Geopfert - [Gus Dury ; 1]
Roberts. »Denken Sie an das Mädchen, wenn schon nicht an sich selbst.«
»Lasst sie da raus.«
»Oh, das würden wir ja gern, aber ich fürchte, Ihre kleine Freundin hat ein recht ansehnliches Anklageprotokoll.«
Collins lachte. »Treibst dich gern mit Nutten rum, Dury?«
»Amy ist keine Hure.«
Collins’ Lachen hallte in der Zelle nach, ließ meine Ohren klingeln.
»Oh, ich fürchte, diese hier wird wohl eindeutig überführt«, sagte Roberts.
»Was wollt ihr?«, murmelte ich.
»Ich denke, das weißt du ganz genau.«
»Hände weg von Zalinskas … ist es das?«
»Oh, dann besitzt du also noch so etwas wie ein Gedächtnis«, sagte Collins. Wie er da vor mir stand, wölbte sich seine Wampe in mein Gesicht. Er hob einen Arm, ich zuckte zusammen. Er spielte mit mir, zwirbelte die Enden seines Schnurrbarts zu kleinen Spitzen.
Roberts mischte sich ein. »Das haben wir dir bei unserer letzten Begegnung bereits geraten. Seitdem hatten wir reichlich Grund zu der Annahme, dass du diesen guten Ratschlag ignoriert hast.«
»Ach ja? Wie kommt ihr denn darauf?«
Collins ließ eine Hand auf den Tisch krachen. »Wir stellen hier die Fragen. Du hörst gottverdammt zu, Freundchen.«
Wieder Roberts: »Lass uns mal was klarstellen. Wir wissen aus zuverlässiger Quelle, dass du deine persönliche Vendetta gegen Mr. Zalinskas fortgesetzt hast.«
Ich hatte darauf geachtet, mich seit unserer letzten Begegnung von Zalinskas fernzuhalten, aber offenbar nicht sorgfältig genug.
Ich stellte ihn auf die Probe. »Und ich dachte, Nadja wäre nur hinter mir als Mann her.«
»Was?«, sagte Roberts.
»Ich vermute, ihr habt mit Bennys zweitem Mann geplaudert, beziehungsweise in diesem Fall einer Frau. Es war ein Mann, aber dann wurde Billy-Boy ausgeschaltet, stimmt’s?«
Collins schob sich näher. »Ich warne dich, Dury.«
Roberts hielt ihn zurück. Seine Clarks quietschten auf dem Boden.
Ich begann zu grinsen. Jetzt wusste ich, dass Nadja mich übers Ohr gehauen hatte, wahrscheinlich, um an Billy-Boys verschwundenes Filmmaterial heranzukommen. Wenn Billy und Zalinskas von der Bildfläche verschwunden waren, würde sie den ganzen Laden übernehmen. Ein sauberer kleiner Schachzug.
Wie viel Zalinskas von Nadjas Machenschaften wusste, war mir im Moment noch nicht klar. Wahrscheinlich nicht viel. Jetzt war es jedoch für beide wichtig, mich aus dem Weg zu schaffen. Während der Prozess noch lief, vermutete ich, war mein Leben in Sicherheit. Danach blieben mir keine Optionen mehr.
Der Schmerz in meinem Kopf nahm zu. Es fühlte sich an, als würde meine Stirn in der Mitte auseinanderbrechen. Wer in diesem Raum das Sagen hatte, war offensichtlich.
Ich konnte nur hoffen und mein Glück versuchen. »Machen wir einen Deal.«
Sie sahen sich an, runzelten spiegelverkehrt die Stirn.
»Du hast keine Karten in der Hand, Dury«, sagte Roberts.
Ich spuckte einen weiteren Mundvoll Blut aus.
»Wollen wir doch mal sehen, was der Bullfrog dazu zu sagen hat, was meint ihr?«
»Du bist verrückt, vollkommen verrückt«, sagte Collins. Er fing wieder an zu lachen, diesmal ohne den irrsinnigen Unterton.
Roberts schob ihn beiseite. »Halt’s Maul, hörst du? Lass mich mit dem Mann reden.« Während er sich über den Schreibtisch beugte, wandte Collins sich ab und trat gegen die Zellentür. »Ich werde dir nicht noch einmal sagen, du sollst das Maul halten. So, und jetzt, Mr. Dury, was genau sollen wir denn Mr. Zalinskas sagen?«
Ich setzte mich auf, schob meine Nase bis auf wenige Zentimeter an seine heran. »Sagt dem Bullfrog, ich hätte sehr interessantes Filmmaterial in meinem Besitz. Filmmaterial, das seiner momentanen Lage überhaupt nicht guttun würde.«
Damit spielte ich direkt Nadja in die Hände – das Filmmaterial rauszurücken war ja genau das, was sie wollte. Dabei den Zorn Zalinskas’ zu riskieren kam mir verrückt vor. Der Besitz des Filmmaterials hatte Billy-Boy das Leben gekostet, und ich hatte gerade zugegeben, genau dieses Material zu haben. Aber welche Möglichkeiten hatte ich denn? Ich musste Amy in ein Flugzeug setzen, irgendwohin weit weg, bis all das hier vorbei war.
Meine einzige Hoffnung bestand darin, dass Zalinskas’ Verfahren sich noch etwas länger hinziehen würde; wenn nicht, war Amys Leben ruiniert. Und ich ein toter Mann.
»Und wenn wir deine Nachricht nicht übermitteln?«, meinte Roberts.
Ich wippte auf meinem Stuhl zurück, warf einen Blick unter den Tisch. »Ich würde nicht mit euch tauschen
Weitere Kostenlose Bücher