George, Elizabeth
»Ich
weiß nicht, was ich gesucht habe«, sagte sie, »aber das hier habe ich gefunden
und mitgenommen. Es tut mir leid! Schrecklich, dass ich das getan habe.«
Gina betrachtete das kleine
Päckchen aus gefaltetem Papier, nahm es jedoch nicht an sich. Sie zog die geschwungenen
Augenbrauen zusammen. »Was ist das?«
Meredith hatte keinen Moment
lang in Erwägung gezogen, dass das, was sie gefunden hatte, Gina nicht gehören
könnte. Sie hatte es in ihrem Zimmer gefunden, also musste es ihres sein. Sie zog die Hand zurück,
und als sie die Verpackung entfernte, kam ein annähernd rund geformtes
Goldstück zum Vorschein.
Sie zeigte es Gina, und
diesmal nahm Gina das kleine Goldstück in die Hand.
»Glaubst du, es ist echt,
Meredith?«
»Echt?«
»Echtes Gold.« Gina
betrachtete es aus der Nähe. »Es ist bestimmt ziemlich alt«, sagte sie. »Sieh
mal, wie abgenutzt es ist! Man erkennt einen Kopf. Und auch ein paar
Buchstaben.« Sie blickte auf. »Ich glaube, das ist eine Münze. Oder vielleicht
auch eine Medaille, eine Belohnung für irgendetwas. Hast du ein Vergrößerungsglas?«
Meredith überlegte. Ihre
Mutter benutzte immer ein kleines, um das Garn in die Nadel ihrer Nähmaschine
einzufädeln. Sie ging es holen und gab es an Gina weiter, die versuchte, die
Prägung auf dem Objekt in ihrer Hand zu entziffern. »Okay, ein Männerkopf«,
sagte sie. »Er trägt eine Art Diadem.«
»So etwas, wie die Könige über
ihrem Helm trugen, wenn sie in die Schlacht zogen?«
Gina nickte. »Hier steht auch
etwas geschrieben, aber das kann ich nicht lesen. Es scheint auch nicht
englisch zu sein.«
Eine Münze oder Medaille,
möglicherweise aus Gold, ein König, Worte in einer Fremdsprache. Meredith
erinnerte sich daran, dass der New Forest vor langer Zeit einmal Wilhelm dem
Eroberer als Jagdgebiet gedient hatte. Er hatte kein Englisch gesprochen.
Niemand am Hof sprach damals Englisch. Dort wurde Französisch gesprochen.
»Ist es Französisch?«, fragte
sie.
»Keine Ahnung«, erwiderte
Gina. »Sieh es dir selbst an. Ist schwer zu entziffern.«
Die Buchstaben waren
verwaschen, wahrscheinlich von der Zeit und häufigem Gebrauch, so wie bei jeder
Münze, die durch viele Hände gegangen war.
»Sie ist bestimmt wertvoll«,
sagte Gina, »schon allein, weil sie aus Gold ist. Natürlich kann ich nur
vermuten, dass es Gold ist. Es könnte genauso gut etwas anderes sein.«
»Was denn?«, fragte Meredith.
»Was weiß ich? Messing?
Bronze?«
»Warum sollte jemand eine
Messingmünze verstecken? Oder eine aus Bronze? Ich nehme einfach mal an, sie
ist aus Gold.« Sie hob den Kopf. »Die Frage ist nur, wenn sie nicht dir
gehört...«
»Ehrlich! Die hab ich noch nie
gesehen.«
»... wie ist sie dann in dein
Zimmer gekommen?«
»Ehrlich gesagt, Meredith«,
erwiderte Gina mit einem vorsichtigen Unterton, »wenn du so leicht in das
Zimmer eindringen konntest...«
Meredith führte den Gedanken
zu Ende. »Jemand anderes könnte das Gleiche getan und die Münze unters
Waschbecken geklebt haben.«
»Dort hast du sie gefunden?«
Gina schwieg eine Weile und überlegte. »Also, entweder hat mein Vormieter sie
dort versteckt und beim Auszug vergessen«, sagte sie schließlich, »oder irgendjemand
hat sie dort deponiert, während ich das Zimmer hatte.«
»Wir müssen rausfinden, wer
das war.«
»Ja. Das glaube ich auch.«
22
Als Lynley aus Yolandas Laden
trat, erhielt er einen Anruf von Isabelle Ardery. Zum Glück hatte er sein Handy
auf Vibrieren gestellt, sonst hätte er den Anruf gar nicht bemerkt, da die türkische
Musik, die aus einem Laden in der Nähe dröhnte, alles andere übertönte.
»Moment, ich muss den Ort
wechseln«, sagte er und verließ das Gebäude.
»... hätte nie für möglich
gehalten, dass er so schnell arbeiten kann«, sagte Isabelle Ardery gerade, als
er draußen auf dem Gehweg das Handy wieder ans Ohr nahm. Auf Lynleys Bitte hin
wiederholte sie, was sie zuvor gesagt hatte: dass DI John Stewart auf
bemerkenswerte Art bewiesen hatte, wozu er fähig war, wenn er einem nicht
gerade das Leben schwer machte. Dass er sämtliche ein- und ausgehenden Anrufe
auf Jemima Hastings' Handy zurückverfolgt hatte, und zwar alle Anrufe in den
Tagen vor ihrem Tod, am Tag ihres Todes und in den Tagen danach.
»Wir haben einen Anruf aus dem
Zigarrenladen an dem Tag, als sie ermordet wurde«, sagte Ardery.
»Jayson Druther?«
»Und er hat es bestätigt. Er
sagte, es sei um eine Bestellung kubanischer Zigarren
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