Gentlemen's Club
meine eigene Verlegenheit zu überdecken. »Man kann sich nicht vorstellen, dass darin jemand lebt oder schläft. Nirgendwo eine Spur von Leben.«
Ich humpelte zu einem der hohen Fenster und starrte hinaus auf die im Dunst liegenden Felder. Draußen auf dem Schotterweg hörte ich die stampfenden Hufe der Pferde. Ich konnte auch unsere Pferde hören, die Merlin angebunden hatte. Ihr Atem stieg in dampfenden Wolken aus ihren ungeduldigen Nüstern hoch.
»Oh, er schläft hier, wenn er in der Gegend ist. Auch gestern Abend war er hier.«
»Er war hier? Himmel, warum ist er nicht zu mir gekommen?«
Der Gedanke, dass Sir Simeon in diesem Zimmer gewesen war, jagte mir einen Schauer über den Rücken. Diese Augen allein konnten dich schon in sein Bett ziehen. Ich sah alles genau vor mir, und ich konnte hören, wie er die Bettdecke zurückwarf, wie er den dicken Vorhang zur Seite schob und den Blick freigab auf die geheimnisvolle Frau neben ihm.
»Ich habe keine Ahnung. Er ist vermutlich wieder in einer neuen Mission unterwegs. Es kann aber auch sein, dass er zu jeder Zeit hier einmarschiert. Aber ich bin froh, dass er im Moment nicht hier ist.«
Ich stand am Fenster und hörte, wie Merlin sich mir näherte. Ich konnte sein Spiegelbild im Milchglas der Scheibe sehen. Mein eigenes Gesicht sah wie ein blasser Mond aus, eingerahmt von blutroten Samtvorhängen. Sein Gesicht schwamm neben meinem. Im nächsten Augenblick sah er anders aus. Alles sah anders aus. Das lag an dem großen alten Zimmer, in dem wir Kinder Fangen spielten.
Er hatte ein ernstes Gesicht aufgesetzt, und dann war es so, dass die Atmosphäre im Haus ihn verändert hatte. Er war ein anderer Mensch geworden. Von der Statur her war er jetzt größer, stärker und beeindruckender. Einer, mit dem man rechnen musste, und das gefiel mir.
Unsere Augen leuchteten groß und dunkel in der Spiegelung, meine besonders. Er musste gefühlt haben, dass auch mit mir eine Veränderung vorgegangen war. Er konnte nicht ahnen, dass ich gerade über Sir Simeon phantasiert hatte, und außerdem hatten die Bilder aufgehört, bevor ich ihm den seidenen Pyjama ausgezogen hatte. Aber ich war ganz schön nah dran gewesen. Konnte man diese Gedanken in meinen Augen lesen?
Merlin musste geglaubt haben, dass ich ihn einlade, denn er langte unter mein Jackett, zog den dünnen Pulli aus dem Bund der engen Jodhpurs und begann, seine warmen Finger über meine Wirbelsäule zu reiben. Und wollte ich ihm widerstehen? Zur Hölle damit.
Ich musste es über mich ergehen lassen. Wir hatten uns gerade erst kennen gelernt, aber alles deutete auf das Unvermeidliche. Alles wurde immer unrealistischer. Ich konnte nicht glauben, dass ich mich allein von der Atmosphäre in diesem sinnlichen Schlafzimmer, Teil des großartigen Landhauses, verführen ließ. Oder von Sir Simeons Schatten.
Langsam schritt ich durchs Schlafzimmer, von Merlin weg. Ich wollte auch sehen, ob mich das Herumgehen, besonders wegen der Schmerzen, aufwachen ließ. Aber wem wollte ich was vormachen? Bei mir im Zimmer stand ein laut atmender Gott der Cherokee und zupfte an meinen Kleidern. Ich hatte seinen Hintern gesehen. Und die Linie der schwarzen Haare, die vom Bauch nach unten führt. Und ich hatte die verlockende Beule in seinen engen weißen Breeches gesehen ...
Merlin hinderte mich daran, das Zimmer zu verlassen, aber er hatte keine große Mühe damit. Er blieb nur dicht hinter mir, versteckte seine Hand unter meinen Pulli und presste sie flach auf meinen Bauch. Er zog mich an sich heran, zurück gegen seinen phantastischen Schoß. Ich stieß ein leichtes Stöhnen aus, das meine Kapitulation signalisierte, und übergab ihm kampflos die Kontrolle.
In allen anderen Zimmern standen die Betten in der Mitte, weit weg von Fenstern und Türen. Aber wenn man sich in diesem Zimmer aufs Bett vor dem Fenster setzte, fiel man fast in die frische Luft. Im nächsten Moment saßen wir auf dem Bett, und wir starrten hinaus auf die Felder und lauschten, ob die Pferde schon mit den Gästen zurückkämen, aber er streichelte mich die ganze Zeit, deshalb war mir nicht bewusst, wie wir auf dem Bett gelandet waren.
Ich merkte, wie steif und wie kalt ich war, aber nicht aus Angst. Es lag eher an diesem Zimmer. Vielleicht spukte es in diesem Haus, nicht nur im Schlafzimmer des Masters. Aber auch das jagte mir keine Angst ein - wenn überhaupt, schuf der Gedanke eine zusätzliche sexy Atmosphäre: Ein Gespenst, das seinen Spaß beim Zusehen
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