im Rauch gedörrt, mit magischen Fähigkeiten versehen.
Mich schauderte es. Schon einmal hatte der Schrumpfkopf zu mir gesprochen.
»Nein, danke. Ich brauche Goji-Goji nicht.«
»Beleidige nicht meine Ahnfrau. Du nimmst sie.«
Choleca, klein in ihrem Raumanzug und mit verschrumpelten, bis zum Gürtel hängenden Brüsten darunter, hängte mir den Schrumpfkopf an seinen Haaren um den Hals.
»Wo ist X?«, fragte Djalu Wangareen. »Er wird schon allein zurückteleportiert sein. – Ommmmmmmmmm. «
Das Wort hallte in meinem Gehirn. Die vier Mutanten verschwanden von einem Moment zum anderen, wie weggezaubert. Dann kam jemand aus dem Nachbarwaggon. Nick und ich zuckten zusammen und rissen die Laser hoch. Auch Nick hatte sich einen geholt. Iquiri kauerte immer noch mit dem Baby am Boden. Sie wiegte Chicago in ihrem Schutzbehälter.
Sie schrie, es wurde Zeit, dass sie ordentliche Windeln bekam. Und wie sollte Iquiri sie stillen, wenn sie im Raumanzug war? Das waren wichtige Fragen.
Meine Situation und Voraussetzungen hätten kaum schlechter sein können. Die Komplikationen und Schwierigkeiten jagten sich.
Der Mann vor uns im Raumanzug war Roy Parker alias Mutant X. Vorher war er als Schatten unterwegs gewesen. Wo er den Raumanzug her hatte, wusste ich nicht. Für einen Mutanten von seinen Fähigkeiten war es kein Riesenproblem, ihn sich zu beschaffen. Vielleicht hatte er ihn mitgebracht, vielleicht hatte er einen aus dem Zug genommen.
Durch den Kopfhörer meines Raumfahrerhelms hörte ich Chicago schreien. Sie hatte Hunger und war nass. Ein Problem mehr.
»X«, sagte ich. »Du bist noch hier? Ich wähnte dich schon auf der Erde. Kannst du jetzt überhaupt noch dorthin teleportieren?«
»Lass das meine Sorge sein. Nehmt die Laser weg. Folge mir, Nita, ich will mit dir sprechen.«
»Ich habe keine Geheimnisse vor Nick.«
»Komm.«
So war der Schattenmann, ein Macho von seiner Prägung her. Seinem Lebensretter schlug man nicht so leicht etwas ab. Ich folgte dem Mutanten also. Er führte mich in den Nachbarwaggon. Dort lag alles drunter und drüber. Ich hörte Roy Parkers Stimme übers Headset in meinem Helm. Sie klang warm und sonor.
Er hatte die Übertragung so eingestellt, dass Nick ihn nicht hören konnte.
»Wir sollten uns zusammentun, Nita. Wir wären ein schönes Paar.«
Ich staunte.
»Was soll das denn, Mutant X?«
»Ich spreche nicht als Mutant zu dir, sondern als Mann und als Mensch. Du bist eine attraktive und schöne Frau, Nita.«
»Willst du mit mir flirten? Du hast die Leichen alle gesehen, die Zerstörung hier. Die Menschheit steht am Abgrund und ist schon einen Schritt über seine Kante hinaus. Das ist nicht die Zeit für Liebesgeständnisse. Außerdem erwarte ich ein Kind von einem anderen Mann. Von Nick Carson. Ich liebe ihn.«
»Ach ja, das Kind. Daran habe ich im Moment nicht gedacht. Ich bin reich. Wenn sich das Blatt wendet, die Gencoys besiegt und vertrieben werden, müssen wir das Kind ja nicht unbedingt selbst erziehen, wenn es auf der Welt ist. Du hast jetzt schon eine Amme dafür.«
Ich schaute ihn an und überlegte, ob er das ernst meinte und recht bei Sinnen sei. Diesem
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