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Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Titel: Geopfert - [Gus Dury ; 1] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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verfolgt.
    Das Haus roch muffig und feucht, als würde unter dem Boden etwas verrotten. Der Teppichboden war abgewetzt, und die Dielen darunter schimmerten durch. Es war derselbe Teppichboden, an den ich mich aus meiner Kindheit erinnerte. Meine Augen zuckten, als ich sah, dass er immer noch da war.
    Der Schauplatz so vieler Verbrechen, dachte ich.
    Ich sah mich selbst im Alter von sieben oder acht, war gerade zurück von der Boys’ Brigade und machte es mir mit Findus Crispy Pancakes zu einer Folge von Monkey bequem. Ich war völlig begeistert, imitierte Monkeys Bewegungen und brüllte den Fernsehschirm an. Es fing immer mit Seitenblicken zur Uhr an. Dann begann Mum, eine Zigarette nach der anderen zu rauchen. Nach einer Weile fühlte es sich überhaupt nicht mehr nach Zuhause an.
    Wir gingen durch ins Wohnzimmer, setzten uns.
    »Hat sich nicht viel verändert«, meinte ich.
    »Wir sind keine Millionäre«, erwiderte Mum.
    »Ich meinte nicht … Ich meine, du hast es nett hier.«
    »Uns gefällt es so.«
    Sie stand auf. Verließ mich, um nach ihm zu sehen.
    »Er schläft tief und fest. Ich würde ihn für seine Suppe wecken, aber ich denke, es ist vielleicht besser, ihn schlafen zu lassen.«
    Ich wusste, ich sollte fragen, was genau ihm fehlte. Aber die Worte wollten mir nicht über die Lippen kommen. Irgendwie schien meine Mutter das zu spüren.
    »Es ist sein Herz, Angus. Er ist überhaupt nicht gut dran.«
    »Das sagtest du schon.« Es klang schroffer als beabsichtigt. Ich ruderte zurück. »Soweit ich mich erinnere, war er doch immer ein kräftiger Kerl.«
    Die Lippen meiner Mutter bebten, sie wirkte so zart. Genau wie ich sie in Erinnerung hatte, allerdings lag heute ein Hauch von Hinfälligkeit auf ihr. »Sein Herz ist schwach – es ist eine schreckliche Strapaze für ihn, sich zu bewegen.«
    »Und du, Mum? Wie kommst du zurecht?«
    »Mir geht’s gut. Mir geht’s gut.« Sie stand wieder auf, strich ihren Rock glatt. »Isst du einen Happen? Oh, sag Ja, ich kann dich doch nicht unter meinem eigenen Dach verhungern lassen.«
    »Ja. Na schön, mache ich.«
    Meine Mutter meinte wohl, sie müsse die Speisung der Fünftausend nachstellen. Eier, Speck und Pommes. Echte Pommes, geriffelte Pommes, frittiert in literweise Fett. Ich hatte schon so lange keine Hausmannskost mehr bekommen, dass schon ein Happen reichte, mich in Verzückung zu stürzen. Sie servierte frische Brötchen vom Bäcker, richtige schottische Frühstücksbrötchen, ich schaufelte die Pommes darauf und ertränkte das Ganze in brauner Soße.
    »Nimmst du auch ein Tröpfchen Stout, Angus?«
    »Wenn du was dahast.«
    Meine Mutter kehrte lächelnd aus der Küche zurück, eine Dose und einen Halbliterkrug auf einem Tablett.
    »Sweetheart Stout. Mein Gott, machen die das immer noch?«
    »Früher, als du noch ein Knirps warst, hab ich dich zu Neujahr immer ein kleines Schlückchen trinken lassen. Ich erinnere mich noch gut, du hast es geliebt.«
    »Das hab ich.«
    Das Stout schmeckte nach Erinnerungen. Ich knackte sechs in weniger als einer Stunde und kippte dann sanft aus den Latschen. Gegen zehn wachte ich auf, als meine Mutter mir die Schnürsenkel aufband.
    »Ich dachte, ich lasse dich besser schlafen, mein Junge. Ich hoffe, das war in Ordnung.«
    »Ach, natürlich. Lass die Schuhe, Mum, ich kümmere mich selbst drum.«
    »Wie du willst.« Sie trat zurück. »Ich habe dir eine Decke gebracht. Ich wollte dich eigentlich damit zudecken, aber wenn du wach bist, könntest du auch nach oben in dein altes Bett gehen, wenn du magst.«
    »Ich bin noch nicht so weit, dass ich wieder hier einziehen könnte, Mum.«
    Beschämt schaute sie weg.
    »Warum lässt du mir nicht einfach die Decke hier?«, sagte ich. »Ich knall mich dann auf die Couch.«
    Ein Lächeln. »Toll. Dann lass ich dich jetzt allein, damit du dich einrichten kannst.«
    »Wir sehen uns morgen früh, Mum.«
    Leise zog sie die Wohnzimmertür zu. Ich fühlte mich gefangen, wusste aber, dass ich etwas Gutes getan hatte, und dabei fühlte ich mich gleich besser.
    Ich machte es mir wieder bequem. Das hier war ganz eindeutig nicht Teil irgendeines Plans. Eigentlich hätte ich jetzt schon längst bei meinem alten Freund Hod sein sollen.
    Rief ihn an.
    »Was das angebotene Zimmer betrifft … das muss bitte noch ein bisschen warten.«
    »Kein Problem. Bist du bei einer Frau?«
    »Gott, nein. Zu Hause.«
    »Beim guten alten Mütterchen! Himmel, dann scheint’s ja wirklich schlimm zu sein, Gus. Bist du

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