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Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Titel: Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Büchner
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setzen! In Freiheit den Manfredi von Curzola! in Freiheit den Buondelmonte! in Freiheit Spadacappa!
    Gubetta : Wartet! haltet! Donna! Laßt mich Atem schöpfen! Was sind das für Befehle! O du mein Gott! Es regnet Milde, es hagelt Gnade! Ich gehe in der Barmherzigkeit unter! Ich werde mich nie aus dieser schrecklichen Sündflut von guten Handlungen retten!
    Lucretia : Gut oder schlecht, was geht es dich an, wenn ich dir sie nur bezahle.
    Gubetta : Ach! Eine gute Handlung fällt einem viel schwerer, als eine schlechte. Ach, ich armer Gubetta! jetzt, da es Euch einfällt, barmherzig zu sein, was soll da aus mir werden?
    Lucretia : Höre, Gubetta, du bist mein ältester und treuster Vertrauter.
    Gubetta : Es sind wahrhaftig jetzt grade fünfzehn Jahre, daß ich die Ehre habe. Euer Mitarbeiter zu sein.
    Lucretia : Wohlan denn! Sprich Gubetta! mein alter Freund, mein alter Mitschuldiger, fängst du nicht an, das Bedürfnis eines neuen Lebens zu fühlen? Dürstest du nicht nach so vielem Segen für dich und mich, als wir Fluch uns geladen haben? Bist du noch nicht satt geworden am Verbrechen?
    Gubetta : Ich merke, Ihr seid auf dem Wege, die tugendhafteste Hoheit unter der Sonne zu werden.
    Lucretia : Liegt nicht unser Ruf, deiner und meiner, unser Ruf voll Schande, unser Ruf voll Mord und Gift, liegt er nicht schwer auf dir, Gubetta?
    Gubetta : Nicht im Geringsten. – Wenn ich durch die Straßen von Spoleto gehe, höre ich als wohl das Gesindel um mich summen: Hem, das ist Gubetta, Gubetta Gift, Gubetta Dolch, Gubetta Galgen! Denn sie haben meinem Namen einen ganz glänzenden Schwanz von Beiwörtern angehängt. Man sagt das Alles, und wenn es die Lippen nicht sagen, so sagen’s die Augen. Aber was liegt daran? Ich bin an meinen schlechten Ruf gewöhnt, wie ein Soldat des Papstes an das Messelesen.
    Lucretia : Aber fühlst du nicht, daß die Last von verhaßten Namen, die man auf dich und auf mich wirft, Haß und Verachtung in einem Herzen wecken könnten, von dem du geliebt sein möchtest? Du liebst also Niemand auf der Welt?
    Gubetta : Ich möchte wohl wissen, wen Ihr liebt, Donna.
    Lucretia : Was weißt du? Ich bin offen gegen dich; ich spreche dir jetzt weder von meinem Vater, noch von meinem Bruder, noch von meinem Gemahl, noch von meinen Liebhabern.
    Gubetta : Ich sehe aber auch weiter nichts als das, was man liehen könnte.
    Lucretia : Es gibt noch sonst etwas, Gubetta!
    Gubetta : Aha! ihr macht Euch Eure Tugend aus Liebe für den lieben Gott zurecht?
    Lucretia : Gubetta, Gubetta! Wenn es heute in diesem Italien, m diesem unseligen, schuldbelasteten Italien ein edles und reines Herz gäbe, ein Herz voll hoher und männlicher Tugenden, das Herz eines Engels unter dem Panzer eines Soldaten; wenn mir nichts bliebe, mir armem, verhaßtem, verachtetem, verabscheutem, von den Menschen verfluchtem, von dem Himmel verdammtem Weibe, mir Elenden, so allmächtig ich bin; wenn mir in dem Jammer, worin meine Seele im Todeskampfe zuckt, nichts bliebe, als ein Gedanke, eine Hoffnung, ein Rettungsstrahl, nichts, als der Wunsch, vor meinem Tode einen kleinen Platz, Gubetta, ein wenig Zärtlichkeit, ein wenig Achtung in diesem so stolzen und reinen Herzen zu verdienen und zu erhalten; wenn ich keinen andern Gedanken hätte, als den Ehrgeiz, dies Herz frei und fröhlich auf dem meinigen schlagen zu fühlen: begriffest du dann wohl, Gubetta, warum ich mich eile, das Geschehene aufzuwiegen, meinen Ruf zu reinigen, alle Flecken, die an mir kleben, abzuwaschen und den Gedanken an Schande und Blut, den Italien mit meinem Namen verknüpft, in einen Gedanken an Ehre, Treue und Tugend zu verwandeln?
    Gubetta : Mein Gott, Donna, welchem Pfaffen habt Ihr heute auf die Füße getreten?
    Lucretia : Lache nicht. Es ist lange her, daß ich diese Gedanken hege, ohne sie dir zu sagen. Man kann nicht nach Belieben stehen bleiben, wenn man durch einen Strom von Verbrechen fortgerissen wird. Die beiden Dämonen streiten in mir, der gute und der böse; aber ich glaube, daß der gute endlich siegen wird.
    Gubetta : Und dann te deum laudamus, magnificat anima mea dominum! – Wißt Ihr auch, Donna, daß ich Euch nicht mehr begreife und daß Ihr seit einiger Zeit eine Hieroglyphe für mich geworden seid? Es ist jetzt ein Monat, daß Eure Hoheit mir ankündigt, sie wolle nach Spoleto reisen, und Abschied von Monsignore Don Alphons von Este, ihrem Gemahl, nimmt, der, beiläufig gesagt, gutmütig genug ist, um verliebt zu sein, wie eine Turteltaube, und

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