Geopfert - [Gus Dury ; 1]
sicher, dass du nicht lieber hier übernachten möchtest?«
»Es ist nur für heute Nacht. Ich bin ihr auf der Mile in die Arme gelaufen, und sie hat mich überzeugt, dass ich was auf die Rippen brauche.«
»Tja, mach dir nichts draus. Wir sehen uns dann morgen.«
»Mach’s gut, mein Freund.«
Dachte, ich würde Schwierigkeiten haben, wieder einzuschlafen, also schaltete ich die Glotze ein.
Auf Kanal 4 brachten sie ein Potpourri der besten Bush-Stilblüten. Ein Doppelgänger gab eine perfekte Kopie des blödesten Arschlochs der Staaten: »Die Franzosen haben kein Wort für Entrepreneur.« Ich liebte das. Spitting Image machte sich immer darüber lustig, dass Reagans Hirn abhandengekommen sei. Der Himmel allein weiß, was sie mit diesem Mentalisten angestellt hätten.
Ich zappte eine Weile durch die Kanäle. Fand eine Wiederholung der Jeremy Kyle Show .
»Aufgeblasener kleiner Wichser«, knurrte ich leise vor mich hin.
Das Arschgesicht wegzuzappen hätte noch mehr Spaß gemacht, hätte ich dreitausend Volt zur Hand gehabt.
Damit machte ich Feierabend.
W eiß Gott, ich habe versucht, dieses Zeug loszuwerden. Aber es ist ein aussichtsloser Kampf.
Ich muss damals acht oder neun gewesen sein. Es ist mitten in der Nacht, und er ist nach einem Spieltag daheim und brüllt das Haus zusammen. Ich habe jetzt einen kleinen Bruder, Baby Michael. Er weint in den Armen seiner Mutter, aber ich in meinem Bett mache keinen Mucks.
Mein Vater brüllt: »Gus, steh auf!«
Da ist das Gepolter von Möbeln, die herumgeschoben oder umgestoßen werden. Dann die Geräusche der schweren Stiefel und Flüche meines Vaters überall im Haus.
»Ich hab dir doch gesagt, du sollst aus diesem Scheißbett kommen.«
Ich werde an den Haaren unter der Decke hervorgezogen. Ich habe schreckliche Angst. Das Gesicht meines Vaters ist puterrot, das Haar klebt nass an seiner Stirn.
»Die Treppe runter«, brüllt er mich an.
Im Wohnzimmer gibt es kaum ein Möbelstück oder Bild an der Wand, das nicht verrückt worden wäre. Dann sehe ich die Ursache für den ganzen Krawall wie ein Gespenst vor mir erscheinen.
Mein Vater hat wieder mal ein Geschenk von einem der Männer im Steamboat Pub bekommen. Er kriegt dauernd irgendwelche Sachen geschenkt, er sagt, es ist eine super Werbung, wenn man den gewaltigen Cannis Dury als Fan seiner Reifen oder Schuhe oder seines Frühstücksspecks hat.
Diesmal ist das Geschenk ein quicklebendiges kleines Lamm. Es ist mit einem Seil um den Hals zu uns nach Hause gekommen, scheint aber nicht besonders glücklich, dass der Strick nun angezogen wird.
»Schnapp’s dir, Junge«, brüllt mein Vater. Ist gar nicht nötig. Es springt mir in dem Moment in die Arme, als es mich sieht.
Das Seil hat sich um seine kleine Schnauze gewickelt. Als ich es lockere, schnappt das Lamm nach Luft.
Cannis hat kräftig Schlagseite, stößt einen Lampenschirm um. »Gut – und jetzt kommt mit! Wir haben Arbeit zu erledigen.«
Ich folge ihm in die Küche. Er hält sich am Spülbecken fest, greift nach seinem Abziehleder. Als ich sehe, wie er den Riemen in die Hand nimmt, beginnt mein Herz zu galoppieren. Aber nicht wegen mir, ich habe ihn schon viel zu oft zu spüren bekommen, nein, ich frage mich, was mein Vater mit dem Lamm vorhat.
Die kleine Kreatur scheint es ebenfalls zu spüren. Sie zappelt in meinen Armen.
»Halt den Bastard fest«, grölt mein Vater.
»Was hast du vor? Was willst du mit ihm machen?«, frage ich.
»Ich werde ihm die Kehle durchschneiden, was denkst du denn?« Er packt das Lamm und hält es an den Hinterläufen über die Spüle. Es strampelt und blökt. Mein Vater braucht beide Hände, um es nicht wieder zu verlieren. Und die ganze Zeit über sieht das Lamm mich an. Große schwarze Augen, die mich anstarren.
»Angus, Junge, nimm mein Rasiermesser. Du musst das machen!«
»Nein«, sage ich. Ich kann nicht fassen, dass ich das Wort ausgesprochen habe.
»Was meinst du mit nein? Du wirst es tun. Und jetzt die Klinge! Schneid dem Bastard die Kehle durch, bevor ich noch mit dem Vieh auf meinem Hinterteil lande.«
Ich sehe das Lamm an, mit dem Kopf nach unten kämpft es in den großen Händen meines Vaters. Seine schwarzen Augen flehen mich wieder an. Er nimmt das Rasiermesser herunter, reicht es mir, und dann folgt ein kolossaler Kampf, als ob das Lamm wüsste, dass es nun auf sich allein gestellt ist. Sein Blöken ist der Klang der blanken Angst. Ich spüre, wie es nach meiner Seele greift.
»Schneid
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